• Friedrich von Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Wien · Place of Destination: Bonn · Date: 26.04.1823
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich von Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Wien
  • Place of Destination: Bonn
  • Date: 26.04.1823
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Bd. 30. Dritte Abteilung: Briefe von und an Friedrich und Dorothea Schlegel. Die Epoche der Zeitschrift Concordia (6. November 1818 ‒ Mai 1823). Mit Einleitung und Kommentar hg. v. Eugène Susini. Paderborn 1980, S. 412‒416.
  • Incipit: „[1] Wien, den 26ten April 1823.
    Geliebter Bruder!
    Das Werk über die Troubadours, so wie auch 1 Ex.[emplar] von Dombrowskyʼs slavischer Grammatik, welches [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-1a-34288
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.24.d,Nr.232
  • Number of Pages: 8S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 19,7 x 11,8 cm
    Language
  • German
[1] Wien, den 26ten April 1823.
Geliebter Bruder!
Das Werk über die Troubadours, so wie auch 1 Ex.[emplar] von Dombrowskyʼs slavischer Grammatik, welches der Verf.[asser] mir für Dich zugeschickt hatte, ist zugleich mit dem Vten Bande meiner Werke vor zwey Monathen an den Buchhändler Marcus in Bonn abgegangen, und hoffe ich, daß nun endlich <alles>, auch nebst den ersten vier Bänden meiner Werke, auf SchreibPap.[ier] richtig angekommen seyn wird; und bitte Dich, bey ihm desfalls anzufordern. Du wirst auf dem nämlichen Wege unverzüglich auch noch 3 Bände erhalten; der VIte ist die vorige Woche fertig geworden, und soll eben versendet werden, der VIIte und VIIIte waren schon lange im voraus gedruckt. Es ist eine leidige Sache für solche Sendungen durch Buchhändler, bey einer so weiten Entfernung. Ich bin ordentlich erschrocken, da ich durch unsre Schwester in Paris hörte, daß Du das Ex.[emplar] nicht erhalten hättest; und ich darf Dir wohl kaum erst sagen, daß nichts als eine Buchhändler Confusion daran Schuld <war>. Er hatte das Ex.[emplar] an einen andern Buchhändler <in Bonn> Nahmens Bruck geschickt; weil er aber versäumt hatte, ihm dabey zu schreiben oder der Avisbrief nicht zur rechten Zeit angekommen war, glaubte jener, es sey ihm auf Commißion geschickt und hat es remittirt. Ich hoffe, es wird nun alles in Ordnung seyn, und werde [2] Dir auch Dein Ex.[emplar] vom Tauler, sobald für ein so schweres Volumen eine schickliche Gelegenheit ist, auf dem nämlichen Wege senden.– Du kannst wohl denken, daß mir diese acht Bände Arbeit genug gemacht <haben>; und ich hoffe, Du wirst mit dem Fleiß, nicht bloß in den zahlreichen Vermehrungen und Zusätzen, sondern auch in der gänzlichen Umarbeitung in diesen ersten 6. Bänden zufrieden seyn. Diesen Winter habe ich unbeschreiblich gearbeitet, und es ist mir auch über die Maaßen gelungen, obwohl meine Gesundheit mit unter leidend war und auch noch manche andre Arbeiten unerwartet dazwischen kamen. Auch die Signatur des Zeitalters habe ich jetzt fertig geschrieben; so weit nämlich, als es sich jetzt führen läßt.– So hatte ich wohl gehofft, daß diese ersten Bände meiner Arbeit für einen Brief bey Dir gelten würden; obwohl ich meine Versäumniß damit gar nicht rechtfertigen will. Du kennst ja meine Langsamkeit, oder <eigentlich> Unfähigkeit zum öftern Briefschreiben; und so hatte ich auf Deine brüderliche Nachsicht und Freundschaft <hierin etwas viel> gerechnet. Ich will es nun schon wieder einbringen, da ich jetzt nach Vollendung der <ersten> acht Bände doch einigermaßen über den Berg bin, und das allerschwierigste, nämlich den Anfang überstanden habe.