• Christian Friedrich Tieck to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Carrara · Place of Destination: Unknown · Date: 27.06.1812
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Christian Friedrich Tieck
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Carrara
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 27.06.1812
  • Notations: Da der Brief im Druck nur unvollständig wiedergegeben ist, wurde er neu transkribiert.
    Printed Text
  • Provider: www.archive.org
  • Bibliography: Hildebrandt, Edmund: Friedrich Tieck. Ein Beitrag zur deutschen Kunstgeschichte im Zeitalter Goethes und der Romantik. Leipzig 1906, S. 17, Anm. 1.
  • Incipit: „[1] Carrara den 27. Junius 1812.
    Bald werde ich mich anfangen zu ängstigen, geliebter Freund auch um deinetwillen, das ich keine Nachricht [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-611-36934
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.28,Nr.15
  • Number of Pages: 1 S., hs. m. U.
  • Format: 19,3 x 12,2 cm
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
[1] Carrara den 27. Junius 1812.
Bald werde ich mich anfangen zu ängstigen, geliebter Freund auch um deinetwillen, das ich keine Nachricht von dir habe. Mit Schrecken habe ich es ausgerechnet das ich schon 5 volle Wochen hier bin, ist es denn nicht möglich in diser ganzen Zeit Nachricht von dir zu haben, das heißt Antwort. In der That ängstet es mich von der Schwester gar nichts zu hören, ich weis nicht an wenn ich mich wenden soll. Deinen Bruder habe ich gleich nach meiner Ankunft hier einen Brif an die Schwester geschikt, ich hoffe er hatte es mir nicht Uebel genommen, aber ich wage es nicht ihm einen zweiten zu schikken ud thäte es doch gern. Denn außer ihm habe ich ja keinen Bekannten dort als Humboldt. Den schikt es sich doch aber nicht, dergleichen Besorgungen zu zumuthen, auch weiß ich nicht wie er es aufnehmen möchte. Und da die Arnstein ist es doch auch närrisch, der ich nie geschrieben habe, ud der es viel natürlicher vorkommen muß an deinen Bruder dergleichen zu adressiren. Ich habe bis jezt zwei Modelle von Büsten fertig des Klaus von Flue, u Wallenstein, ich hatte anfangs Lessing angefangen, da er mir aber nicht nach Wunsch gelingen wollte, so habe ich ihn wieder zusammengeworffen, ud will ihn bis zuletzt lassen. Das heißt auch erst den Bernhardt von Weimar machen. Wallenstein ist sehr gut gelungen, ud Bruder Klaus im allerschönsten Marmor angefangen. Auch nach München habe ich geschrieben, und werde in einiger Zeit auch dem Kronprinzen schreiben, doch wünschte ich erst eine Büste in Marmor der vollendung nahe zu haben. Drum habe ich auch dort noch kein Geld gefodert, jezt wäre es mir aber eigentlich nöthig, und doch fürchte ich mich solches zu thun. Ich kann gar alle Auslagen machen lassen, mein Unterhalt u Wohnung kostet mir nichts, aber es giebt doch kleine Ausgaben, u ich hätte Kleider nöthig. Doch wozu unterhalte ich dich damit, die nächsten [2] Sorgen die ich habe sind für mich Briefe zu erhalten, u Nachrichten von dir. Ich werde in disen Tagen nach Weimar schreiben um deine Büste kommen zu lassen und solche in Marmor machen. Ein solches Kunststük kostet mir hir kaum 5 bis 6 Louis dʼor. außer der Zeit die ich dann drauf verwenden muß, und die vielleicht kaum 8 Tage beträgt. Du siehst welch ein Vortheil es gewesen wäre, wenn Schelling redlich gegen mich gehandelt hätte. Doch daß ist nun einmal vorüber, ich habe ihm nicht geschrieben, und werde es auch viel[leicht] ganz lassen, denn ich kann ja doch nichts thun als nur sein Unrecht ihm aus einander setzen, und ihm beweisen, das ich das gröste Recht hätte jezt die Bezahlung der Büste und der Zeichnungen zu fodern. Ich vermuthe aber er hatt sich noch andre Dinge in den Kopf setzen lassen, ud es ist dann zum Teil Dünkel es von Thorwaldsen gemacht zu haben, wo er es von meiner Hand bestimmt viel besser erhalten hätte. Doch genug davon. Schreibe mir doch bald geliebter Freund was du machst, ich vermuthe du bist jezt in Interlaken, u dann freilich muß ich dich dreifach beneiden. Ich von aller Geselschaft verbannt in den Kalkbergen, wo es keine Geselschaft einmahl giebt, und du in der angenehmsten die zu finden ist, in der schönsten Gegend. Hast du deine Terzinen zu Ehren Berns fertig? wenn es so weit ist theile sie mir doch mit, ich habe hier nichts Deutsches zu lesen als deine Gedichte, und dise lese ich auch sehr häufig, so das gewiß Niemand so wie ich die Schönheiten demonstriren kann, nur leider ist hier Niemand dem damit gedient wäre, oder der nur einen deutschen Laut verstände. Auch bitte ich dich schreibe mir es wenn du etwas von dem Gang der Weltbegebenheiten vernimmst, denn ich lebe in gröster Unwissenheit. Erst heut habe ich es erfahren das Percival ermordet, aber weiter auch nichts. Es ist hir keine andre Zeitung als die von Genua, und dise ist nur ein Auszug der Frzöschen. Doch das Blatt ist voll, lebe wohl geliebter Frud u Bruder u lebe recht. Was macht Fr v St. schreibe mir es, es intressirt mich mehr als du denkst. Leb wohl Fr. T.
