• August Wilhelm von Schlegel to Sophie Bernhardi

  • Place of Dispatch: Jena · Place of Destination: Berlin · Date: 18.09.1801
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Sophie Bernhardi
  • Place of Dispatch: Jena
  • Place of Destination: Berlin
  • Date: 18.09.1801
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 343347008
  • Bibliography: Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. Bd. 1. Zürich u.a. 1930, S. 136‒140.
  • Incipit: „[1] J.[ena] d. 18 Sept. 1801
    Da Sie Ihren Brief vom Brantewein anheben, so ist es wohl billig, daß ich mit dem [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-611-37100
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XX,Bd.1,Nr.7d
  • Number of Pages: 8 S. auf Doppelbl., hs.
  • Format: 18,5 x 11,5 cm
[1] J.[ena] d. 18 Sept. 1801
Da Sie Ihren Brief vom Brantewein anheben, so ist es wohl billig, daß ich mit dem Thee anfange. Er ist nämlich angekommen, 9 [Unze] für Sie, 6 von der geringeren und 3 von der besseren Sorte. Den Betrag wird meine Frau auf einem besondern Zettel melden; es versteht sich, daß es Zeit genug hat, die Abrechnung gegen einander zu halten, wenn ich nach Berlin komme. Sie könnten den Thee gleich mit diesem Briefe schon haben, wenn wir Ihnen nicht gern das Postgeld ersparen wollten, da Ihr Bruder so bald hinreist, der ihn mitnehmen kann. Sollte die Noth dringend seyn, und Ihr Bruder sich noch etwas länger verweilen, so schreiben Sie es, und wir schicken ihn alsdann mit der Post.
Von Fr.[iedrich] T.[ieck] erhielt ich, am Dienstage glaube ich, beyliegendes Billett aus dem Wirthshause, da er schon wieder fort war. Es ist mir recht lieb, daß er Goetheʼs Büste macht; wenn es gut gelingt, wie ich nicht zweifle, kann es ihm Ruhm, und nachher der Absatz davon, auch Geld einbringen. Gedulden müssen Sie sich nun freylich noch ein wenig: er hat gesagt Goethe müsse ihm achtmal sitzen; da dieß nun [2] wohl bey den bevorstehenden Theaterzerstreuungen nicht alle Tage wird geschehen können, kann er leicht noch ein 14 Tage bleiben müssen. Da ich dem Theater zu lieb auch nach W.[eimar] gehen werde, so ist es mir über die Maßen viel werth daß er noch dort ist.
Ich habe Ihnen letzthin nur in aller Eile sagen können, wie sehr ich von ihm eingenommen bin. Ihr habt mir alle eine falsche Vorstellung von ihm gemacht und werdet ihn vielleicht selbst sehr verändert finden. Denn auch sein Äußeres ist sehr gebildet, er hat in höchstem Grade das was man tournure nennt, ist ein gewandter und geselliger Gesellschafter, spricht viel und gut, und ist mit einem Worte durchaus liebenswürdig. Dabey flößt er so viel Zutrauen ein, wir sind in ein paar Tagen wie alte Bekannte geworden, und nennen uns auch schon du. – Bey der großen Ähnlichkeit mit seinen beyden Geschwistern hat er mir doch mehr Sie vergegenwärtigt, als den ältern Bruder. – In seinem künstlerischen Charakter, so weit ich ihn aus einigen Skizzen und Zeichnungen habe kennen lernen können, ist die Familien-Physiognomie nicht zu erkennen. Die Zeichnung ist bis zur Derbheit fest, in der Composition Kraft und pittoreske Kühnheit. [3] Meyer hat, wie Sie schon wissen, gesagt, er ahme den Giulio Romano nach; Goethe drückte es gemäßigter aus: die Werke dieses Meisters schienen den größten Eindruck auf ihn gemacht zu haben. Ihr Bruder gesteht die Ähnlichkeit zu, sie werde von allen gefunden, sey aber ursprünglich, denn er habe nicht nach dem Giulio Romano studirt. Sie müssen wissen, daß dieses der keckste und verwegenste Schüler Raphaels ist, der zwischen diesem und Michel-Angelo gleichsam die Mittelstufe macht.
