[2] Ihr seliger Vater pflegte mich jeden Herbst mit einem Vorrat Teltower Rüben, diesem Mark der Mark, zu versehen, und ich sehe es als einen Beweis Ihres Wohlwollens an, dass Sie sich daran erinnert haben. Ich habe schon fleissig dieses vortreffliche Wintergemüse genossen, das mir immer sehr gut bekommt, auch einige gute Freunde damit bewirtet. Die Civilisation ist hier vorgeschritten; wir können gegenwärtig das unerlässliche Zubehör dieser Rüben, die pommerischen Spickgänse, bei den hiesigen Kaufleuten ganz ächt haben und brauchen unsere Berliner Korrespondenten [3] nicht darum bemühen.
Die gelungene Aufführung des Sommernachtstraums hat mir eine wahre Freude gemacht, und zwar eine eigennützige. In Paris hätte ich eine Tantième von dem Ertrage erhalten müssen eben sowohl wie Hr. Lebrun sie von seiner Nachbildung der Maria Stuart erhalten hat: aber in Deutschland ist das Gesetz den dramatischen Autoren nicht günstig.
Mein Text wird wohl ziemlich rein von Tiecks Lesearten zum Grunde gelegt worden sein. Indessen habe ich doch aus den Zeitun[4]gen ersehen, dass der schelmische Luftgeist, den Fräulein von Hagen mit so viel Anmut dargestellt hat, wiederum Puck genannt worden ist. So steht es in der Tat bei Shakespeare; aber der Name hat keine Bedeutung, und klingt dem deutschen Ohre nicht angenehm. Ich habe mit gutem Vorbedacht Droll gesetzt. So hiessen wirklich diese Geister bei den nordischen Völkern, den Dänen und Schweden, von welchen diese ganze Mythologie zu den Angelsachsen übergegangen zu sein scheint; bei uns kommt noch das Wort drollig davon her.
[5] Bei dieser Gelegenheit bemerke ich einen Druckfehler in dem Personenverzeichnis der neuesten Ausgabe vom Jahre 1840, der so wichtig ist, dass er wohl einen Karton verdiente, da ein Missverständnis dadurch veranlasst wird. Es steht da: Droll eine Elfe; es muss heissen: ein Elfe. Die weiblichen Geister heissen bei Shakespeare Fairy, was wir nur durch Fee übersetzen können, wiewohl diess dem Begriffe nicht ganz angemessen ist.
Überhaupt habe ich noch nicht Musse gefunden, die sämmtli[6]chen von mir übersetzten Stücke in der neuesten Ausgabe auf die Druckfehler durchzusehen; ich bin aber gern bereit es zu tun. Melden Sie mir doch, wie es mit dem Absatze geht. Ich kann mich kaum überzeugen, dass das deutsche Publikum für dieses Buch ein unausfüllbares Fass der Danaïden sein sollte. Ich möchte gern noch eine sorgfältige letzte Hand an meine Übersetzungen legen, wie ich es bei den drei ersten Stücken gethan habe, und dazu finden sich wohl Stunden in meinen nicht selten halb schlaflosen Nächten; aber in meinen hohen Jahren und bei meiner immer [7] schwankenden Gesundheit kann man nicht für den nächsten Tag einstehen.
Leben Sie recht wohl und empfangen Sie meine freundschaftlichsten Grüsse.
Ihr ergebenster
A. W. von Schlegel
Bonn, d. 30. Jan. 1844.
Eben war der vorstehende Brief für die Post fertig, als ich gestern Nachmittag Ihre Sendung von geräucherten Gänsebrüsten erhielt. Sie überhäufen mich allzusehr mit Ihren Gaben; die Waare ist recht gut angekommen und kann hier leicht noch ein wenig nachgeräuchert werden. Zugleich hat mich Ihr Brief ungemein über[8]rascht durch die Nachricht, dass ein neuer Druck des Shakespeare schon begonnen, und sogar weit vorgerückt sei. Nach meiner letzten Unterredung mit Ihnen erwartete ich, dass der Absatz der noch vorhandenen Exemplare vom Jahre 1840 nicht in so kurzer Zeit stattgefunden haben könnte. Was ich in meinem Briefe bezweifelte, scheint sich also zu verwirklichen. Oder haben Sie vielleicht den Rest der ent-tieckten Ausgabe in die Makulatur geworfen? Sie haben ja den Preis so übermässig wohlfeil gesetzt, dass Sie im Buchhandel fast nicht mehr dafür bekommen, als für Makulatur. Ich möchte Ihnen die Warnung zurufen, die von einem Nachbar einem Hamburger Kaufmann erteilt wurde, der die damals noch raren Häringe unter dem Einkaufspreise verkaufte. Er erwiderte darauf: „De Menge mutt et maaken.“ Ich hätte Sie wohl über einige künftige Geschäfte zu Rate zu ziehen; ich will aber jetzt meine Danksagungen nicht aufschieben.
Ganz der Ihrige
A. W. v. Schlegel
Bonn, d. 1. Februar 1844.