• August Wilhelm von Schlegel to Anne Louise Germaine de Staël-Holstein

  • Place of Dispatch: Bern · Place of Destination: Unknown · Date: 19.05.1812
Edition Status: Single collated printed full text without registry labelling not including a registry
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Anne Louise Germaine de Staël-Holstein
  • Place of Dispatch: Bern
  • Place of Destination: Unknown
  • Date: 19.05.1812
  • Typ: Deutsche Übersetzung
    Printed Text
  • Bibliography: Pange, Pauline de: August Wilhelm Schlegel und Frau von Staël. Eine schicksalhafte Begegnung. Nach unveröffentlichten Briefen erzählt von Pauline Gräfin de Pange. Dt. Ausg. von Willy Grabert. Hamburg 1940, S. 302–303.
  • Incipit: „Dienstag, den 19. Mai [1812]
    Liebe Freundin! Noch konnte ich Herrn von Schr[aut] nicht besuchen, weil er den ganzen Tag auf [...]“
    Language
  • German
Dienstag, den 19. Mai [1812]
Liebe Freundin! Noch konnte ich Herrn von Schr[aut] nicht besuchen, weil er den ganzen Tag auf seinem Landgut ist, mehr als eine halbe Stunde von der Stadt entfernt; dabei ist man nicht sicher, ihn außer am frühen Morgen anzutreffen. Gestern sah ich seinen Sekretär, den ich auch einige Mühe hatte zu sprechen. Ich habe ihm die Änderungen mitgeteilt, die ich für den Paß meines Reisegefährten wünschte. Er meinte, es sei leicht, ihn ganz zu erneuern, worauf ich ihm erwiderte, daß ich das nicht wünschte, weil ich dann gezwungen wäre, vier Stunden weit zu laufen, um wieder die Unterschrift von Herrn von O. einzuholen. Er meinte, die Gültigkeitsdauer des Passes sei nicht fest bestimmt, und es sei gut, den Worten, die sich da finden, ›Gültig für diese Reise‹ zuzufügen: ›Und für ein ganzes Jahr.‹ Wenn Herr von Schr[aut] das auch für richtig hält, muß es auf alle Pässe gleichmäßig gesetzt werden. Sagen Sie doch bitte der Frau meines Reisegefährten, sie solle mir sofort postwendend ihren Paß zuschicken – ich weiß wirklich nicht, warum sie ihn mir nicht mitgegeben hat! –; wenn sie ihn richtig zur Post gibt, kann ich ihn am Donnerstag hier haben. Der Sekretär macht heute einen Ausflug, sodaß diese kleine Änderung erst morgen erledigt werden kann. Ich werde also, wenn ich erfahre, daß dieselbe Abänderung in alle drei Pässe eingetragen werden soll, sie dem Sekretär zu diesem Zweck geben.
Er weiß nichts Positives über die Vorkehrungen in Friedrichs Vaterland. Indessen steht er auf dem entgegengesetzten Standpunkt wie der F[ürst] Lub[omirski]. Ein Schweizer Reisender, der von dort zurückgekehrt ist, behauptet, die Absichten der Regierung in dieser Beziehung seien in tiefes Geheimnis gehüllt und das Publikum könne nur Vermutungen äußern.
Es wird behauptet, die Russen hätten ungeheure Vorbereitungen getroffen. Man müßte allerdings wissen, ob sie gut geführt sind. Ein junger Müralt, bayerischer Reiteroffizier, schreibt aus Polen, ihre Pferde müßten oft das Stroh von den Dächern fressen; sie wüßten nicht, wohin es ginge, noch was sie tun sollten, aber sie litten schon unter vielen Unannehmlichkeiten. Die jungen Leute wollen immer wie in einem Salon leben.
Ich habe nichts darüber erfahren, was einer Spekulation in Ländereien im Wege stehen könnte. Sobald ich die Zeit ihrer Ankunft genau weiß, werde ich für die Zürcher Freunde Vorspannpferde besorgen, die sie außerhalb des Tores in einem Gasthaus ›Das Klösterli‹ erwarten werden, damit sie die Hälfte des Weges mit ganz frischen Pferden zurücklegen können.
Ich wohne nicht im Gasthaus, sondern bei Freunden meiner Freunde. Herr Herrmann, der frühere Präfekt, suchte mich sehr verbindlich in dem Augenblicke auf, als ich aus dem Wagen stieg, und zwang mich sozusagen, ein Zimmer in seinem Hause anzunehmen, wo ich sehr angenehm untergekommen bin. Infolge eines falschen Schrittes, den ich, wie ich glaube, machte, als ich aus diesem verwünschten Wagen stieg, hinkte ich seit meiner Ankunft, aber mit vielem Gehen und Marschieren habe ich den Fuß wieder in Ordnung gebracht.