Ludwig T.[ieck] hat nun auch ein Zeichen des Lebens gegeben, und Bernhardis Traum geschickt, auch den Verfasser richtig errathen. Ich habe vergessen, ob Bernhardi seinen Namen darunter gesetzt haben will, oder einen fingirten Namen, oder eine Chiffre. In der Ungewißheit setze ich bloß B. – Unter mein altes und neues Jahrhundert werde ich Inhumanus setzen; so schlage ich Bernhardi vor Bamboccio; weil er doch die Bambocciaden geschrieben. Mit umgehender Post muß ich aber Nachricht erhalten, denn es kommt sehr bald zum Druck.
Daß Sie uns noch ein Gedicht geben wollen ist mir sehr erfreulich; wenn nur Ihr Bruder es nicht verspätet, da Sie es diesen Umweg haben gehen lassen. [4] Goetheʼn habe ich noch nichts von Ihren Beyträgen vorlesen können; das letztemal war die Ballade noch nicht abgedruckt. Jetzt hat er sie aber in den Aushängebogen drüben. Er interessirt sich überhaupt sehr für den Almanach. – Die Bilder der Kindheit finden alle entzückend schön und rührend. Auf das dritte bin ich erstaunlich begierig; wenn nur Ihr Bruder nichts hinein- oder vielmehr wegcorrigirt.
Dieser klagt sehr über Verstimmung, die zum Theil aus unsern Misverständnissen entsprungen sey, und wünscht über diese den Schleyer der Vergessenheit gezogen zu sehen. Damit ist also, dem Himmel sey Dank, unser Hader abgethan. Ob er den Sommer etwas wird geschafft haben? Ich zweifle fast. Von der Herausgabe von Hardenbergs Nachlaß schreibt er auch nichts. Er hat, wie ich von Friedrich erfuhr, noch ein Stück des 2ten Theils von Ofterdingen, und eine Menge Geistliche Lieder in Händen.
Seit dem Besuche Ihres Bruders bin ich ein wenig in die Unruhe gerathen und habe allerley Störungen gehabt: an dem Jon ist noch nicht weiter geschrieben, und nun werden auch noch einige Tage der Zerstreuung folgen, doch hoffe ich gewiß in der Mitte des Octobers ganz fertig zu seyn. – Ich freue mich sehr Goetheʼn ankündigen zu dürfen, daß er noch ein Intriguen-[5]Lustspiel zu erwarten hat. Ihren Auftrag werde ich gewissenhaft ausführen, und mich sehr bemühen ausfindig zu machen, ob ich keine lose Seite an dieser Intrigue entdecken kan. Ich bin aber eigentlich in dieser Gattung nicht competent, ich habe sie zu wenig studirt, und bin immer ein ehrliches Gemüth gewesen, wiewohl mir das Gegentheil Schuld gegeben wird.
Den Ausflug nach Schwarzburg kann ich Ihrem Bruder nicht verdenken, wenn die Herren zu mir gekommen wären, hätte ich mich wahrlich entschlossen mitzugehn. Sie haben auch göttliches Wetter getroffen. Heute oder morgen wollten sie hier wieder zurück seyn, und treffen nun vielleicht mit Mad. Unzelmann zusammen, die wir eben erwarten. L.[udwig] T.[ieck] ladet seinen Bruder sehr ein, eher nach Dr.[esden] als nach Berlin zu gehen; oder wenn er sich noch so lange in W.[eimar] aufhalten würde, verspricht er, etwa 14 Tage nach Michaelis hieher zu kommen, doch dieß letzte nicht ganz gewiß. Das erste wird nun vermuthlich vollends nicht geschehen.
