Geliebtester Freund!
Ich sende Ihnen hiebey einen Brief von einem Hrn. Martini, der mir durch Alexander von Humboldt als ein Arzt von sehr ausgezeichneten Kenntnissen empfohlen worden ist. Er wünscht im Frühlinge in Bonn zu promoviren, um nachher in seinem Vaterlande, dem Preußisch gewordnen Sachsen, zu practiciren. Er ist unbegütert, und sein Gesuch geht dahin, daß ihm die Kosten von der Facultät möglichst erlassen werden möchten. Ich bitte Sie, sich für ihn zu verwenden, mit Ihren Collegen zu sprechen, und ihn durch mich baldigst wissen zu lassen, was er zu hoffen hat. Er versichert, über seine hiesigen Studien die besten Zeugnisse beibringen zu können; er ist ein bescheidner stiller Mann, und wie mir scheint, sehr kränklich, er verdient also um so mehr, daß man ihm unter die Arme greife.
Mich verlangt sehr, gute Nachrichten von Ihnen und den Ihrigen zu hören, ich habe Ihnen schon vor mehreren Wochen geschrieben. Ich arbeite fleißig fort, doch bin ich durch den übeln Zustand meiner Augen, die fast immer in Thränen schwimmen, einigermaßen darin gestört, und lebhaft [2] beunruhigt worden. Ich schrieb an Hrn. von Walther, aber ehe ich eine Antwort von ihm erhalte, können 14 Tage vergehen, und vielleicht läßt sich aus der Ferne, ohne das Organ zu beobachten, kein sicherer Rath ertheilen. Ich habe mich daher an einen erfahrnen Oculisten gewendet, an den berühmten Baron Wenzel, um nur die Schrecknisse der Einbildungskraft los zu werden. Diese Wirkung habe ich denn in der That fürs erste gewonnen, und das ist schon viel. Ich hoffe es soll nun besser gehen, nächstens das weitere.
Von Colebrooke habe ich einen sehr belehrenden und ausführlichen Brief. Ich werde dieses für mich so fruchtbare Verhältniß bestens zu cultiviren suchen. Meine typographischen Versuche gehen vorwärts und haben sich sehr vervollkommt. Ich warte immer auf eine Antwort aus Berlin. Von Friedrich keine Sylbe. Ich werde ihn nächstens durch ein Novum specimen typographiae Indicae überraschen. Die Bengali-Schrift habe ich nun auch zu lesen angefangen, und es geht besser damit als ich dachte. lndessen bleibt es immer eine verwünschte Kritzeley, mit dem herrlichen Dévanágari verglichen.
[3] Geben Sie mir doch Nachricht von Rombergs. Ich sehe hier zuweilen ihren Oheim, den Grafen Belderbusch. Es thut mir leid, daß Sie von Ihrer Hausmiethe so wenig Genuß gehabt haben, allein es ist nicht meine Schuld. Ich werde schwerlich früher als gegen Ende Aprils in Bonn eintreffen und dieß mögen sie gern benutzen.
Meine herzlichsten Wünsche, theuerster Freund, für Ihr dauerhaftes Wohlbefinden und Ihre Zufriedenheit, und die besten Grüße an Ihre liebe Frau und alle die Ihrigen. Wie werde ich mich freuen, einmal wieder in Ihrem Kreise zu seyn!
Unveränderlich Ihr
A. W. v. Schlegel
Wenn Sie etwas von der Gesundheit des verehrten Grafen zu Solms-Laubach wissen, so melden Sie es mir doch.
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