• August Wilhelm von Schlegel to Friedrich de La Motte-Fouqué

  • Place of Dispatch: Berlin · Place of Destination: Unknown · Date: 14.03.1803
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
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    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Friedrich de La Motte-Fouqué
  • Place of Dispatch: Berlin
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 14.03.1803
    Printed Text
  • Bibliography: Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. Bd. 2. Zürich u.a. 1930, S. 66–67.
  • Incipit: „[1] Berlin d. 14. März 1803
    Ich verliere selbst am meisten dabey, mein werthester Freund, daß ich diesen Winter ein schlechter Correspondent [...]“
    Manuscript
  • Provider: Kungliga Bibliothek Stockholm
  • Number of Pages: 1 Dbl., 4 S.
    Language
  • German
[1] Berlin d. 14. März 1803
Ich verliere selbst am meisten dabey, mein werthester Freund, daß ich diesen Winter ein schlechter Correspondent seyn muss, und es ist sehr freundschaftlich von Ihnen, daß Sie mich demungeachtet nicht vergessen wollen.
Was Sie mir von dem Entwurf zu Ihrem Siegfried vorlegen, gefällt mir außerordentlich. Der romantische Geist fodert und rechtfertigt eine solche Mischung der Gattungen, Tieck hat schon mit vielem Glücke in der Genoveva und dem Octavian dramatisches mit epischem abwechseln lassen. Wenn zu den Eindrücken, welche Sie bezwecken, eine Hinweisung auf die Zukunft gehört, so werden sich die Terzinen besonders gut dazu passen, denn sie sind das eigentlich prophetische Sylbenmaß. Hierin haben sie sogar einen entschiednen Vorzug vor dem [2] Hexameter, (der, wie sich versteht, in einem romantischen Gedichte schon nicht Statt finden kann) weil dieser nur die Möglichkeit des unendlichen Fortschrittes, die Terzine aber die Anlage zur unendlichen Verkettung in sich trägt.
Aus dem Heldenbuche werden Sie schwerlich die Aufschlüsse über Siegfried erhalten, welche Sie wünschen. Denn wenn ich es recht inne habe, so kommt Siegfried darin bloß in dem Rosengarten zu Worms vor, welches ein einzelnes von Chriemhilden angestelltes Kampfspiel, so viel ich weiß, zwischen Burgundischen und Lombardischen Rittern ist.
In der Edda und den dahingehörigen Büchern soll manche Auskunft über den Siegfried und die ganze im Lied der Nibelungen enthaltne Geschichte zu finden seyn, wie Tieck mir versichert; ich bin diesem Studium noch ganz fremd.
Als eine eben erschienene unterhaltende [3] Neuigkeit kann ich Ihnen das erste Stück von meines Bruders Europa nennen, wenn Sie sie noch nicht gesehen haben. Doch werden Sie bey Maurer im voraus bestellen müssen, denn ich höre, seine ersten Exemplare sind schon vergriffen.
Sie würden mich verbinden, wenn Sie mir den Siegfried in der Schmiede, und die beyden dialogirten Romanzen, der Ritter und der Mönch, und der alte und junge Ritter zur Einrückung in die Europa überlassen wollten. Ich weiß wohl, daß Sie sie an Bernhardi versprochen, aber dieser leistet Verzicht, da es wohl nicht so bald zu einem zweyten Stück des Kynosarges kömmen dürfte. Wenn Sie es erlauben, so schicke ich sie dann nach Frankfurt für das 3te Stück, für das 2te wird es schon zu spät seyn.
Ich freue mich sehr darauf, einige Tage in dem schönen Nennhausen zuzubringen, allein gleich auf Ostern wird es noch nicht seyn können, weil ich nothwendig erst [4] für mein Spanisches Theater gesorgt haben muß, wovon der 1te B.[and] drey Stücke von Calderon enthalten soll. Noch ist das zweyte nicht ganz fertig, und ich arbeite jetzt mit aller Macht, da ich nicht früher dazu kommen können, weil mir meine Vorlesungen und andre Dinge so viel zu thun schaffen. Ich habe zur Mittheilung in den Vorlesungen manche Proben aus alten Dichtern übersetzt, die Ihnen, wie ich hoffe, Vergnügen machen werden. Dabey habe ich denn auch manche halbe Nacht aufgesessen, was ich freylich jetzt einstellen muß, weil es mir auf die Länge doch nicht bekömmt. Vor ein paar Tagen hatte ich eine fieberhafte Anwandlung, doch ist mir schon wieder ganz besser. — Mad. Bernhardi hat leider weit schlimmere Zufälle gehabt, die aber zum Glück nicht so leidlich übergegangen sind; jetzt scheint sie auf dem Wege der Besserung.