– Ich habe oft ein großes Verlangen, Dich wiederzusehen, und die glücklichen [3] Tage des Beysammenseyns in dem letzten Sommer 18. zu erneuern. Du weißt schon, wie es mir zu gehen pflegt, daß ich nach einigen Jahren der Trennung <mehrentheils> durch den Strom des <innern> Lebens und Denkens in eine ganz neue Welt gezogen werde, wovon es dann unmöglich ist, in einem Briefe, ohne persönliches Wiedersehn, sich mitzutheilen. Dieses ist jetzt mehr als jemals der Fall gewesen, so daß ich kaum wüßte, wo ich anfangen und aufhören sollte, von allen neu gewonnenen Ansichten und Studien zu erzählen, wenn es mir so gut würde, mich einmal mit Dir und Windischmann aussprechen zu können.– Deinen Brief aus Paris habe ich nie erhalten.– So sehr ich aber auch wegen meines langen Stillschweigens, in diesem mühseeligen, arbeitbelasteten und sehr leidenvollen Zeitraume, auf Deine Nachsicht rechnen muß; so hättest Du doch in keinem Fall solche Folgerungen daraus ziehen sollen, da Du die Gesinnungen gewiß kennst, die uns <in> unzertrennlicher Freundschaft verbinden. Es ist auch gar nichts vorhanden, was irgend eine Störung darin machen könnte; denn wenn ich auch die Trennung von Dir in manchen der wichtigsten Dinge des innerlichen Lebens <für mich nicht anders als> schmerzlich empfinden <kann>, so wirst Du mir doch das Zeugniß nicht versagen, daß ich mich jeder Aeußerung oder unzarten Berühung darüber <allezeit> enthalten habe.– Unglaublich haben mich Deine Indischen Arbeiten gefreut, so daß für mich immer ein [4] wahrer Festtag war, wenn ein Heft davon angekommen. Daß W.[ilhelm] Humb.[oldt] Dir auch Beyträge liefert, mag schon recht seyn, obwohl ich nicht begreife, was grade Er mit dem Indischen anstellen will; fürs erste aber ist mir unlieb, daß nun <auch> so viel weniger von Dir selbst in dem nächsten Heft seyn wird. Das einzige möchte ich bitten, daß Du doch nur einmal statt des leichtflüchtigen Hexameter den ehrwürdigen indischen Schlokas versuchen möchtest. Du würdest ihn nachher gewiß nie wieder verlassen; denn so schön das Wettrennen der Rosse seyn mag, so ist es doch nicht zu vergleichen mit dem mächtigen Gange des Elephanten.– Du hast mich früher einmal aufgefordert zu Mitarbeiten; allmählig gelangen wohl einige von den neuern SamskritHülfsmitteln nach und nach auch zu uns, aber nun ist mir wieder die Zeit durch die eignen Arbeiten sehr beschränkt. Was ich Dir früher hätte anbieten können, wäre ein Aufsatz über den Dessatir <in Beziehung auf indische Philosophie>, den ich damals, als ich ihn erhielt, mit großem Interesse oft durchgelesen habe, aber ich mußte doch erst wissen, wie Du darüber denkst.– Noch habe ich manche Ideen zu einer Abhandlung ,über die siderische Spracheʻ, und deren zwey Gattungen oder Dialekte, als Grundlage der ältesten Offenbarungssprache und Mythologie; aber diese Arbeit zu vollenden, würde einige Muße erfordern. Sage mir doch bey dieser Gelegenheit, wenn Du es anders weißt, ob mein Werk über Indien ganz ins Französische übersetzt, oder ob nur ein Extrait davon vorhanden ist. Mir scheint ich fand es bey Ballanche oder Bonald auf eine [5] Art angeführt, die mich glauben macht, daß es ganz übersetzt ist; in diesem Falle wäre ich sehr begierig, diese Uebersetzung zu sehen. In einem von diesen beyden Schriftstellern fand ich auch eine Meynung von Fabre dʼOlivet, als Sprachtheoretiker, citirt, die mir sehr aufgefallen ist; daß nämlich die Schrift ÄLTER sey als die Sprache; und von der ich mehr zu wißen wünschte. Kannst Du mir vielleicht etwas näheres darüber sagen? – Ich werde mich bey der neuen Bearbeitung des frühern Versuchs ganz vorzüglich auf die Philosophie beschränken. Deine Erinnerung wegen des nicht pantheist.[ischen] Charakters der Vedanta im Bhagav.[at]-g.