• August Wilhelm von Schlegel to Dorothea von Schlegel

  • Place of Dispatch: Bonn · Place of Destination: Unknown · Date: 17.11.1828
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Dorothea von Schlegel
  • Place of Dispatch: Bonn
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 17.11.1828
    Printed Text
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: 362647739
  • Bibliography: Geiger, Ludwig: Dichter und Frauen. Neue Sammlung. Berlin 1899, S. 133‒135.
  • Incipit: „[1] Bonn d. 17. Nov. 28.
    Verzeihen Sie, werthgeschätzte Frau Schwägerin, daß ich so frei bin, mich in einer Angelegenheit an Sie [...]“
    Manuscript
  • Provider: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
  • OAI Id: DE-1a-34097
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.23,Nr.41
  • Number of Pages: 3S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 21,1 x 12,8 cm
    Language
  • German
[1] Bonn d. 17. Nov. 28.
Verzeihen Sie, werthgeschätzte Frau Schwägerin, daß ich so frei bin, mich in einer Angelegenheit an Sie zu wenden, da ich von meinem Bruder Friedrich keine Antwort erhalte. Ich habe seit zehn Jahren 350 Fl. Rh. oder 200 Thl. an ihn zu fordern. Er hat vor Jahren seine Verpflichtung anerkannt, und nur Aufschub begehrt, welcher ihm denn auch über alles Maß hinaus gewährt worden ist. Ich mahnte ihn von neuem gleich nach meiner Zurückkunft aus Berlin, im Sommer des vorigen Jahres. Seitdem sind nun wieder 15 Monate verflossen: ich denke, eine hinreichende Frist, um eine solche Summe herbeizuschaffen. Am 5. Juli kündigte er mir die Zahlung in drei Terminen an, bemerkte aber „sie könne in keinem Fall vor dem nächsten Monate erfolgen.“ Er hat doch seine Worte nicht so auf Schrauben stellen wollen, daß dies heißen sollte: weder vor dem Monat August, noch während des Monats August, noch nach dem Monat August sei er gesonnen zu zahlen?
Erinnern Sie ihn daran, daß ich ihn zweimal in seinem Leben durch Aufopferung meines Erwerbs und meiner Ersparnisse aus der größten Noth gerettet habe. Das erstemal war gleich nach dem Tode meines seligen Vaters, da er sich in Leipzig in Schulden gestürzt hatte. Die seligen Geschwister in Dresden [2] handelten sehr brüderlich an ihm, sie nahmen ihn auf geraume Zeit unentgeltlich ins Haus, aber die Bezahlung der Schulden konnten sie freilich nicht erschwingen. Ich sandte, was mir irgend zu erübrigen möglich war, überließ ihm das Honorar für ein aus dem Holländischen übersetztes Buch, bis es mir gelang von einem reichen Holländischen Kapitalisten 2000 Fl. Holl. aufzunehmen, die ich der Schwester auf einmal für ihn übermachte. Wie die Lage während der letzten Zeit in Cöln war, wissen Sie selbst. Ich gab ihm von Wien aus Anweisungen auf 2000 Gulden nach dem Konventions-Fuß in Papier, welches damals im Frühling 1808, die Hälfte des Metallwerthes betrug. Beides zusammen macht über 2000 Thl., welche ich ihm geschenkt habe. Das kleine Darlehn, das ich zurück begehre, wurde ihm gemacht, da er schon seit Jahren ein eben so ansehnliches Gehalt genoß, als ich seitdem. Es ist eine Ehrenschuld: denn so muß jedes freie Darlehn betrachtet werden, wobei kein Vortheil, kein Ersatz für eigne Benutzung des Kapitals ausbedungen, und keine gerichtliche Sicherung vorbehalten wird. Und um eine Ehrenschuld, werthe Frau Schwägerin, lassen sich Leute, die etwas auf ihre sittliche Würde halten, nicht gern zweimal mahnen: man hat nichts dringenderes zu thun, als ihr Genüge zu leisten.
Friedrich wird seinem Bruder, der ihm in Zeiten der Noth so treulich beigestanden hat, das im Vertrauen auf seine Redlichkeit dar[3]geliehene Eigenthum nicht vorenthalten wollen; jetzt da er im Wohlstande ist, bei einer verständigen Oekonomie unter der Leitung einer so vortrefflichen Hausfrau wie Sie, unfehlbar im Wohlstande seyn muß, da er ein einträgliches Amt und dabei völlig freie Muße hat, ‒ keine Kinder zu versorgen ‒ keine gesellschaftliche Nöthigung zum Aufwande. Ich verlange, denke ich, nichts außerordentliches: ich wünsche bloß eine Handhabung der ganz gewöhnlichen Rechtlichkeit von ihm an mir selbst zu erfahren. Bisher habe ich kein anderes Mittel als vertrauliche Erinnerungen versucht. Er möge meine Geduld nicht erschöpfen; er könnte mich zu Schritten treiben, die ihm unangenehm seyn würden. Denn ich bin nun einmal entschlossen, auf eine oder die andere Weise wieder zu dem Meinigen zu gelangen.
Leben Sie recht wohl. Hochachtungsvoll
Ihr ergebenster
A. W. v. Schlegel.

