• Friedrich de La Motte-Fouqué to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Nennhausen · Place of Destination: Unknown · Date: 24.01.1803
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich de La Motte-Fouqué
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Nennhausen
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 24.01.1803
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 343347008
  • Bibliography: Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. Bd. 1. Zürich u.a. 1930, S. 149‒151.
  • Incipit: „[1] Nennhausen am 24. Januar 1803
    Empfangen Sie nochmals, theurer Freund, von uns Neuvermählten den herzlichsten Dank für das edle Geschenk, womit [...]“
    Manuscript
  • Provider: Klassik Stiftung Weimar, Goethe- und Schiller-Archiv
  • Classification Number: GSA 96/745
[1] Nennhausen am 24. Januar 1803
Empfangen Sie nochmals, theurer Freund, von uns Neuvermählten den herzlichsten Dank für das edle Geschenk, womit Sie unser Fest verherrlichet. Mein süßes Weib vereinigt sich mit mir in dem Wunsch dem Dichter sobald als es nur irgend sein kann, mündlich zu sagen, wie sehr wir uns seines Andenkens und seiner Theilnahme freuen. Vor der Hand aber ist leider wenig Aussicht dazu. Ihre Vorlesungen halten Sie in Berlin fest, und uns der strenge Winter an dem warmen Heerde. Der Frühling, der so viel Schönes bringt, wird uns auch den geliebten Freund wieder zuführen. Wir hoffen das seit Bernhardiʼs letztem Besuch um so zuversichtlicher, da wir daraus die Lehre gezogen, wie das Schicksaal fromme Wünsche wenigstens zum Theil erfülle, wenn man sich nur mit der rechten Inbrunst zu ihm wende. Wie wir unser Fest begangen, wird Ihnen Bernhardi erzählt haben, und auch wie oft, und mit wie lebhafter Sehnsucht wir Ihrer gedacht. Es bleibt mir also nur übrig, einiges aus meinem literarischen Lebenslaufe für Sie aufzuzeichnen.
In den maneßischen Minnesingern studire ich fleißig, und finde nur zu oft Tiecks Bemerkung über die Verworrenheit und Unordnung, mit welcher man die gesammelten Gedichte aufgestellt, bestätigt. Vorzüglich ist dieses unter dem, was ich bis jetzt gelesen habe, den Liedern des Grafen Otto von Bottenloube begegnet. Anfang, Mitte und Ende dreier Gedichte ganz verschiednen Inhalts sind auf die seltsamste Weise durcheinander gemengt. Ein Ritter nimmt Abschied von seiner Dame zu einer Pilgerfahrt; er kehrt wieder zu[2]rück, und ein andrer kommt zu einer heimlichen Zusammenkunft Nachts bei der Geliebten an, wo ihn der Wächter bei anbrechendem Morgen warnt und weckt. Das alles ist Stückweise durcheinander gewirrt. Den letzten unter den erwähnten Gegenständen finde ich von mehrern Sängern behandelt, und immer mit absonderlicher Liebe und Süßigkeit. Ich hätte wohl Lust, einmal ein solches Lied zu versuchen. Von mir übersende ich Ihnen hierbei ein ritterliches Gedicht; eine Frucht meiner nähern Bekanntschaft mit der altdeutschen Poesie, und meiner innigen Liebe zu ihrer Herrlichkeit. –
Den alten Martin Opitz habe ich nun wirklich erhalten. Wegen des Heldenbuches schrieb ich am letzten Posttage nach Halberstadt, ohne jedoch viel auf den Erfolg zu rechnen. Bekämen wir es aber auch doppelt, so könnte man doch des Guten nicht zu viel haben, da es wohl oft an mehrern Orten zugleich gebraucht werden mögte. Das Lied der Niebelungen habe ich noch nicht erhalten, sehe ihm aber täglich entgegen. Bis jetzt hat daher meine Lectüre im epischen Fach aus der wunderlieblichen Geschichte von Flore und Blantscheflur bestanden. Diese zarte Kinder verdienen ihre Blumen-Namen recht. Es geht in dem Buche von ihnen zu, wie in einem schönen Garten, wo die Blüthen Sprache hätten, und den Leuten ihre kindliche Liebesgeschichten zu vernehmen gäben.
Es ergehet von Fräulein Luck an Sie die Bitte was Sie von Hülsens Papieren mitgenommen zurückzusenden, da er alle seine Scripturen eingepackt und zur Abholung bereit wißen will. In seiner gegenwärtigen Stimmung könnte ihn die Mittheilung seiner Aufsätze beleidigen. Bernhardi wird Ihnen gesagt haben, wie einige [3] wunderbare Äußerungen von seiner Seite die unmittelbare Verbindung zwischen ihm und mir unterbrochen haben. Einem kranken Freunde kann man wohl vieles zu Gute halten, aber man setzt sich denn doch nicht gerade seinen Fieber-Anfällen aus, wenn sie beleidigend sind. Ich habe daher lieber gar nicht geschrieben, da ich nichts freundliches schreiben konnte.
