• Friedrich de La Motte-Fouqué to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Nennhausen · Place of Destination: Unknown · Date: 15.09.1803
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich de La Motte-Fouqué
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Nennhausen
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 15.09.1803
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 343347008
  • Bibliography: Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. Bd. 1. Zürich u.a. 1930, S. 166‒167.
  • Incipit: „[1] Nennhausen am 15ten 7br 1803
    Werthester Freund,
    Zu allen schönen Gaben, die seit Jahresfrist ein günstiges Gestirn über mich ausstreute, hat es [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-611-37104
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XX,Bd.2,Nr.19(7)
  • Number of Pages: 3 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 23,1 x 19,1 cm
[1] Nennhausen am 15ten 7br 1803
Werthester Freund,
Zu allen schönen Gaben, die seit Jahresfrist ein günstiges Gestirn über mich ausstreute, hat es nun noch eine der köstlichsten gefügt. Seit Vorgestern Abends bin ich Vater einer gesunden Tochter, und genieße der schönen Beruhigung, die Mutter, den Umständen nach, wohl und heiter zu sehn. Ich schreibe Ihnen nichts von meiner Stimmung; Sie fühlen es wohl mit mir, wie das Leben um mich her eine neue verklärtere Gestalt gewonnen hat, und sich so etwas nur durch ein ganzes Dasein, und durch successive Darstellungen ausdrücken läßt. Für jetzt trete ich als Bittender vor Ihnen auf. Ich darf nicht sagen, als Mahner, denn meine erste vorläufige Anfrage wegen der Pathenstelle bei meinem Kinde beantworteten Sie nicht bestimmt. Dennoch hoffe ich, es werde Ihnen möglich sein, wenigstens auf einige Tage von Berlin zu scheiden, um die feierliche Handlung mitbegehn zu helfen, welche meine kleine Maria dem christlichen Glauben zuerst verbinden soll. Ich bin gezwungen, einen modern-protestantischen Prediger zu dem ernsten Actus zu laßen, aber seine Laulichkeit soll mich nicht in [2] beßern Betrachtungen stören. Nur des heiligen Bades gedenkend, überzeugt, daß es kein Sterblicher vermöge, das Göttliche zu entweihen, sehe ich mit brünstigem Verlangen dem Tage der Taufe entgegen. Wennehr er festgesetzt wird, weiß ich noch nicht ganz bestimmt; auf jeden Fall aber wohl in der 6ten Woche. Vorher komme ich vielleicht noch selbst nach Berlin, um Sie mündlich einzuladen, und Ihnen Tag und Stunde anzugeben; wo nicht, so schreibe ich bei guter Zeit. –
In litterarischer Hinsicht brachte mir der gestrige Tag eine wenig erfreuliche Bothschaft. Maurer hat, wie er sagt, nach Leipzig, Coppenhagen und Hamburg vergeblich wegen Sämundarʼs Edda, und der von Peringskiöld edirten Wilkina Saga geschrieben, und verzweifelt gänzlich daran, mir solche verschaffen zu können. Soll ich nun ohne so wichtige Hülfsmittel, die mir durch Tiecks Nachrichten außerordentlich interessant sind, ans Werk gehn? Oder es abwarten, bis sie mir der Zufall in die Hände spielt, welches Jahre lang währen, und vielleicht auch niemals geschehn könnte? Ich bitte um Ihre Meinung darüber, und ersuche Sie zugleich, Tieck gelegentlich zu benachrichtigen, daß es nicht an mir liegt, wenn er die gewünschten Exemplare jener Werke nicht [3] erhält. Haben Sie Zeit mir zu antworten, so würden Sie mich durch die Mittheilung Ihres Urtheils, ob die Terzine oder das Sylbenmaaß des Heldenbuchs für die erzählenden Stellen im Sifrid vortheilhafter sei, außerordentlich verbinden. Beides hat nach meiner Meinung Mehreres für sich anzuführen. Der Terzine feierlicher Gang und ihre prophetische Verschlingung scheint mir für den Character des Ganzen zwar paßend, besonders aber für die Weissagung der Meerweiber, welche den dritten Theil ausmachen soll. Wenn es bis dahin aufgespart würde, möchte die Wirkung jenes Sylbenmaaßes um so kräftiger und wunderbarer sein. Auch scheint mir das Sylbenmaaß des Heldenbuches dem lebhaften und theilnehmenden Ton des in Person auftretenden Dichters nicht unangemeßen; nur fürchte ich: es könne in längern Stellen ermüden, ob man ihm gleich manche Abwechselung geben kann. – Ist Ihre Zeit zu beschränkt, um mir etwas Schriftliches zu erwiedern, so hoffe ich auf mündliche Mittheilung.