Ich bitte Sie, die Nichte Auguste von mir zu grüßen. Warum schreibt sie mir nicht, da sie doch weiß, daß ich an ihrem Schicksal aufrichtigen Antheil nehme?
[4]
[1] Bonn d. 17. Nov. 28.
Verzeihen Sie, werthgeschätzte Frau Schwägerin, daß ich so frei bin, mich in einer Angelegenheit an Sie zu wenden, da ich von meinem Bruder Friedrich keine Antwort erhalte. Ich habe seit zehn Jahren 350 Fl. Rh. oder 200 Thl. an ihn zu fordern. Er hat vor Jahren seine Verpflichtung anerkannt, und nur Aufschub begehrt, welcher ihm denn auch über alles Maß hinaus gewährt worden ist. Ich mahnte ihn von neuem gleich nach meiner Zurückkunft aus Berlin, im Sommer des vorigen Jahres. Seitdem sind nun wieder 15 Monate verflossen: ich denke, eine hinreichende Frist, um eine solche Summe herbeizuschaffen. Am 5. Juli kündigte er mir die Zahlung in drei Terminen an, bemerkte aber „sie könne in keinem Fall vor dem nächsten Monate erfolgen.“ Er hat doch seine Worte nicht so auf Schrauben stellen wollen, daß dies heißen sollte: weder vor dem Monat August, noch während des Monats August, noch nach dem Monat August sei er gesonnen zu zahlen?
Erinnern Sie ihn daran, daß ich ihn zweimal in seinem Leben durch Aufopferung meines Erwerbs und meiner Ersparnisse aus der größten Noth gerettet habe. Das erstemal war gleich nach dem Tode meines seligen Vaters, da er sich in Leipzig in Schulden gestürzt hatte. Die seligen Geschwister in Dresden [2] handelten sehr brüderlich an ihm, sie nahmen ihn auf geraume Zeit unentgeltlich ins Haus, aber die Bezahlung der Schulden konnten sie freilich nicht erschwingen. Ich sandte, was mir irgend zu erübrigen möglich war, überließ ihm das Honorar für ein aus dem Holländischen übersetztes Buch, bis es mir gelang von einem reichen Holländischen Kapitalisten 2000 Fl. Holl. aufzunehmen, die ich der Schwester auf einmal für ihn übermachte. Wie die Lage während der letzten Zeit in Cöln war, wissen Sie selbst. Ich gab ihm von Wien aus Anweisungen auf 2000 Gulden nach dem Konventions-Fuß in Papier, welches damals im Frühling 1808, die Hälfte des Metallwerthes betrug. Beides zusammen macht über 2000 Thl., welche ich ihm geschenkt habe. Das kleine Darlehn, das ich zurück begehre, wurde ihm gemacht, da er schon seit Jahren ein eben so ansehnliches Gehalt genoß, als ich seitdem. Es ist eine Ehrenschuld: denn so muß jedes freie Darlehn betrachtet werden, wobei kein Vortheil, kein Ersatz für eigne Benutzung des Kapitals ausbedungen, und keine gerichtliche Sicherung vorbehalten wird. Und um eine Ehrenschuld, werthe Frau Schwägerin, lassen sich Leute, die etwas auf ihre sittliche Würde halten, nicht gern zweimal mahnen: man hat nichts dringenderes zu thun, als ihr Genüge zu leisten.
Friedrich wird seinem Bruder, der ihm in Zeiten der Noth so treulich beigestanden hat, das im Vertrauen auf seine Redlichkeit dar[3]geliehene Eigenthum nicht vorenthalten wollen; jetzt da er im Wohlstande ist, bei einer verständigen Oekonomie unter der Leitung einer so vortrefflichen Hausfrau wie Sie, unfehlbar im Wohlstande seyn muß, da er ein einträgliches Amt und dabei völlig freie Muße hat, ‒ keine Kinder zu versorgen ‒ keine gesellschaftliche Nöthigung zum Aufwande. Ich verlange, denke ich, nichts außerordentliches: ich wünsche bloß eine Handhabung der ganz gewöhnlichen Rechtlichkeit von ihm an mir selbst zu erfahren. Bisher habe ich kein anderes Mittel als vertrauliche Erinnerungen versucht. Er möge meine Geduld nicht erschöpfen; er könnte mich zu Schritten treiben, die ihm unangenehm seyn würden. Denn ich bin nun einmal entschlossen, auf eine oder die andere Weise wieder zu dem Meinigen zu gelangen.
Leben Sie recht wohl. Hochachtungsvoll
Ihr ergebenster
A. W. v. Schlegel.

Ich bitte Sie, die Nichte Auguste von mir zu grüßen. Warum schreibt sie mir nicht, da sie doch weiß, daß ich an ihrem Schicksal aufrichtigen Antheil nehme?
[4]
×
×