[ita] werde ich sorgfältigst in Erwägung ziehen. Ueberhaupt will ich so viel Fleiß an die neue Bearbeitung wenden, als nur irgend möglich ist, und werde mir auch Deinen Rath über viele Punkte erbitten, und Deine erweiterten Erhellungen überall benutzen. Ich werde späterhin noch manche Anfragen an Dich thun; jetzt bin ich noch mit dem 9ten und 10ten Bande beschäftigt, an denen schon gedruckt wird, die mir aber so viel Aufenthalt nicht machen werden, da diese Bände noch Poesie und Litteratur enthalten. Im 11ten Bande folgt alsdann das indische Werk, für dessen neue Bearbeitung ich mir mehr Zeit lassen werde. Ich bitte Dich nun vor allen Dingen um Dein Urtheil über den großen Zusatz von der indischen Philosophie im 1ten Teil der Geschichte der Litteratur; einen andern über das alte Testament und mehreres Zerstreute nicht zu er[6]wähnen. Jetzt wäre es dringend nothwendig, daß Anzeigen von dieser Sammlung meiner Werke erschienen; wenn Du irgend dazu beytragen kannst, dieß zu bewirken, so wirst Du mir eine große Freundschaft erweisen. Es ist ein großes Unternehmen, auch für den Buchhändler, und die Zeit im Ganzen merkantilisch genommen, für ernsthafte und größere Unternehmungen nicht recht günstig. Von den 6 ersten Bänden glaube ich könnte Creuzer, sehr gut eine Anzeige machen, was ich sehr wünschte. Wenn Windischmann mit den zwey ersten Bänden gedient ist, so werde ich trachten, sie ihm zu schicken. Von diesen könnte er wohl auch eine Anzeige machen; nach den Bänden mit den Griechischen und andern Kunstsachen wird er ohnehin nicht so viel fragen. Desto mehr rechne ich auf sein Intresse für die philosophischen Bände in der Folge. Leider bin ich nur mit dem Verschenken sehr genirt, da der Buchhändler bis jetzt die Bände nicht trennen will, und das Ganze gleich kostspielig ist, da ich nicht viele Ex.[emplare] habe und schon mehrere kaufen muß.
Was meine äußere Lage betrift, so ist vor anderthalb Jahren die erste Bibliothekarstelle hier (die ehedem Joh.[annes] Müller bekleidet) vacant geworden; und ich habe mit den besten und höchsten Empfehlungen unterstützt darum angehalten; aber bis jetzt ist die Stelle noch nicht wieder besetzt. Ich wünsche eigentlich auch nichts, als meine Schulden bezahlen zu können, und in Frieden der Zukunft zu leben. Dazu ist denn auch jenes Werk, wenn es ein rechtes Gelingen gewinnt, die beste Grundlage. Bis jetzt aber [7] ist der Ertrag noch größtentheils rückwärts verwendet worden, um die große Schuld bey Cotta zu tilgen, der wie Du weißt, früher das Unternehmen auf sich genommen und mir damals von Frankfurt aus zur Ordnung verholfen hatte. Diese Schuld muß ich nun vor allen andern berichtigen, größtentheils ist sie es auch schon. Bis dahin aber, daß auch das letzte 1/3 abgetragen ist, das etwa gegen Ende dieses Jahrs der Fall seyn wird, muß ich auch Dich bitten, noch Geduld zu haben.–
Ich habe sehr lachen müssen über Deine Schilderung von Eckstein, die ich mir ziemlich lebhaft habe denken können. Ich kannte ihn aus früherer Zeit, wo er hier war, ehe er mit den andren jungen Leuten zum Lützowschen Corps ging; vor zwey Jahren schrieb ich ihm einmal, um Correspondenzartikel die man von ihm zu haben wünschte, und die er wohl in der Lage gewesen wäre, geben zu können; doch ist weder sein Ton zusagend noch sein Urtheil hinreichend begründet, da er nur immer in einer flatterhaften halben Genialität, die nun auch zu verschwinden anfängt, herumdämmert.
Von der Nichte höre ich die günstigsten Nachrichten aus Paris und freue mich sehr, daß Du so gut für sie gesorgt und sie dort <auf die beste Art> eingeführt hast.– Meine Frau leidet abwechselnd an ihrer Gesundheit, und wir leben so ziemlich einförmig weiter in der Welt fort. Von Sophieen erwähnst Du gar nichts mehr? – Ich freue mich, daß Du so thätig bist und auch durch Deine Gesundheit nicht daran gehindert wirst. Ich [8] hoffe, recht bald viel Erfreuliches und Belehrendes von Dir zu hören.– An Wind.[ischmann] habe ich auch geschrieben und bitte ihn herzlich von mir zu grüßen, und zu fragen, ob er meinen Brief erhalten hat. Sag ihm noch, daß auch unser Freund Coudenhove ihn herzlich grüßen läßt. Derselbe geht Anfang Juni oder Ende May nach Karlsbad.– Mit den besten Wünschen für Deine Gesundheit
Dein Dich liebender Bruder Friedrich S.