Da Ihr den glücklichen Einfall gehabt habt, die Billette für meine Vorlesungen auf dem Casino und von einem eleganten Mitgliede desselben austheilen zu lassen, so zweifle [6] ich nun nicht mehr an dem Erfolge. Sagen Sie Schützeʼn meinen besten Dank für diese übernommne Mühe, so wie ich sämtlichen Freunden, die sich dabey interessiren, sehr dankbar bin. – Zum früheren Abhohlen der Billette könnte man die Leute ja durch die Erinnerung anmahnen, daß das Auditorium ja nach der Zahl der Zuhörer einzurichten ist. Wenn es Ernst mit der Sache wird müßte man sich auch allmählig nach einem solchen umsehen. Bezahlt man mich gut, so möchte ich gern ein recht elegantes und schön gelegnes haben. – Habe ich nur 40 Bezahler in der Mitte Oktobers, so mache ich zur Abreise Anstalt, die übrigen werden sich wohl noch nachfinden. Könnten Sie mir nicht das nächste mal eine Liste mitschicken von denen die wirklich schon Billette genommen? Wie auch ein paar Exemplare der gedruckten Ankündigung. – Frau von Eibenherg ist hier durchgekommen, ich habe sie aber nicht gesehen. Wenn sie dort ankommt, so schicken Sie ihr doch einige Exemplare wie von mir zu1).
Wie ich mich freuen werde, wenn eine so leichte Bemühung mir das Mittel verschafft den Winter mit meinen Berlinischen Freunden zuzubringen.
[7] Wie werde ich es mit einer Wohnung machen? Wenn Ihr Bruder wegen des Mangels an Heizbaren Stuben nicht bey Ihnen wohnen kann, könnte ich nicht mit ihm zusammen wohnen? Oder mit Schütze?
_____

Dem Himmel sey Dank, daß es mit Ihrer Gesundheit besser geht. Sie sehen ich habe mir die Gewalt angethan es nicht eher zu erwähnen. Da Sie sich nun wirklich zum Opium entschlossen haben, so hoffe ich Sie werden dieses göttliche Mittel bald nicht mehr bedürfen. Caroline hat es die letzte Zeit wieder viel brauchen müssen, es geht nur leidlich, ich will wünschen, daß ihr die Zerstreuung in W.[eimar] gut bekommt; da das Wetter sich so vortrefflich anläßt, so hoffe ich es.
Den schönsten Dank an den HE. Gevatter für die überschickten Sachen, besonders die Abschrift seiner Burleske auf Iffland die ich den Freunden zu höchstem Ergötzen vorlese.
Nicolai gegen F.[ichte] habe ich nun auch durchlaufen. Der gute alte Mann sucht mich bey seiner Regierung ein wenig anzuschwärzen, indessen wird es wohl nichts auf sich haben. [8] Die Angabe in den Annalen der leidenden Menschheit kann immerhin richtig seyn. Man hat mich schon vor geraumer Zeit darauf aufmerksam gemacht, es war mir aber ganz aus dem Gedächtnisse gekommen. Die Hanöversche Regierung kann mir aber den Aufenthalt in Göttingen nicht versagen, weil ich im Lande gebohren und Sohn eines königlichen Beamten bin. Ich müßte erst ein Verbrechen begangen haben und durch einen Urtheilspruch Landes verwiesen seyn. Sagen Sie Ihrem Schwiegervater, wenn er sein Magdeburger Gut gegen mich daran wetten wolte, so würde ich hingehen und die Gesetze auf die Probe stellen. Sonst bin ich für jetzt nicht versucht dazu. Einstweilen ist die Universität sehr höflich gegen mich und meinen Bruder, und wir haben beständig Bücher aus ihrer Bibliothek.
Grattenauer will ich in einigen Zeilen bitten eben Sander zum Schiedsmann vorzuschlagen.
Leben Sie recht wohl. Das nächstemal schreibe ich gewiß an Schütze, und ordentlich, so wie letzthin an Schleiermacher.
