• Franz Xaver Klinger to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Paris · Place of Destination: Coppet · Date: 16.11.1807
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Franz Xaver Klinger
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Paris
  • Place of Destination: Coppet
  • Date: 16.11.1807
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 472‒473.
  • Incipit: „[1] Paris d. 16. Novemb. [1]807.
    Verehrtester Freund,
    Madmoiselle Mendelsohn hat mir den freundlichen Gruß von Ihnen ausgerichtet und angekündet, daß Sie auch [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: APP2712-Bd-6
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,21,50
  • Number of Pages: 2 S., hs. m. U.
  • Format: 18,4 x 11,8 cm
    Language
  • German
[1] Paris d. 16. Novemb. [1]807.
Verehrtester Freund,
Madmoiselle Mendelsohn hat mir den freundlichen Gruß von Ihnen ausgerichtet und angekündet, daß Sie auch mir ein Exemplar Ihres deutschen Werkes in „chinesischer Sprache“ bestimmt haben, wofür ich Ihnen bestens danke. Die Erscheinung des jezt so beliebten Kometen ist gewiß nichts so wunderbares, als die Erscheinung einer Schrift in chinesischer Sprache, welche den Geist ächter, universeller Kritik so klar und sicher verkündet. Die Astrologen von Peking scheinen bis jezt noch in dumpfer Betäubung das neue Gestirn anzustaunen, denn sie haben noch nichts darüber zu vernehmen gegeben. Vermuthlich aber wird bald einer oder der andere mit versteckter Verzweiflung bekannt machen, daß der neue Stern eine so inkorrekte Bahn verfolge, daß man mit den herkömmlichen Berechnungen ihm gar nichts anhaben könne, welches denn den zahlreichen deutschen Missionären und den wenigen bekehrten Einwohnern hiesiger Stadt große Herzenslust bereiten, wird.
Es ist also gewiß daß Sie meine gute, alte Vaterstadt sehen werden! Dieß macht mir einiges Heimweh; denn es würde ein Fest für mich seyn mit Ihnen alles, was Wien für Kunst und Wissenschaft Bedeutendes hat, nun kennen zu lernen. Möchten Sie doch Zeit und Lust finden einiges von den Ansichten und Beobachtungen öffentlich mitzutheilen, welche sich Ihnen in dieser gutmüthigsten aller Deutschen Städte darbieten [2] werden. Wien hat so vieles Merkwürdige, aber fast nichts worüber ein Schriftsteller von großer Art gesprochen hätte, welches doch die Gegenstände erst eigentlich lebendig macht und adelt. – Gerne würde ich etwas dazu beitragen Ihnen den Aufenthalt in Wien durch einige vermittelte Bekanntschaften angenehm zu machen, aber ich bin überzeugt Ihr Nahme führt Sie besser zu den rechten Leuten als meine Vermittelung, und ich möchte es auch nicht auf mein Gewissen nehmen Ihnen einige zuthunliche Jünger auf den Hals zu bringen. Haben Sie (was Gott verhüthen möge) in Wien einen Arzt nöthig, so lassen Sie Hn D.[oktor] Hoser, Leibarzt des Erzherzog Karl, rufen. Wenn dieser Mann auch nicht mein Freund wäre, so müßte ich ihn doch sehr loben wegen seinen tüchtigen Kenntnissen und seiner Bildung. – Hier in Paris lebt sichs nun ziemlich gut. Es wird nicht viele Städte unsres Vaterlandes geben in welchen es möglich wäre so gute Deutsche Gesellschaft zu finden, als jezt in Paris; da nun diese Stadt und ihre Einwohner sehr gute Sachen sind, Deutschland aber die Personen liefert, so kann man recht zufrieden seyn, wenn es heutzutage überhaupt möglich ist ordentlich zufrieden zu leben. Ich wünsche Ihnen vom Herzen eine glückliche Reise ins Land der Fäjaken; bleiben Sie gesund und heiter, und gedenken Sie auch zuweilen an den Ufern der Donau
Ihres
ergebnen Freundes
X. Klinger
(Empfehlen Sie mich der
Frau v. Staël auf das ergebenste)
[1] Paris d. 16. Novemb. [1]807.
Verehrtester Freund,
Madmoiselle Mendelsohn hat mir den freundlichen Gruß von Ihnen ausgerichtet und angekündet, daß Sie auch mir ein Exemplar Ihres deutschen Werkes in „chinesischer Sprache“ bestimmt haben, wofür ich Ihnen bestens danke. Die Erscheinung des jezt so beliebten Kometen ist gewiß nichts so wunderbares, als die Erscheinung einer Schrift in chinesischer Sprache, welche den Geist ächter, universeller Kritik so klar und sicher verkündet. Die Astrologen von Peking scheinen bis jezt noch in dumpfer Betäubung das neue Gestirn anzustaunen, denn sie haben noch nichts darüber zu vernehmen gegeben. Vermuthlich aber wird bald einer oder der andere mit versteckter Verzweiflung bekannt machen, daß der neue Stern eine so inkorrekte Bahn verfolge, daß man mit den herkömmlichen Berechnungen ihm gar nichts anhaben könne, welches denn den zahlreichen deutschen Missionären und den wenigen bekehrten Einwohnern hiesiger Stadt große Herzenslust bereiten, wird.
Es ist also gewiß daß Sie meine gute, alte Vaterstadt sehen werden! Dieß macht mir einiges Heimweh; denn es würde ein Fest für mich seyn mit Ihnen alles, was Wien für Kunst und Wissenschaft Bedeutendes hat, nun kennen zu lernen. Möchten Sie doch Zeit und Lust finden einiges von den Ansichten und Beobachtungen öffentlich mitzutheilen, welche sich Ihnen in dieser gutmüthigsten aller Deutschen Städte darbieten [2] werden. Wien hat so vieles Merkwürdige, aber fast nichts worüber ein Schriftsteller von großer Art gesprochen hätte, welches doch die Gegenstände erst eigentlich lebendig macht und adelt. – Gerne würde ich etwas dazu beitragen Ihnen den Aufenthalt in Wien durch einige vermittelte Bekanntschaften angenehm zu machen, aber ich bin überzeugt Ihr Nahme führt Sie besser zu den rechten Leuten als meine Vermittelung, und ich möchte es auch nicht auf mein Gewissen nehmen Ihnen einige zuthunliche Jünger auf den Hals zu bringen. Haben Sie (was Gott verhüthen möge) in Wien einen Arzt nöthig, so lassen Sie Hn D.[oktor] Hoser, Leibarzt des Erzherzog Karl, rufen. Wenn dieser Mann auch nicht mein Freund wäre, so müßte ich ihn doch sehr loben wegen seinen tüchtigen Kenntnissen und seiner Bildung. – Hier in Paris lebt sichs nun ziemlich gut. Es wird nicht viele Städte unsres Vaterlandes geben in welchen es möglich wäre so gute Deutsche Gesellschaft zu finden, als jezt in Paris; da nun diese Stadt und ihre Einwohner sehr gute Sachen sind, Deutschland aber die Personen liefert, so kann man recht zufrieden seyn, wenn es heutzutage überhaupt möglich ist ordentlich zufrieden zu leben. Ich wünsche Ihnen vom Herzen eine glückliche Reise ins Land der Fäjaken; bleiben Sie gesund und heiter, und gedenken Sie auch zuweilen an den Ufern der Donau
Ihres
ergebnen Freundes
X. Klinger
(Empfehlen Sie mich der
Frau v. Staël auf das ergebenste)
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