[1] Wien, den 26ten April 1823.
Geliebter Bruder!
Das Werk über die Troubadours, so wie auch 1 Ex.[emplar] von Dombrowskyʼs slavischer Grammatik, welches der Verf.[asser] mir für Dich zugeschickt hatte, ist zugleich mit dem Vten Bande meiner Werke vor zwey Monathen an den Buchhändler Marcus in Bonn abgegangen, und hoffe ich, daß nun endlich <alles>, auch nebst den ersten vier Bänden meiner Werke, auf SchreibPap.[ier] richtig angekommen seyn wird; und bitte Dich, bey ihm desfalls anzufordern. Du wirst auf dem nämlichen Wege unverzüglich auch noch 3 Bände erhalten; der VIte ist die vorige Woche fertig geworden, und soll eben versendet werden, der VIIte und VIIIte waren schon lange im voraus gedruckt. Es ist eine leidige Sache für solche Sendungen durch Buchhändler, bey einer so weiten Entfernung. Ich bin ordentlich erschrocken, da ich durch unsre Schwester in Paris hörte, daß Du das Ex.[emplar] nicht erhalten hättest; und ich darf Dir wohl kaum erst sagen, daß nichts als eine Buchhändler Confusion daran Schuld <war>. Er hatte das Ex.[emplar] an einen andern Buchhändler <in Bonn> Nahmens Bruck geschickt; weil er aber versäumt hatte, ihm dabey zu schreiben oder der Avisbrief nicht zur rechten Zeit angekommen war, glaubte jener, es sey ihm auf Commißion geschickt und hat es remittirt. Ich hoffe, es wird nun alles in Ordnung seyn, und werde [2] Dir auch Dein Ex.[emplar] vom Tauler, sobald für ein so schweres Volumen eine schickliche Gelegenheit ist, auf dem nämlichen Wege senden.– Du kannst wohl denken, daß mir diese acht Bände Arbeit genug gemacht <haben>; und ich hoffe, Du wirst mit dem Fleiß, nicht bloß in den zahlreichen Vermehrungen und Zusätzen, sondern auch in der gänzlichen Umarbeitung in diesen ersten 6. Bänden zufrieden seyn. Diesen Winter habe ich unbeschreiblich gearbeitet, und es ist mir auch über die Maaßen gelungen, obwohl meine Gesundheit mit unter leidend war und auch noch manche andre Arbeiten unerwartet dazwischen kamen. Auch die Signatur des Zeitalters habe ich jetzt fertig geschrieben; so weit nämlich, als es sich jetzt führen läßt.– So hatte ich wohl gehofft, daß diese ersten Bände meiner Arbeit für einen Brief bey Dir gelten würden; obwohl ich meine Versäumniß damit gar nicht rechtfertigen will. Du kennst ja meine Langsamkeit, oder <eigentlich> Unfähigkeit zum öftern Briefschreiben; und so hatte ich auf Deine brüderliche Nachsicht und Freundschaft <hierin etwas viel> gerechnet. Ich will es nun schon wieder einbringen, da ich jetzt nach Vollendung der <ersten> acht Bände doch einigermaßen über den Berg bin, und das allerschwierigste, nämlich den Anfang überstanden habe.– Ich habe oft ein großes Verlangen, Dich wiederzusehen, und die glücklichen [3] Tage des Beysammenseyns in dem letzten Sommer 18. zu erneuern. Du weißt schon, wie es mir zu gehen pflegt, daß ich nach einigen Jahren der Trennung <mehrentheils> durch den Strom des <innern> Lebens und Denkens in eine ganz neue Welt gezogen werde, wovon es dann unmöglich ist, in einem Briefe, ohne persönliches Wiedersehn, sich mitzutheilen. Dieses ist jetzt mehr als jemals der Fall gewesen, so daß ich kaum wüßte, wo ich anfangen und aufhören sollte, von allen neu gewonnenen Ansichten und Studien zu erzählen, wenn es mir so gut würde, mich einmal mit Dir und Windischmann aussprechen zu können.– Deinen Brief aus Paris habe ich nie erhalten.