Ich ersuche Sie, Bernhardi im Namen der ganzen Gesellschaft, welche er hier verließ, für die freundlichen Verse zu danken, die er uns vom Sandkruge aus zurücksandte, und damit diesem unpoetischen Wirthshause wohl zum erstenmale die Ehre verschaffte, so liebliche Blumen in seinen Mauern aufblühen zu sehn. Meine Frau und ich danken ihm noch besonders für die Freude, die er uns durch seinen Besuch gewährt, und empfehlen uns Mdm. Bernhardiʼs gütigem Andenken. Wir rechnen darauf, sie zu Ostern hier begrüßen zu können, und Wilhelm und Felix in der freien Landluft ihr lustiges Wesen treiben zu sehn. Leben Sie wohl, und laßen Sie mich bald einige freundliche Worte hören, wenn es Ihnen Ihre Geschäfte vergönnen. Ich bin
ewig der Ihrige
Fouqué
[1] Nennhausen am 24. Januar 1803
Empfangen Sie nochmals, theurer Freund, von uns Neuvermählten den herzlichsten Dank für das edle Geschenk, womit Sie unser Fest verherrlichet. Mein süßes Weib vereinigt sich mit mir in dem Wunsch dem Dichter sobald als es nur irgend sein kann, mündlich zu sagen, wie sehr wir uns seines Andenkens und seiner Theilnahme freuen. Vor der Hand aber ist leider wenig Aussicht dazu. Ihre Vorlesungen halten Sie in Berlin fest, und uns der strenge Winter an dem warmen Heerde. Der Frühling, der so viel Schönes bringt, wird uns auch den geliebten Freund wieder zuführen. Wir hoffen das seit Bernhardiʼs letztem Besuch um so zuversichtlicher, da wir daraus die Lehre gezogen, wie das Schicksaal fromme Wünsche wenigstens zum Theil erfülle, wenn man sich nur mit der rechten Inbrunst zu ihm wende. Wie wir unser Fest begangen, wird Ihnen Bernhardi erzählt haben, und auch wie oft, und mit wie lebhafter Sehnsucht wir Ihrer gedacht. Es bleibt mir also nur übrig, einiges aus meinem literarischen Lebenslaufe für Sie aufzuzeichnen.
In den maneßischen Minnesingern studire ich fleißig, und finde nur zu oft Tiecks Bemerkung über die Verworrenheit und Unordnung, mit welcher man die gesammelten Gedichte aufgestellt, bestätigt. Vorzüglich ist dieses unter dem, was ich bis jetzt gelesen habe, den Liedern des Grafen Otto von Bottenloube begegnet. Anfang, Mitte und Ende dreier Gedichte ganz verschiednen Inhalts sind auf die seltsamste Weise durcheinander gemengt. Ein Ritter nimmt Abschied von seiner Dame zu einer Pilgerfahrt; er kehrt wieder zu[2]rück, und ein andrer kommt zu einer heimlichen Zusammenkunft Nachts bei der Geliebten an, wo ihn der Wächter bei anbrechendem Morgen warnt und weckt. Das alles ist Stückweise durcheinander gewirrt. Den letzten unter den erwähnten Gegenständen finde ich von mehrern Sängern behandelt, und immer mit absonderlicher Liebe und Süßigkeit. Ich hätte wohl Lust, einmal ein solches Lied zu versuchen. Von mir übersende ich Ihnen hierbei ein ritterliches Gedicht; eine Frucht meiner nähern Bekanntschaft mit der altdeutschen Poesie, und meiner innigen Liebe zu ihrer Herrlichkeit. –
Den alten Martin Opitz habe ich nun wirklich erhalten. Wegen des Heldenbuches schrieb ich am letzten Posttage nach Halberstadt, ohne jedoch viel auf den Erfolg zu rechnen. Bekämen wir es aber auch doppelt, so könnte man doch des Guten nicht zu viel haben, da es wohl oft an mehrern Orten zugleich gebraucht werden mögte. Das Lied der Niebelungen habe ich noch nicht erhalten, sehe ihm aber täglich entgegen. Bis jetzt hat daher meine Lectüre im epischen Fach aus der wunderlieblichen Geschichte von Flore und Blantscheflur bestanden. Diese zarte Kinder verdienen ihre Blumen-Namen recht. Es geht in dem Buche von ihnen zu, wie in einem schönen Garten, wo die Blüthen Sprache hätten, und den Leuten ihre kindliche Liebesgeschichten zu vernehmen gäben.
Es ergehet von Fräulein Luck an Sie die Bitte was Sie von Hülsens Papieren mitgenommen zurückzusenden, da er alle seine Scripturen eingepackt und zur Abholung bereit wißen will. In seiner gegenwärtigen Stimmung könnte ihn die Mittheilung seiner Aufsätze beleidigen. Bernhardi wird Ihnen gesagt haben, wie einige [3] wunderbare Äußerungen von seiner Seite die unmittelbare Verbindung zwischen ihm und mir unterbrochen haben. Einem kranken Freunde kann man wohl vieles zu Gute halten, aber man setzt sich denn doch nicht gerade seinen Fieber-Anfällen aus, wenn sie beleidigend sind. Ich habe daher lieber gar nicht geschrieben, da ich nichts freundliches schreiben konnte.
Ich ersuche Sie, Bernhardi im Namen der ganzen Gesellschaft, welche er hier verließ, für die freundlichen Verse zu danken, die er uns vom Sandkruge aus zurücksandte, und damit diesem unpoetischen Wirthshause wohl zum erstenmale die Ehre verschaffte, so liebliche Blumen in seinen Mauern aufblühen zu sehn. Meine Frau und ich danken ihm noch besonders für die Freude, die er uns durch seinen Besuch gewährt, und empfehlen uns Mdm. Bernhardiʼs gütigem Andenken. Wir rechnen darauf, sie zu Ostern hier begrüßen zu können, und Wilhelm und Felix in der freien Landluft ihr lustiges Wesen treiben zu sehn. Leben Sie wohl, und laßen Sie mich bald einige freundliche Worte hören, wenn es Ihnen Ihre Geschäfte vergönnen. Ich bin
ewig der Ihrige
Fouqué
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