Haben Sie Goetheʼs angefangne Fortsetzung der Zauberflöte in dem Freundschafts-Almanach schon gelesen?
Leben Sie recht wohl. Viele Grüße.
A. W. S.

1) [Im Absatzspatium:] Dieß ist nämlich die ehemalige Mariane Meyer, die Witwe des Fürsten Reuß.
[1] J.[ena] d. 18 Sept. 1801
Da Sie Ihren Brief vom Brantewein anheben, so ist es wohl billig, daß ich mit dem Thee anfange. Er ist nämlich angekommen, 9 [Unze] für Sie, 6 von der geringeren und 3 von der besseren Sorte. Den Betrag wird meine Frau auf einem besondern Zettel melden; es versteht sich, daß es Zeit genug hat, die Abrechnung gegen einander zu halten, wenn ich nach Berlin komme. Sie könnten den Thee gleich mit diesem Briefe schon haben, wenn wir Ihnen nicht gern das Postgeld ersparen wollten, da Ihr Bruder so bald hinreist, der ihn mitnehmen kann. Sollte die Noth dringend seyn, und Ihr Bruder sich noch etwas länger verweilen, so schreiben Sie es, und wir schicken ihn alsdann mit der Post.
Von Fr.[iedrich] T.[ieck] erhielt ich, am Dienstage glaube ich, beyliegendes Billett aus dem Wirthshause, da er schon wieder fort war. Es ist mir recht lieb, daß er Goetheʼs Büste macht; wenn es gut gelingt, wie ich nicht zweifle, kann es ihm Ruhm, und nachher der Absatz davon, auch Geld einbringen. Gedulden müssen Sie sich nun freylich noch ein wenig: er hat gesagt Goethe müsse ihm achtmal sitzen; da dieß nun [2] wohl bey den bevorstehenden Theaterzerstreuungen nicht alle Tage wird geschehen können, kann er leicht noch ein 14 Tage bleiben müssen. Da ich dem Theater zu lieb auch nach W.[eimar] gehen werde, so ist es mir über die Maßen viel werth daß er noch dort ist.
Ich habe Ihnen letzthin nur in aller Eile sagen können, wie sehr ich von ihm eingenommen bin. Ihr habt mir alle eine falsche Vorstellung von ihm gemacht und werdet ihn vielleicht selbst sehr verändert finden. Denn auch sein Äußeres ist sehr gebildet, er hat in höchstem Grade das was man tournure nennt, ist ein gewandter und geselliger Gesellschafter, spricht viel und gut, und ist mit einem Worte durchaus liebenswürdig. Dabey flößt er so viel Zutrauen ein, wir sind in ein paar Tagen wie alte Bekannte geworden, und nennen uns auch schon du. – Bey der großen Ähnlichkeit mit seinen beyden Geschwistern hat er mir doch mehr Sie vergegenwärtigt, als den ältern Bruder. – In seinem künstlerischen Charakter, so weit ich ihn aus einigen Skizzen und Zeichnungen habe kennen lernen können, ist die Familien-Physiognomie nicht zu erkennen. Die Zeichnung ist bis zur Derbheit fest, in der Composition Kraft und pittoreske Kühnheit. [3] Meyer hat, wie Sie schon wissen, gesagt, er ahme den Giulio Romano nach; Goethe drückte es gemäßigter aus: die Werke dieses Meisters schienen den größten Eindruck auf ihn gemacht zu haben. Ihr Bruder gesteht die Ähnlichkeit zu, sie werde von allen gefunden, sey aber ursprünglich, denn er habe nicht nach dem Giulio Romano studirt. Sie müssen wissen, daß dieses der keckste und verwegenste Schüler Raphaels ist, der zwischen diesem und Michel-Angelo gleichsam die Mittelstufe macht.
