1841.
Mein geliebtester Oheim!
heute vor 10 Tagen in unsern friedlichen Bergen angelangt und nun ganz wieder von allen Reisestrpatzen ausgeruht, komme ich endlich dazu Dir den fernern Verlauf unserer Reise mitzutheilen, und vor allen Dingen zu fragen wie es mit Deiner theuren Gesundheit steht? Es ist beinahe keine Stunde vergangen wo ich nicht mit innigster Dankbarkeit an dich gedacht hätte, jetzt um so mehr wo ich durch nichts gesto zerstreut werde lebe ich die schönen Stunden der Vergangenheit wieder recht durch, und erinnere mich mit wahrer Freude deiner geistreichen Gespräche! auch habe ich deinen lieben Brief von Berlin hier vorgefunden, der wenn auch alt, mir dennoch sehr werth und theuer ist. – Von Frankfurt bis Erfurt fuhren wir mit dem Eilwagen wo wir im Cabriolet recht bequeme und schöne Sitze hatten, das Wetter war so freundlich, die Nacht so hell und warm, daß wir fast immer die Fenster offen ließen. In Erfurt wo der Wagen gewegselt wird (und wo wir unsere Cabriolet Plätze verloren hätten) wollte ich eine Nacht bleiben um auszuruhen, aber leider war das Nest so voll daß wir in der Nacht aus einem Wirtshaus in’s andere wandern mußten um ein Unterkommen zu finden, was dann noch unter aller Kritik war. Das Lager was man ein Bett nannte war schauderhaft, und mit schmerzlicher Sehnsucht dachten wir an Deine schönen Betten zurück! wenig gestärkt durch diese schlechte Nachtruhe, machten wir uns bei Zeiten auf um noch die Stadt und namentlich den Dom anzusehen, der mich durch seine Schönheit überraschte. Von Erfurt fuhren wir Mittag’s mit einen Lohnkutscher ab den ich ganz für uns allein um den mäßigen Preis von 10 r. bis Leipzig bedrungen hatte. So leierten wir denn fort, bis wir [2] den andern Abend bei Regen und Dunkelheit in Leipzig ankamen, und wegen der Meße abermal kein Unterkomm[en] finden konnten, so daß wir in ein privat Quartier aus gefälligkeit noch untergebracht wurden, wo wir auch wie ausgesetzte Katzen waren, und ebenfalls erbärmliche Betten hatten.
Wir blieben einen Tag in Leipzig um die Ausstellung zu sehen, und einige Geschäfte abzumachen. Die Austellung war recht reichhaltig, und bedeutent beßer als die Düßeldorfer, von der die meisten Bilder auch in Leipzig waren, und nicht zu den erfreulichsten Erscheinungen gehörten. Mit Leidwesen mache ich über haupt die Bemerkung, daß Düßeldorf in seinen Leistung[en] nicht mehr das ist was es war, und namentlich die Künstler zweiten Ranges, die so viel versprachen, ganz ins Manierirte verfallen sind, und deren jetzige Arbeiten nicht mit den frühern zu vergleichen sind. In Dresden fand ich die Lithographie nach Dorotheens Bild von mir fertig, aber nicht zu meiner Befriedigung sie sieht darin ganz verweint aus, so kläglich und trübselig, was ihrem Karackter ganz fremd war, und ich ärgere mich daß mein Name drunter steht; ich habe aber immer das Schicksal daß Kupferstiche und Lithographien nach meinen Bildern schlecht ausfallen, wie es auch mit Friedrichs Bilde der Fall war. – Mit diesem Übel hat doch der Schriftsteller nicht zu kämpfen, das Wort bleibt doch daßelbe, und wird im Drucke nicht verändert. – Ich werde nun bald wieder anfangen zu arbeiten, und mache mir schon allerhand Pläne dazu, nur fehlt es mir immer an Muth etwas größeres zu unternehmen, da ich in Dresden zu wenig Aufmunterung dazu erhalte. Ich werde wohl die Winter Monate wieder in Dresden bleiben, da mir die Lust zu weiten Reisen für den Winter vergangen ist, in Leipzig könnte ich jedoch im Novemb[er] einige Wochen zu bringen, da ich Außicht zu mehreren Portraits dort habe. – Wir haben unsere Rückreise recht vor Thorschluß beendigt, da es jetzt sehr rauh und regnerisch ist, und wir nicht warme Kleidung genug gehabt hätten, um der bösen Witterung trotz zu biethen. – Wenn Du die Familie Flotho siest (deren Bekanntschaft zu den liebsten gehört [3] die ich seit langer Zeit gemacht habe), so grüße sie doch alle recht angelegentlich und herzlich von mir, so wie ich dich auch bitte deine gute Marie, und deine übrigen vortreflichen Leute, ebenfalls von mir recht herzlich zu grüßen. –
Nun geliebtester Oheim gehab dich wohl, Anfang November verlaße ich Tetschen, aber da ich bis jetzt noch keine Wohnung in Dresden habe, und auch nicht weiß ob ich vielleicht erst nach Leipzig gehe, so ist einstweilen meine Adreße in Dresden „bei der Frau Gräfin zu Dohna, im Calberlaʼschen Hause an der Elbe zu erfragen“ die mir gern die Briefe besorgen. – Noch Tausend und Tausend innigen Dank für alles, und die besten Wünsche für deine Gesundheit von deiner Dir mit treuer Liebe ergebenen Nichte
Augusta Buttlar
Theuerster Großoheim!
Da mir immer das Geschäft des Briefzumachens obliegt, so kann ich mich nicht enthalten auch ein paar Wörtchen darunter zu schreiben, um mich auch in Erinnerung zu bringen, um Ihnen zu sagen, daß noch eine zweite Verehrerin von Ihnen in Tetschen lebt, welche immer von Ihnen schwärmt, und entzückt ist, von allʼ dem Schönen, das sie bei Ihnen gehört, gesehen und genoßen hat. Wenn Sie Fräulein Flotho sehen, so bitte ich mich ihr aufs Herzlichste zu empfehlen. Ihnen, theuerster Großoheim mit der innigsten Verehrung die Hand küssend, bleibe
Ihre
dankbar ergebenes
Niftel
Marianne v. Buttlar
[4] [leer]