1810.
Ob dieser Brief Sie meinen verehrten Freund noch in Europa ereilen wird, steth dahin; ich riskire ihn, mit der Bitte, mir, wo es nicht schon unwiederuflich versagt ist, das neueste Werk der Frau von Stael zum Uebersetzen zukommen zu lassen. Ich hoffe ich bin dessen nicht unwer[th] auch in Hinsicht, daß es mir für so manche andre Verzögrung des edlen Brüder Paares, einigen Schaden Ersatz gäbe. Den Preiß für diese Gefälligkeit, mögen Sie selbst bestimmen. Durch den Beitritt eines reichen vielvermögenden Freundes, hoffe ich bald im Stande zu neuen Unternehmungen zu sein. Die öffentliche Blätter haben oft und viel wiedersprechendes von und über Fr: v Stael und ihrem merkwürdigem Buche gesagt; welches leztere ich eigentlich für Schlegels Geist der die Gestalt dieser geistreichen Dame anzunehmen würdigt, halte. Aus dieser Gewährung oder Nichtgewährung werde ich abnehmen, ob Sie Verehrter einen Teil der für Unger gehegten Freundschaft auf dessen Wittwe übertragen haben! Für eine gute Uebersetzung und correkten Druck werde ich möglichst sorgen, daß Nichts dem hohen Geiste nicht entsprechendes unterlaufe. Sie wissen wie ich die Verfasserin und den welchen Sie, (oder er Sie repräsentirt) verehre: Deutschland ist gegenwärtig in der That arm, an edler Geistesfrucht: [2] wir werden ja nun sehen, ob die neue in Berlin gestiftete pepiniere etwas Großes wird gedeyen machen. Ihre Schriften & Briefe so viel deren mir abgeliefert sind, habe ich nach Ihrer Anweisung, an Ihren Hhn Bruder nach Hannover spedirt. Die erste Abtheilung des 9. Bandes vom Schakespear habe ich gegenwärtig unter der Presse. Der großen Dürre wegen, standen fast alle Papiermühlen still; und eben war mir die Gattung auf welche der Shakespear gedrükt wird, ausgegangen: das hat die Verzögrung der Erscheinung veranlaßt: möchte ich bald bald, die zweite Abtheilung auftreten zu lassen im stande gesezt werden? Von Fr: Schlegel an den ich schrieb, erhalte ich keine Antwort: Tieck ist wieder im Lande bei v: Burgsdorf. O des ambulanten Geschlechtes!
Die lezte Leipziger Messe hat nichts Ausgezeichnetes geliefert. Der Krieg, und dessen Folgen haben bei meinen Landsleuten vollends alle Lustigkeit verbannt, und man kann sagen, das Lachen sei theuer geworden. Kotzebue bekozt die Bühne, mit elenden Possen, einen Rochus Pumpernickel ist eine gemeine Bearbeitung des Molierischen Pourceaugnac. Sein andres Pachter Feldkümmel was auch eine Fortsezzung hat: ist unter der Kritik. Die Bethmann spielt selten, sie ist eine Landwirthin geworden; ihr Mann gar nicht; er liegt verlahmt an der Gicht: mit unsrer Bühne sieth es überhaupt sehr übel aus, und die große Königsstadt, muß sich mit Anfänger in der Kunst gnügen. Ifflandt ist viel auf Reisen, und wir sind auch in dieser Hinsicht verwayset. – In diesem Augenblik vernehme ich daß Hitzig das Werk der Fr v Stael durch Sie zu erhalten glaubt. Ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie einen Ihnen fremden Mann der alten Verbindung vorziehen werden, die alle böse Tage und so viel Verluste mit übertrug. Thun Sie das nicht: ich weiß sonst was ich denken und sagen werde. Leben Sie wohl und sein freundlichst eingedenk der, die nicht aufhörte & aufhören wird zu sein, Ihre treue & wahre Freundin & Verehrerin
Unger.
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