Ludwig T.[ieck] hat nun auch ein Zeichen des Lebens gegeben, und Bernhardis Traum geschickt, auch den Verfasser richtig errathen. Ich habe vergessen, ob Bernhardi seinen Namen darunter gesetzt haben will, oder einen fingirten Namen, oder eine Chiffre. In der Ungewißheit setze ich bloß B. – Unter mein altes und neues Jahrhundert werde ich Inhumanus setzen; so schlage ich Bernhardi vor Bamboccio; weil er doch die Bambocciaden geschrieben. Mit umgehender Post muß ich aber Nachricht erhalten, denn es kommt sehr bald zum Druck.
Daß Sie uns noch ein Gedicht geben wollen ist mir sehr erfreulich; wenn nur Ihr Bruder es nicht verspätet, da Sie es diesen Umweg haben gehen lassen. [4] Goetheʼn habe ich noch nichts von Ihren Beyträgen vorlesen können; das letztemal war die Ballade noch nicht abgedruckt. Jetzt hat er sie aber in den Aushängebogen drüben. Er interessirt sich überhaupt sehr für den Almanach. – Die Bilder der Kindheit finden alle entzückend schön und rührend. Auf das dritte bin ich erstaunlich begierig; wenn nur Ihr Bruder nichts hinein- oder vielmehr wegcorrigirt.
Dieser klagt sehr über Verstimmung, die zum Theil aus unsern Misverständnissen entsprungen sey, und wünscht über diese den Schleyer der Vergessenheit gezogen zu sehen. Damit ist also, dem Himmel sey Dank, unser Hader abgethan. Ob er den Sommer etwas wird geschafft haben? Ich zweifle fast. Von der Herausgabe von Hardenbergs Nachlaß schreibt er auch nichts. Er hat, wie ich von Friedrich erfuhr, noch ein Stück des 2ten Theils von Ofterdingen, und eine Menge Geistliche Lieder in Händen.
Seit dem Besuche Ihres Bruders bin ich ein wenig in die Unruhe gerathen und habe allerley Störungen gehabt: an dem Jon ist noch nicht weiter geschrieben, und nun werden auch noch einige Tage der Zerstreuung folgen, doch hoffe ich gewiß in der Mitte des Octobers ganz fertig zu seyn. – Ich freue mich sehr Goetheʼn ankündigen zu dürfen, daß er noch ein Intriguen-[5]Lustspiel zu erwarten hat. Ihren Auftrag werde ich gewissenhaft ausführen, und mich sehr bemühen ausfindig zu machen, ob ich keine lose Seite an dieser Intrigue entdecken kan. Ich bin aber eigentlich in dieser Gattung nicht competent, ich habe sie zu wenig studirt, und bin immer ein ehrliches Gemüth gewesen, wiewohl mir das Gegentheil Schuld gegeben wird.
Den Ausflug nach Schwarzburg kann ich Ihrem Bruder nicht verdenken, wenn die Herren zu mir gekommen wären, hätte ich mich wahrlich entschlossen mitzugehn. Sie haben auch göttliches Wetter getroffen. Heute oder morgen wollten sie hier wieder zurück seyn, und treffen nun vielleicht mit Mad. Unzelmann zusammen, die wir eben erwarten. L.[udwig] T.[ieck] ladet seinen Bruder sehr ein, eher nach Dr.[esden] als nach Berlin zu gehen; oder wenn er sich noch so lange in W.[eimar] aufhalten würde, verspricht er, etwa 14 Tage nach Michaelis hieher zu kommen, doch dieß letzte nicht ganz gewiß. Das erste wird nun vermuthlich vollends nicht geschehen.
