• Friedrich de La Motte-Fouqué to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Nennhausen · Place of Destination: Berlin · Date: 17.03.1803
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich de La Motte-Fouqué
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Nennhausen
  • Place of Destination: Berlin
  • Date: 17.03.1803
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Deutsches Literaturarchiv Marbach
  • Classification Number: A:Wiedemann Fouqué 92.51.164
  • Number of Pages: 4 S., hs. m. U.
  • Incipit: „[1] Nennhausen, den 17t Maerz 1803
    Ihr freundliches Andenken an mich, mitten unter allen Geschäfften, von welchen Sie jetzt überhäuft sind, [...]“
  • Editors: Bamberg, Claudia · Varwig, Olivia
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[1] Nennhausen, den 17t Maerz 1803
Ihr freundliches Andenken an mich, mitten unter allen Geschäfften, von welchen Sie jetzt überhäuft sind, ist mir so angenehm als schmeichelhaft. Noch mehr Vergnügen aber würde uns allen Ihr Brief gewährt haben, wenn er nicht die Nachricht von Ihrer verzögerten Ankunft in Nennhausen enthalten hätte. Kommen Sie indeß wenn es Ihnen am bequemsten ist, und entschädigen Sie uns für unser längeres Harren durch einen desto längern Genuß Ihrer Gesellschaft. Alle meine Hausgenoßen sehen Ihrem Besuch mit lebhafter Freude entgegen. Vor allen meine Frau und ich. Sie würden uns sehr verbinden, wenn Sie, Ihrem vorjährigen Versprechen gemäß die Hefte der Vorlesungen mitbrächten, und uns soviel daraus mittheilten, als ohne Ihre Beschwerde geschehen kann. Ihre Krankheit, so wie die der Mdm. Bernhardi hat uns lebhaft beunruhigt. Möge wenigstens der unartige Gast ohne alles Gefolge davon gezogen sein! Aber eigennütziger Weise kann ich es nicht unterlaßen, Ihnen bei dieser Gelegenheit bemerklich zu machen, wie wohlthätig für Sie und Mdm. Bernhardi der Genuß der Frühlingsluft auf dem Lande sein würde, und wie sehr Sie daher sämtlich eilen müßten, dxxx das erwachende Jahr im Freien zu begrüßen.
Die intereßante Erscheinung der Europa hat mir vieles Vergnügen gewährt. Ich hatte glücklicher Weise meine Bestellung bei Maurer sehr früh [2] gemacht, und erhielt daher, gleich nach der angekündigt Ankündigung in den Zeitungen, ein Exemplar. Der herrliche, deutsch-ritterliche Sinn Ihres Bruders und die prächtigen Rhapsodieen auf der Wartburg und am Rhein-Ufer haben mich mit besondrer Kraft ergriffen. Ich darf es nicht erst sagen, wie sehr es mich freuen wird, xxxx meine drei erwähnten Gedichte als einen Beitrag zu so etwas Trefflichem liefern zu dürfen. Uebrigens wißen Sie es auch, daß ich den Händen der meines Meisters, alles, was ich geschaffen, ganz unbedingt übergebe. Sie erhalten hierbei zwei romantische Gedichte von mir. Den Gedanken zu dem Einen, (dem Abschied) verdanke ich den Minnesingern. Doch ist die Ausführung ganz mein, und nur die die zwei ersten Zeilen gehören dem Grafen Otto von Bottenlaube. Ein andres Gedicht nach eben Demselben Dxxxxx würde ich Ihnen mitgeschickt haben, wenn es schon abgeschrieben wäre. Auf Ihre Anwesenheit in Nennhausen behalte ich mir es vor, Ihnen ein größeres Gedicht vorzulegen, dxx welches ich aber als einen ersten Versuch in den s höhern Sylbenmaaßen Ihrer Nachsicht empfehlen werde. Es enthält die Beschwörung einer Zauberin und deren Wirkung auf ihren geliebten Ritter.