Bernhardi hatte sich fest vorgenommen heute noch zu schreiben; wenn er nicht mehr dazu kommt, entschuldigen Sie ihn. Die schönsten Empfehlungen an Ihre theure Gattin und Ihren ganzen häuslichen Kreis. Ganz Ihr
A. W. Schlegel
[1] Berlin d. 14. März 1803
Ich verliere selbst am meisten dabey, mein werthester Freund, daß ich diesen Winter ein schlechter Correspondent seyn muss, und es ist sehr freundschaftlich von Ihnen, daß Sie mich demungeachtet nicht vergessen wollen.
Was Sie mir von dem Entwurf zu Ihrem Siegfried vorlegen, gefällt mir außerordentlich. Der romantische Geist fodert und rechtfertigt eine solche Mischung der Gattungen, Tieck hat schon mit vielem Glücke in der Genoveva und dem Octavian dramatisches mit epischem abwechseln lassen. Wenn zu den Eindrücken, welche Sie bezwecken, eine Hinweisung auf die Zukunft gehört, so werden sich die Terzinen besonders gut dazu passen, denn sie sind das eigentlich prophetische Sylbenmaß. Hierin haben sie sogar einen entschiednen Vorzug vor dem [2] Hexameter, (der, wie sich versteht, in einem romantischen Gedichte schon nicht Statt finden kann) weil dieser nur die Möglichkeit des unendlichen Fortschrittes, die Terzine aber die Anlage zur unendlichen Verkettung in sich trägt.
Aus dem Heldenbuche werden Sie schwerlich die Aufschlüsse über Siegfried erhalten, welche Sie wünschen. Denn wenn ich es recht inne habe, so kommt Siegfried darin bloß in dem Rosengarten zu Worms vor, welches ein einzelnes von Chriemhilden angestelltes Kampfspiel, so viel ich weiß, zwischen Burgundischen und Lombardischen Rittern ist.
In der Edda und den dahingehörigen Büchern soll manche Auskunft über den Siegfried und die ganze im Lied der Nibelungen enthaltne Geschichte zu finden seyn, wie Tieck mir versichert; ich bin diesem Studium noch ganz fremd.
Als eine eben erschienene unterhaltende [3] Neuigkeit kann ich Ihnen das erste Stück von meines Bruders Europa nennen, wenn Sie sie noch nicht gesehen haben. Doch werden Sie bey Maurer im voraus bestellen müssen, denn ich höre, seine ersten Exemplare sind schon vergriffen.
Sie würden mich verbinden, wenn Sie mir den Siegfried in der Schmiede, und die beyden dialogirten Romanzen, der Ritter und der Mönch, und der alte und junge Ritter zur Einrückung in die Europa überlassen wollten. Ich weiß wohl, daß Sie sie an Bernhardi versprochen, aber dieser leistet Verzicht, da es wohl nicht so bald zu einem zweyten Stück des Kynosarges kömmen dürfte. Wenn Sie es erlauben, so schicke ich sie dann nach Frankfurt für das 3te Stück, für das 2te wird es schon zu spät seyn.
Ich freue mich sehr darauf, einige Tage in dem schönen Nennhausen zuzubringen, allein gleich auf Ostern wird es noch nicht seyn können, weil ich nothwendig erst [4] für mein Spanisches Theater gesorgt haben muß, wovon der 1te B.[and] drey Stücke von Calderon enthalten soll. Noch ist das zweyte nicht ganz fertig, und ich arbeite jetzt mit aller Macht, da ich nicht früher dazu kommen können, weil mir meine Vorlesungen und andre Dinge so viel zu thun schaffen. Ich habe zur Mittheilung in den Vorlesungen manche Proben aus alten Dichtern übersetzt, die Ihnen, wie ich hoffe, Vergnügen machen werden. Dabey habe ich denn auch manche halbe Nacht aufgesessen, was ich freylich jetzt einstellen muß, weil es mir auf die Länge doch nicht bekömmt. Vor ein paar Tagen hatte ich eine fieberhafte Anwandlung, doch ist mir schon wieder ganz besser. — Mad. Bernhardi hat leider weit schlimmere Zufälle gehabt, die aber zum Glück nicht so leidlich übergegangen sind; jetzt scheint sie auf dem Wege der Besserung.
Bernhardi hatte sich fest vorgenommen heute noch zu schreiben; wenn er nicht mehr dazu kommt, entschuldigen Sie ihn. Die schönsten Empfehlungen an Ihre theure Gattin und Ihren ganzen häuslichen Kreis. Ganz Ihr
A. W. Schlegel
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