• Jacob Grimm to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Kassel · Place of Destination: Unknown · Date: 14.06.1828
Edition Status: Single collated printed full text without registry labelling not including a registry
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Jacob Grimm
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Kassel
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 14.06.1828
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 390911364-19040100
  • Bibliography: Schmidt, Ludwig: Briefe Jacob Grimms an August Wilhelm Schlegel. In: Anzeiger für deutsches Altertum und deutsche Litteratur 29 (1904), S. 160‒161.
  • Incipit: „[1] Hochverehrter Freund,
    es liegt mir daran zu erfahren, was Sie mir wahrscheinlich ganz bestimmt sagen können, ob der zu Paris wohnende [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-1a-33708
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.9,Nr.47
  • Number of Pages: 2S. auf Doppelbl., hs. m. U. u. Adresse
  • Format: 25,7 x 22,4 cm
    Language
  • German
[1] Hochverehrter Freund,
es liegt mir daran zu erfahren, was Sie mir wahrscheinlich ganz bestimmt sagen können, ob der zu Paris wohnende russische etatsrath von Merian die rechtfertigung der Synglosse (Carlsruhe 1828) verfasst hat? d. h. ob er, wenn Ihnen diese Flugschrift nicht zu händen gekommen sein sollte, urheber der pariser theses ist, welchen Sie in der ind. bibliothek opponiert hatten? Ich meine von Humboldt voriges frühjahr so gehört zu haben. Merian ist auch hauptherausgeber des wiener tripartitums, über welches ich unglücklicherweise in den gött. anzeigen bei beurtheilung der mir zugesandten synglosse absprach, und daraus erkläre ich mir die gewaltige grobheit der antwort, deren ton dafür gesorgt hat, dass ich nichts erwidern werde. Den vorwurf, dass ich Ihren brief zur grundlage meiner ansichten in der recension gemacht hätte, betrachte ich als sehr ehrenvoll für mich; als ich sie niederschrieb, war mir Ihr zwar gelesner und gerühmter aufsatz nicht zur hand und ich muste schon bei dessen lesung lebhafte Freude empfinden, dass meine wohl noch sehr unreifen und unbedeutenden vorstellungen, die aber ganz aufrichtig aus meinen engeren studien erwachsen waren, Ihren ideen über allgemeine sprachwissenschaft in hauptpuncten begegneten.
Ich darf nicht verschweigen, welche empfindungen die art und weise in mir rege gemacht hat, womit Sie meiner in der neuen ausgabe [2] Ihrer critischen schritten erwähnen. Als ich mir im jahr 1804 zu Marburg aus einem geliehnen exemplar des Athenäums Ihr gespräch über Klopstock vollständig abschrieb, weil ich kein geld hatte das buch zu kaufen, war ich ferne davon zu ahnen, dass bei einer neuen auflage des gesprächs von mir die rede sein könnte. Sie haben freilich zu viel gesagt; aber ich sage nicht zu viel, wenn ich versichere, dass Ihre und Tiecks schriften in jenen empfänglichen jugendjahren unauslöschlichen eindruck auf mich gemacht haben, mit welchem auch meine neigung zu altdeutscher sprache und poesie grossgezogen worden ist.
Auch Ihrer neulichen schrift über protestantismus und catholicismus falle ich von herzen bei.
Seit einem jahr habe ich in der grammatik wenig gethan, doch noch vor ablauf des jetzigen mufs mein dritter theil begonnen werden. Vom verwichnem december an leide ich fortwährend an der brust, und fühle mich immer noch nicht hergestellt; ich habe kaum die ausarbeitung und den druck der deutschen rechtsalterthümer vollenden können, die zu Michaelis in einem starken bande erscheinen werden.
Unter diesen umständen wäre mir diesen sommer und herbst wieder der weg nach Bonn verschlagen, wenn auch nicht andere gründe dazu kämen, die einem hier angestellten jetzt dorthin zu reisen verbieten.
Cassel, 14. jun. 1828.
Stets der Ihrige
Jacob Grimm.
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[1] Hochverehrter Freund,
es liegt mir daran zu erfahren, was Sie mir wahrscheinlich ganz bestimmt sagen können, ob der zu Paris wohnende russische etatsrath von Merian die rechtfertigung der Synglosse (Carlsruhe 1828) verfasst hat? d. h. ob er, wenn Ihnen diese Flugschrift nicht zu händen gekommen sein sollte, urheber der pariser theses ist, welchen Sie in der ind. bibliothek opponiert hatten? Ich meine von Humboldt voriges frühjahr so gehört zu haben. Merian ist auch hauptherausgeber des wiener tripartitums, über welches ich unglücklicherweise in den gött. anzeigen bei beurtheilung der mir zugesandten synglosse absprach, und daraus erkläre ich mir die gewaltige grobheit der antwort, deren ton dafür gesorgt hat, dass ich nichts erwidern werde. Den vorwurf, dass ich Ihren brief zur grundlage meiner ansichten in der recension gemacht hätte, betrachte ich als sehr ehrenvoll für mich; als ich sie niederschrieb, war mir Ihr zwar gelesner und gerühmter aufsatz nicht zur hand und ich muste schon bei dessen lesung lebhafte Freude empfinden, dass meine wohl noch sehr unreifen und unbedeutenden vorstellungen, die aber ganz aufrichtig aus meinen engeren studien erwachsen waren, Ihren ideen über allgemeine sprachwissenschaft in hauptpuncten begegneten.
Ich darf nicht verschweigen, welche empfindungen die art und weise in mir rege gemacht hat, womit Sie meiner in der neuen ausgabe [2] Ihrer critischen schritten erwähnen. Als ich mir im jahr 1804 zu Marburg aus einem geliehnen exemplar des Athenäums Ihr gespräch über Klopstock vollständig abschrieb, weil ich kein geld hatte das buch zu kaufen, war ich ferne davon zu ahnen, dass bei einer neuen auflage des gesprächs von mir die rede sein könnte. Sie haben freilich zu viel gesagt; aber ich sage nicht zu viel, wenn ich versichere, dass Ihre und Tiecks schriften in jenen empfänglichen jugendjahren unauslöschlichen eindruck auf mich gemacht haben, mit welchem auch meine neigung zu altdeutscher sprache und poesie grossgezogen worden ist.
Auch Ihrer neulichen schrift über protestantismus und catholicismus falle ich von herzen bei.
Seit einem jahr habe ich in der grammatik wenig gethan, doch noch vor ablauf des jetzigen mufs mein dritter theil begonnen werden. Vom verwichnem december an leide ich fortwährend an der brust, und fühle mich immer noch nicht hergestellt; ich habe kaum die ausarbeitung und den druck der deutschen rechtsalterthümer vollenden können, die zu Michaelis in einem starken bande erscheinen werden.
Unter diesen umständen wäre mir diesen sommer und herbst wieder der weg nach Bonn verschlagen, wenn auch nicht andere gründe dazu kämen, die einem hier angestellten jetzt dorthin zu reisen verbieten.
Cassel, 14. jun. 1828.
Stets der Ihrige
Jacob Grimm.
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