Das fernere Studium der altdeutschen Werke überzeugt mich immer mehr, daß die nordisch-romantische Poesie fast durchaus dramatisch sei. Ich habe dies nicht allein bei den Minnesingern bemerkt, sondern selbst auch in dem Liede der Nibelungen. Sogar, wo die bloße Erzählung anfängt, ist nichts von der [3] Partheilosigkeit der griechischen Epiker zu spüren. Der Dichter tritt vielmehr gleichsam hinter dem Schauplaze hervor, und zeigt auf die wundersamen Figuren erklärend hin; oft sogar mit Ent Ausbrüchen der Bewundrung oder des Schreckens, die sich in allerhand Exclamationen, woran die altdeutsche Sprache so reich ist, äußern. Ich halte diese Art und Weise dem Character der nordischen Sagen angemeßen, und denke sie auch in den epischen Stellen des Siegfried beizubehalten. Ueber die Art, wie nach seinem Tode die Prophezeihung der furchtbaren Rache Chriemhildens einzuflechten sei, ist mir bei der fortgesetzten Lectüre der Nibelungen ein Gedanke eingefallen, den ich Ihrer Prüfung unterwerfe. Hagen findet nehmlich auf der Fahrt zu den Hunnen an den Ufern der Donau drei Meerweiber, die bei einem Brunnen spielen und ihm nachher seinen Tod an Ezelʼs Hofe weissagen. Könnten diese magische Gestalten nicht schon früher eingeführt werden? Sie spielten nämlich an dem Brunnen zu welchem Siegfried durch Hagen gelockt wird und flüchteten vor den beiden herzueilenden Kriegern. Nachdem Siegfried verwundet ist worden, und auf den blutigen Blumen daliegt, und die Treulosigkeit seiner Freunde verklagt, könnten die Meerweiber mit fernen Lauten einfallen, und wenn er gestorben und sein Leichnam von Hagen fortgenommen, wieder hervortreten, und in den prophetischen Terzinen einander die furchtbare Zukunft erzählen, alles Weissagende zusammenfaßend, was einzeln im ganzen Gedichte zerstreut lag. – Wegen des [4] Heldenbuches habe ich an Fr. Majer in Weimar geschrieben. Man kann des Guten nicht zu viel thun. Mit der Edda scheint mich ein schlechter Comißionär hinzuhalten. Wißen Sie einen nähern Weg ein Exemplar derselben zu erhalten bekommen, so bitte ich Sie, mir denselben solchen anzuzeigen.
Leben Sie wohl, und gedenken Sie meiner. Die besten Empfehlungen und freundlichsten Grüße von meiner Frau u. mir an Bernhardiʼs. Ich bin ewig der Ihrige,
Fouqué.
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[1] Nennhausen, den 17t Maerz 1803
Ihr freundliches Andenken an mich, mitten unter allen Geschäfften, von welchen Sie jetzt überhäuft sind, ist mir so angenehm als schmeichelhaft. Noch mehr Vergnügen aber würde uns allen Ihr Brief gewährt haben, wenn er nicht die Nachricht von Ihrer verzögerten Ankunft in Nennhausen enthalten hätte. Kommen Sie indeß wenn es Ihnen am bequemsten ist, und entschädigen Sie uns für unser längeres Harren durch einen desto längern Genuß Ihrer Gesellschaft. Alle meine Hausgenoßen sehen Ihrem Besuch mit lebhafter Freude entgegen. Vor allen meine Frau und ich. Sie würden uns sehr verbinden, wenn Sie, Ihrem vorjährigen Versprechen gemäß die Hefte der Vorlesungen mitbrächten, und uns soviel daraus mittheilten, als ohne Ihre Beschwerde geschehen kann. Ihre Krankheit, so wie die der Mdm. Bernhardi hat uns lebhaft beunruhigt. Möge wenigstens der unartige Gast ohne alles Gefolge davon gezogen sein! Aber eigennütziger Weise kann ich es nicht unterlaßen, Ihnen bei dieser Gelegenheit bemerklich zu machen, wie wohlthätig für Sie und Mdm. Bernhardi der Genuß der Frühlingsluft auf dem Lande sein würde, und wie sehr Sie daher sämtlich eilen müßten, dxxx das erwachende Jahr im Freien zu begrüßen.