– So sehr ich aber auch wegen meines langen Stillschweigens, in diesem mühseeligen, arbeitbelasteten und sehr leidenvollen Zeitraume, auf Deine Nachsicht rechnen muß; so hättest Du doch in keinem Fall solche Folgerungen daraus ziehen sollen, da Du die Gesinnungen gewiß kennst, die uns <in> unzertrennlicher Freundschaft verbinden. Es ist auch gar nichts vorhanden, was irgend eine Störung darin machen könnte; denn wenn ich auch die Trennung von Dir in manchen der wichtigsten Dinge des innerlichen Lebens <für mich nicht anders als> schmerzlich empfinden <kann>, so wirst Du mir doch das Zeugniß nicht versagen, daß ich mich jeder Aeußerung oder unzarten Berühung darüber <allezeit> enthalten habe.– Unglaublich haben mich Deine Indischen Arbeiten gefreut, so daß für mich immer ein [4] wahrer Festtag war, wenn ein Heft davon angekommen. Daß W.[ilhelm] Humb.[oldt] Dir auch Beyträge liefert, mag schon recht seyn, obwohl ich nicht begreife, was grade Er mit dem Indischen anstellen will; fürs erste aber ist mir unlieb, daß nun <auch> so viel weniger von Dir selbst in dem nächsten Heft seyn wird. Das einzige möchte ich bitten, daß Du doch nur einmal statt des leichtflüchtigen Hexameter den ehrwürdigen indischen Schlokas versuchen möchtest. Du würdest ihn nachher gewiß nie wieder verlassen; denn so schön das Wettrennen der Rosse seyn mag, so ist es doch nicht zu vergleichen mit dem mächtigen Gange des Elephanten.– Du hast mich früher einmal aufgefordert zu Mitarbeiten; allmählig gelangen wohl einige von den neuern SamskritHülfsmitteln nach und nach auch zu uns, aber nun ist mir wieder die Zeit durch die eignen Arbeiten sehr beschränkt. Was ich Dir früher hätte anbieten können, wäre ein Aufsatz über den Dessatir <in Beziehung auf indische Philosophie>, den ich damals, als ich ihn erhielt, mit großem Interesse oft durchgelesen habe, aber ich mußte doch erst wissen, wie Du darüber denkst.– Noch habe ich manche Ideen zu einer Abhandlung ,über die siderische Spracheʻ, und deren zwey Gattungen oder Dialekte, als Grundlage der ältesten Offenbarungssprache und Mythologie; aber diese Arbeit zu vollenden, würde einige Muße erfordern. Sage mir doch bey dieser Gelegenheit, wenn Du es anders weißt, ob mein Werk über Indien ganz ins Französische übersetzt, oder ob nur ein Extrait davon vorhanden ist. Mir scheint ich fand es bey Ballanche oder Bonald auf eine [5] Art angeführt, die mich glauben macht, daß es ganz übersetzt ist; in diesem Falle wäre ich sehr begierig, diese Uebersetzung zu sehen. In einem von diesen beyden Schriftstellern fand ich auch eine Meynung von Fabre dʼOlivet, als Sprachtheoretiker, citirt, die mir sehr aufgefallen ist; daß nämlich die Schrift ÄLTER sey als die Sprache; und von der ich mehr zu wißen wünschte. Kannst Du mir vielleicht etwas näheres darüber sagen? – Ich werde mich bey der neuen Bearbeitung des frühern Versuchs ganz vorzüglich auf die Philosophie beschränken. Deine Erinnerung wegen des nicht pantheist.[ischen] Charakters der Vedanta im Bhagav.[at]-g.[ita] werde ich sorgfältigst in Erwägung ziehen. Ueberhaupt will ich so viel Fleiß an die neue Bearbeitung wenden, als nur irgend möglich ist, und werde mir auch Deinen Rath über viele Punkte erbitten, und Deine erweiterten Erhellungen überall benutzen. Ich werde späterhin noch manche Anfragen an Dich thun; jetzt bin ich noch mit dem 9ten und 10ten Bande beschäftigt, an denen schon gedruckt wird, die mir aber so viel Aufenthalt nicht machen werden, da diese Bände noch Poesie und Litteratur enthalten. Im 11ten Bande folgt alsdann das indische Werk, für dessen neue Bearbeitung ich mir mehr Zeit lassen werde. Ich bitte Dich nun vor allen Dingen um Dein Urtheil über den großen Zusatz von der indischen Philosophie im 1ten Teil der Geschichte der Litteratur; einen