Schenken Sie mir fortdauernd die gewohnte Liebe, und erfreuen Sie mich, wenn es sein kann, direct oder durch Bernhardi, mit einer günstigen Antwort auf meine Bitte.
Ewig der Ihrige
Fouqué
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[1] Nennhausen am 15ten 7br 1803
Werthester Freund,
Zu allen schönen Gaben, die seit Jahresfrist ein günstiges Gestirn über mich ausstreute, hat es nun noch eine der köstlichsten gefügt. Seit Vorgestern Abends bin ich Vater einer gesunden Tochter, und genieße der schönen Beruhigung, die Mutter, den Umständen nach, wohl und heiter zu sehn. Ich schreibe Ihnen nichts von meiner Stimmung; Sie fühlen es wohl mit mir, wie das Leben um mich her eine neue verklärtere Gestalt gewonnen hat, und sich so etwas nur durch ein ganzes Dasein, und durch successive Darstellungen ausdrücken läßt. Für jetzt trete ich als Bittender vor Ihnen auf. Ich darf nicht sagen, als Mahner, denn meine erste vorläufige Anfrage wegen der Pathenstelle bei meinem Kinde beantworteten Sie nicht bestimmt. Dennoch hoffe ich, es werde Ihnen möglich sein, wenigstens auf einige Tage von Berlin zu scheiden, um die feierliche Handlung mitbegehn zu helfen, welche meine kleine Maria dem christlichen Glauben zuerst verbinden soll. Ich bin gezwungen, einen modern-protestantischen Prediger zu dem ernsten Actus zu laßen, aber seine Laulichkeit soll mich nicht in [2] beßern Betrachtungen stören. Nur des heiligen Bades gedenkend, überzeugt, daß es kein Sterblicher vermöge, das Göttliche zu entweihen, sehe ich mit brünstigem Verlangen dem Tage der Taufe entgegen. Wennehr er festgesetzt wird, weiß ich noch nicht ganz bestimmt; auf jeden Fall aber wohl in der 6ten Woche. Vorher komme ich vielleicht noch selbst nach Berlin, um Sie mündlich einzuladen, und Ihnen Tag und Stunde anzugeben; wo nicht, so schreibe ich bei guter Zeit. –
In litterarischer Hinsicht brachte mir der gestrige Tag eine wenig erfreuliche Bothschaft. Maurer hat, wie er sagt, nach Leipzig, Coppenhagen und Hamburg vergeblich wegen Sämundarʼs Edda, und der von Peringskiöld edirten Wilkina Saga geschrieben, und verzweifelt gänzlich daran, mir solche verschaffen zu können. Soll ich nun ohne so wichtige Hülfsmittel, die mir durch Tiecks Nachrichten außerordentlich interessant sind, ans Werk gehn? Oder es abwarten, bis sie mir der Zufall in die Hände spielt, welches Jahre lang währen, und vielleicht auch niemals geschehn könnte? Ich bitte um Ihre Meinung darüber, und ersuche Sie zugleich, Tieck gelegentlich zu benachrichtigen, daß es nicht an mir liegt, wenn er die gewünschten Exemplare jener Werke nicht [3] erhält. Haben Sie Zeit mir zu antworten, so würden Sie mich durch die Mittheilung Ihres Urtheils, ob die Terzine oder das Sylbenmaaß des Heldenbuchs für die erzählenden Stellen im Sifrid vortheilhafter sei, außerordentlich verbinden. Beides hat nach meiner Meinung Mehreres für sich anzuführen. Der Terzine feierlicher Gang und ihre prophetische Verschlingung scheint mir für den Character des Ganzen zwar paßend, besonders aber für die Weissagung der Meerweiber, welche den dritten Theil ausmachen soll. Wenn es bis dahin aufgespart würde, möchte die Wirkung jenes Sylbenmaaßes um so kräftiger und wunderbarer sein. Auch scheint mir das Sylbenmaaß des Heldenbuches dem lebhaften und theilnehmenden Ton des in Person auftretenden Dichters nicht unangemeßen; nur fürchte ich: es könne in längern Stellen ermüden, ob man ihm gleich manche Abwechselung geben kann. – Ist Ihre Zeit zu beschränkt, um mir etwas Schriftliches zu erwiedern, so hoffe ich auf mündliche Mittheilung.
Schenken Sie mir fortdauernd die gewohnte Liebe, und erfreuen Sie mich, wenn es sein kann, direct oder durch Bernhardi, mit einer günstigen Antwort auf meine Bitte.
Ewig der Ihrige
Fouqué
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