Die intereßante Erscheinung der Europa hat mir vieles Vergnügen gewährt. Ich hatte glücklicher Weise meine Bestellung bei Maurer sehr früh [2] gemacht, und erhielt daher, gleich nach der angekündigt Ankündigung in den Zeitungen, ein Exemplar. Der herrliche, deutsch-ritterliche Sinn Ihres Bruders und die prächtigen Rhapsodieen auf der Wartburg und am Rhein-Ufer haben mich mit besondrer Kraft ergriffen. Ich darf es nicht erst sagen, wie sehr es mich freuen wird, xxxx meine drei erwähnten Gedichte als einen Beitrag zu so etwas Trefflichem liefern zu dürfen. Uebrigens wißen Sie es auch, daß ich den Händen der meines Meisters, alles, was ich geschaffen, ganz unbedingt übergebe. Sie erhalten hierbei zwei romantische Gedichte von mir. Den Gedanken zu dem Einen, (dem Abschied) verdanke ich den Minnesingern. Doch ist die Ausführung ganz mein, und nur die die zwei ersten Zeilen gehören dem Grafen Otto von Bottenlaube. Ein andres Gedicht nach eben Demselben Dxxxxx würde ich Ihnen mitgeschickt haben, wenn es schon abgeschrieben wäre. Auf Ihre Anwesenheit in Nennhausen behalte ich mir es vor, Ihnen ein größeres Gedicht vorzulegen, dxx welches ich aber als einen ersten Versuch in den s höhern Sylbenmaaßen Ihrer Nachsicht empfehlen werde. Es enthält die Beschwörung einer Zauberin und deren Wirkung auf ihren geliebten Ritter.
Das fernere Studium der altdeutschen Werke überzeugt mich immer mehr, daß die nordisch-romantische Poesie fast durchaus dramatisch sei. Ich habe dies nicht allein bei den Minnesingern bemerkt, sondern selbst auch in dem Liede der Nibelungen. Sogar, wo die bloße Erzählung anfängt, ist nichts von der [3] Partheilosigkeit der griechischen Epiker zu spüren. Der Dichter tritt vielmehr gleichsam hinter dem Schauplaze hervor, und zeigt auf die wundersamen Figuren erklärend hin; oft sogar mit Ent Ausbrüchen der Bewundrung oder des Schreckens, die sich in allerhand Exclamationen, woran die altdeutsche Sprache so reich ist, äußern. Ich halte diese Art und Weise dem Character der nordischen Sagen angemeßen, und denke sie auch in den epischen Stellen des Siegfried beizubehalten. Ueber die Art, wie nach seinem Tode die Prophezeihung der furchtbaren Rache Chriemhildens einzuflechten sei, ist mir bei der fortgesetzten Lectüre der Nibelungen ein Gedanke eingefallen, den ich Ihrer Prüfung unterwerfe. Hagen findet nehmlich auf der Fahrt zu den Hunnen an den Ufern der Donau drei Meerweiber, die bei einem Brunnen spielen und ihm nachher seinen Tod an Ezelʼs Hofe weissagen. Könnten diese magische Gestalten nicht schon früher eingeführt werden? Sie spielten nämlich an dem Brunnen zu welchem Siegfried durch Hagen gelockt wird und flüchteten vor den beiden herzueilenden Kriegern. Nachdem Siegfried verwundet ist worden, und auf den blutigen Blumen daliegt, und die Treulosigkeit seiner Freunde verklagt, könnten die Meerweiber mit fernen Lauten einfallen, und wenn er gestorben und sein Leichnam von Hagen fortgenommen, wieder hervortreten, und in den prophetischen Terzinen einander die furchtbare Zukunft erzählen, alles Weissagende zusammenfaßend, was einzeln im ganzen Gedichte zerstreut lag. – Wegen des [4] Heldenbuches habe ich an Fr. Majer in Weimar geschrieben. Man kann des Guten nicht zu viel thun. Mit der Edda scheint mich ein schlechter Comißionär hinzuhalten. Wißen Sie einen nähern Weg ein Exemplar derselben zu erhalten bekommen, so bitte ich Sie, mir denselben solchen anzuzeigen.
Leben Sie wohl, und gedenken Sie meiner. Die besten Empfehlungen und freundlichsten Grüße von meiner Frau u. mir an Bernhardiʼs. Ich bin ewig der Ihrige,
Fouqué.
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