andern über das alte Testament und mehreres Zerstreute nicht zu er[6]wähnen. Jetzt wäre es dringend nothwendig, daß Anzeigen von dieser Sammlung meiner Werke erschienen; wenn Du irgend dazu beytragen kannst, dieß zu bewirken, so wirst Du mir eine große Freundschaft erweisen. Es ist ein großes Unternehmen, auch für den Buchhändler, und die Zeit im Ganzen merkantilisch genommen, für ernsthafte und größere Unternehmungen nicht recht günstig. Von den 6 ersten Bänden glaube ich könnte Creuzer, sehr gut eine Anzeige machen, was ich sehr wünschte. Wenn Windischmann mit den zwey ersten Bänden gedient ist, so werde ich trachten, sie ihm zu schicken. Von diesen könnte er wohl auch eine Anzeige machen; nach den Bänden mit den Griechischen und andern Kunstsachen wird er ohnehin nicht so viel fragen. Desto mehr rechne ich auf sein Intresse für die philosophischen Bände in der Folge. Leider bin ich nur mit dem Verschenken sehr genirt, da der Buchhändler bis jetzt die Bände nicht trennen will, und das Ganze gleich kostspielig ist, da ich nicht viele Ex.[emplare] habe und schon mehrere kaufen muß.
Was meine äußere Lage betrift, so ist vor anderthalb Jahren die erste Bibliothekarstelle hier (die ehedem Joh.[annes] Müller bekleidet) vacant geworden; und ich habe mit den besten und höchsten Empfehlungen unterstützt darum angehalten; aber bis jetzt ist die Stelle noch nicht wieder besetzt. Ich wünsche eigentlich auch nichts, als meine Schulden bezahlen zu können, und in Frieden der Zukunft zu leben. Dazu ist denn auch jenes Werk, wenn es ein rechtes Gelingen gewinnt, die beste Grundlage. Bis jetzt aber [7] ist der Ertrag noch größtentheils rückwärts verwendet worden, um die große Schuld bey Cotta zu tilgen, der wie Du weißt, früher das Unternehmen auf sich genommen und mir damals von Frankfurt aus zur Ordnung verholfen hatte. Diese Schuld muß ich nun vor allen andern berichtigen, größtentheils ist sie es auch schon. Bis dahin aber, daß auch das letzte 1/3 abgetragen ist, das etwa gegen Ende dieses Jahrs der Fall seyn wird, muß ich auch Dich bitten, noch Geduld zu haben.–
Ich habe sehr lachen müssen über Deine Schilderung von Eckstein, die ich mir ziemlich lebhaft habe denken können. Ich kannte ihn aus früherer Zeit, wo er hier war, ehe er mit den andren jungen Leuten zum Lützowschen Corps ging; vor zwey Jahren schrieb ich ihm einmal, um Correspondenzartikel die man von ihm zu haben wünschte, und die er wohl in der Lage gewesen wäre, geben zu können; doch ist weder sein Ton zusagend noch sein Urtheil hinreichend begründet, da er nur immer in einer flatterhaften halben Genialität, die nun auch zu verschwinden anfängt, herumdämmert.
Von der Nichte höre ich die günstigsten Nachrichten aus Paris und freue mich sehr, daß Du so gut für sie gesorgt und sie dort <auf die beste Art> eingeführt hast.– Meine Frau leidet abwechselnd an ihrer Gesundheit, und wir leben so ziemlich einförmig weiter in der Welt fort. Von Sophieen erwähnst Du gar nichts mehr? – Ich freue mich, daß Du so thätig bist und auch durch Deine Gesundheit nicht daran gehindert wirst. Ich [8] hoffe, recht bald viel Erfreuliches und Belehrendes von Dir zu hören.– An Wind.[ischmann] habe ich auch geschrieben und bitte ihn herzlich von mir zu grüßen, und zu fragen, ob er meinen Brief erhalten hat. Sag ihm noch, daß auch unser Freund Coudenhove ihn herzlich grüßen läßt. Derselbe geht Anfang Juni oder Ende May nach Karlsbad.– Mit den besten Wünschen für Deine Gesundheit
Dein Dich liebender Bruder Friedrich S.
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