Da Ihr den glücklichen Einfall gehabt habt, die Billette für meine Vorlesungen auf dem Casino und von einem eleganten Mitgliede desselben austheilen zu lassen, so zweifle [6] ich nun nicht mehr an dem Erfolge. Sagen Sie Schützeʼn meinen besten Dank für diese übernommne Mühe, so wie ich sämtlichen Freunden, die sich dabey interessiren, sehr dankbar bin. – Zum früheren Abhohlen der Billette könnte man die Leute ja durch die Erinnerung anmahnen, daß das Auditorium ja nach der Zahl der Zuhörer einzurichten ist. Wenn es Ernst mit der Sache wird müßte man sich auch allmählig nach einem solchen umsehen. Bezahlt man mich gut, so möchte ich gern ein recht elegantes und schön gelegnes haben. – Habe ich nur 40 Bezahler in der Mitte Oktobers, so mache ich zur Abreise Anstalt, die übrigen werden sich wohl noch nachfinden. Könnten Sie mir nicht das nächste mal eine Liste mitschicken von denen die wirklich schon Billette genommen? Wie auch ein paar Exemplare der gedruckten Ankündigung. – Frau von Eibenherg ist hier durchgekommen, ich habe sie aber nicht gesehen. Wenn sie dort ankommt, so schicken Sie ihr doch einige Exemplare wie von mir zu1).
Wie ich mich freuen werde, wenn eine so leichte Bemühung mir das Mittel verschafft den Winter mit meinen Berlinischen Freunden zuzubringen.
[7] Wie werde ich es mit einer Wohnung machen? Wenn Ihr Bruder wegen des Mangels an Heizbaren Stuben nicht bey Ihnen wohnen kann, könnte ich nicht mit ihm zusammen wohnen? Oder mit Schütze?
_____

Dem Himmel sey Dank, daß es mit Ihrer Gesundheit besser geht. Sie sehen ich habe mir die Gewalt angethan es nicht eher zu erwähnen. Da Sie sich nun wirklich zum Opium entschlossen haben, so hoffe ich Sie werden dieses göttliche Mittel bald nicht mehr bedürfen. Caroline hat es die letzte Zeit wieder viel brauchen müssen, es geht nur leidlich, ich will wünschen, daß ihr die Zerstreuung in W.[eimar] gut bekommt; da das Wetter sich so vortrefflich anläßt, so hoffe ich es.
Den schönsten Dank an den HE. Gevatter für die überschickten Sachen, besonders die Abschrift seiner Burleske auf Iffland die ich den Freunden zu höchstem Ergötzen vorlese.
Nicolai gegen F.[ichte] habe ich nun auch durchlaufen. Der gute alte Mann sucht mich bey seiner Regierung ein wenig anzuschwärzen, indessen wird es wohl nichts auf sich haben. [8] Die Angabe in den Annalen der leidenden Menschheit kann immerhin richtig seyn. Man hat mich schon vor geraumer Zeit darauf aufmerksam gemacht, es war mir aber ganz aus dem Gedächtnisse gekommen. Die Hanöversche Regierung kann mir aber den Aufenthalt in Göttingen nicht versagen, weil ich im Lande gebohren und Sohn eines königlichen Beamten bin. Ich müßte erst ein Verbrechen begangen haben und durch einen Urtheilspruch Landes verwiesen seyn. Sagen Sie Ihrem Schwiegervater, wenn er sein Magdeburger Gut gegen mich daran wetten wolte, so würde ich hingehen und die Gesetze auf die Probe stellen. Sonst bin ich für jetzt nicht versucht dazu. Einstweilen ist die Universität sehr höflich gegen mich und meinen Bruder, und wir haben beständig Bücher aus ihrer Bibliothek.
Grattenauer will ich in einigen Zeilen bitten eben Sander zum Schiedsmann vorzuschlagen.
Leben Sie recht wohl. Das nächstemal schreibe ich gewiß an Schütze, und ordentlich, so wie letzthin an Schleiermacher.
Haben Sie Goetheʼs angefangne Fortsetzung der Zauberflöte in dem Freundschafts-Almanach schon gelesen?
Leben Sie recht wohl. Viele Grüße.
A. W. S.

1) [Im Absatzspatium:] Dieß ist nämlich die ehemalige Mariane Meyer, die Witwe des Fürsten Reuß.
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