[1] Carrara den 27. Junius 1812.
Bald werde ich mich anfangen zu ängstigen, geliebter Freund auch um deinetwillen, das ich keine Nachricht von dir habe. Mit Schrecken habe ich es ausgerechnet das ich schon 5 volle Wochen hier bin, ist es denn nicht möglich in diser ganzen Zeit Nachricht von dir zu haben, das heißt Antwort. In der That ängstet es mich von der Schwester gar nichts zu hören, ich weis nicht an wenn ich mich wenden soll. Deinen Bruder habe ich gleich nach meiner Ankunft hier einen Brif an die Schwester geschikt, ich hoffe er hatte es mir nicht Uebel genommen, aber ich wage es nicht ihm einen zweiten zu schikken ud thäte es doch gern. Denn außer ihm habe ich ja keinen Bekannten dort als Humboldt. Den schikt es sich doch aber nicht, dergleichen Besorgungen zu zumuthen, auch weiß ich nicht wie er es aufnehmen möchte. Und da die Arnstein ist es doch auch närrisch, der ich nie geschrieben habe, ud der es viel natürlicher vorkommen muß an deinen Bruder dergleichen zu adressiren. Ich habe bis jezt zwei Modelle von Büsten fertig des Klaus von Flue, u Wallenstein, ich hatte anfangs Lessing angefangen, da er mir aber nicht nach Wunsch gelingen wollte, so habe ich ihn wieder zusammengeworffen, ud will ihn bis zuletzt lassen. Das heißt auch erst den Bernhardt von Weimar machen. Wallenstein ist sehr gut gelungen, ud Bruder Klaus im allerschönsten Marmor angefangen. Auch nach München habe ich geschrieben, und werde in einiger Zeit auch dem Kronprinzen schreiben, doch wünschte ich erst eine Büste in Marmor der vollendung nahe zu haben. Drum habe ich auch dort noch kein Geld gefodert, jezt wäre es mir aber eigentlich nöthig, und doch fürchte ich mich solches zu thun. Ich kann gar alle Auslagen machen lassen, mein Unterhalt u Wohnung kostet mir nichts, aber es giebt doch kleine Ausgaben, u ich hätte Kleider nöthig. Doch wozu unterhalte ich dich damit, die nächsten [2] Sorgen die ich habe sind für mich Briefe zu erhalten, u Nachrichten von dir. Ich werde in disen Tagen nach Weimar schreiben um deine Büste kommen zu lassen und solche in Marmor machen. Ein solches Kunststük kostet mir hir kaum 5 bis 6 Louis dʼor. außer der Zeit die ich dann drauf verwenden muß, und die vielleicht kaum 8 Tage beträgt. Du siehst welch ein Vortheil es gewesen wäre, wenn Schelling redlich gegen mich gehandelt hätte. Doch daß ist nun einmal vorüber, ich habe ihm nicht geschrieben, und werde es auch viel[leicht] ganz lassen, denn ich kann ja doch nichts thun als nur sein Unrecht ihm aus einander setzen, und ihm beweisen, das ich das gröste Recht hätte jezt die Bezahlung der Büste und der Zeichnungen zu fodern. Ich vermuthe aber er hatt sich noch andre Dinge in den Kopf setzen lassen, ud es ist dann zum Teil Dünkel es von Thorwaldsen gemacht zu haben, wo er es von meiner Hand bestimmt viel besser erhalten hätte. Doch genug davon. Schreibe mir doch bald geliebter Freund was du machst, ich vermuthe du bist jezt in Interlaken, u dann freilich muß ich dich dreifach beneiden. Ich von aller Geselschaft verbannt in den Kalkbergen, wo es keine Geselschaft einmahl giebt, und du in der angenehmsten die zu finden ist, in der schönsten Gegend. Hast du deine Terzinen zu Ehren Berns fertig? wenn es so weit ist theile sie mir doch mit, ich habe hier nichts Deutsches zu lesen als deine Gedichte, und dise lese ich auch sehr häufig, so das gewiß Niemand so wie ich die Schönheiten demonstriren kann, nur leider ist hier Niemand dem damit gedient wäre, oder der nur einen deutschen Laut verstände. Auch bitte ich dich schreibe mir es wenn du etwas von dem Gang der Weltbegebenheiten vernimmst, denn ich lebe in gröster Unwissenheit. Erst heut habe ich es erfahren das Percival ermordet, aber weiter auch nichts. Es ist hir keine andre Zeitung als die von Genua, und dise ist nur ein Auszug der Frzöschen. Doch das Blatt ist voll, lebe wohl geliebter Frud u Bruder u lebe recht. Was macht Fr v St. schreibe mir es, es intressirt mich mehr als du denkst. Leb wohl Fr. T.
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