Auf morgen, liebe Freundin! Ich bete, daß Sie seelisch und körperlich gesund sein mögen.
Dienstag, den 19. Mai [1812]
Liebe Freundin! Noch konnte ich Herrn von Schr[aut] nicht besuchen, weil er den ganzen Tag auf seinem Landgut ist, mehr als eine halbe Stunde von der Stadt entfernt; dabei ist man nicht sicher, ihn außer am frühen Morgen anzutreffen. Gestern sah ich seinen Sekretär, den ich auch einige Mühe hatte zu sprechen. Ich habe ihm die Änderungen mitgeteilt, die ich für den Paß meines Reisegefährten wünschte. Er meinte, es sei leicht, ihn ganz zu erneuern, worauf ich ihm erwiderte, daß ich das nicht wünschte, weil ich dann gezwungen wäre, vier Stunden weit zu laufen, um wieder die Unterschrift von Herrn von O. einzuholen. Er meinte, die Gültigkeitsdauer des Passes sei nicht fest bestimmt, und es sei gut, den Worten, die sich da finden, ›Gültig für diese Reise‹ zuzufügen: ›Und für ein ganzes Jahr.‹ Wenn Herr von Schr[aut] das auch für richtig hält, muß es auf alle Pässe gleichmäßig gesetzt werden. Sagen Sie doch bitte der Frau meines Reisegefährten, sie solle mir sofort postwendend ihren Paß zuschicken – ich weiß wirklich nicht, warum sie ihn mir nicht mitgegeben hat! –; wenn sie ihn richtig zur Post gibt, kann ich ihn am Donnerstag hier haben. Der Sekretär macht heute einen Ausflug, sodaß diese kleine Änderung erst morgen erledigt werden kann. Ich werde also, wenn ich erfahre, daß dieselbe Abänderung in alle drei Pässe eingetragen werden soll, sie dem Sekretär zu diesem Zweck geben.
Er weiß nichts Positives über die Vorkehrungen in Friedrichs Vaterland. Indessen steht er auf dem entgegengesetzten Standpunkt wie der F[ürst] Lub[omirski]. Ein Schweizer Reisender, der von dort zurückgekehrt ist, behauptet, die Absichten der Regierung in dieser Beziehung seien in tiefes Geheimnis gehüllt und das Publikum könne nur Vermutungen äußern.
Es wird behauptet, die Russen hätten ungeheure Vorbereitungen getroffen. Man müßte allerdings wissen, ob sie gut geführt sind. Ein junger Müralt, bayerischer Reiteroffizier, schreibt aus Polen, ihre Pferde müßten oft das Stroh von den Dächern fressen; sie wüßten nicht, wohin es ginge, noch was sie tun sollten, aber sie litten schon unter vielen Unannehmlichkeiten. Die jungen Leute wollen immer wie in einem Salon leben.
Ich habe nichts darüber erfahren, was einer Spekulation in Ländereien im Wege stehen könnte. Sobald ich die Zeit ihrer Ankunft genau weiß, werde ich für die Zürcher Freunde Vorspannpferde besorgen, die sie außerhalb des Tores in einem Gasthaus ›Das Klösterli‹ erwarten werden, damit sie die Hälfte des Weges mit ganz frischen Pferden zurücklegen können.
Ich wohne nicht im Gasthaus, sondern bei Freunden meiner Freunde. Herr Herrmann, der frühere Präfekt, suchte mich sehr verbindlich in dem Augenblicke auf, als ich aus dem Wagen stieg, und zwang mich sozusagen, ein Zimmer in seinem Hause anzunehmen, wo ich sehr angenehm untergekommen bin. Infolge eines falschen Schrittes, den ich, wie ich glaube, machte, als ich aus diesem verwünschten Wagen stieg, hinkte ich seit meiner Ankunft, aber mit vielem Gehen und Marschieren habe ich den Fuß wieder in Ordnung gebracht.
Auf morgen, liebe Freundin! Ich bete, daß Sie seelisch und körperlich gesund sein mögen.
· Original , 19.05.1812
· Pange, Pauline de: Auguste-Guillaume Schlegel et Madame de Staël d’apres des documents inédits. Paris 1938, S. 374‒375.
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