Regierungsrath!
Ew. Hochwohlgebohren bitte ich um Erlaubniß, mich in der Angelegenheit eines meiner Schüler an Sie wenden, und Sie um Ihre gütige Fürsprache bitten zu dürfen. Herr von Bohlen hat seit einiger Zeit angefangen, das Sanskrit bei mir zu erlernen; ich wäre vom Anfange seines hiesigen Aufenthalts dazu bereit gewesen, und er hatte ebenfalls große Lust: allein seine Arbeiten in der Arabischen Litteratur haben es ihm früher unmöglich gemacht. Nach der gegenwärtigen Bestimmung sollte er nun im Herbst Bonn verlassen, um sein Lehreramt in Königsberg anzutreten. Er wünscht aber lebhaft, das Königliche Ministerium möchte ihm noch ein halbes Jahr Frist gestatten, um dieses ganz dem Sanskrit zu widmen, und hat sein Gesuch deshalb an Hrn. Geheimerath Rehfues eingereicht. Er hat in einer mäßigen Anzahl von Lectionen schon so beträchtliche Fortschritte gemacht, daß ich völlig überzeugt bin, obiger Zeitraum werde hinreichen, um ihn zur nachherigen Fortsetzung des Studiums ohne Lehrer, und in der Folge zur Ertheilung eignen Unter[2]richts im Sanskrit in den Stand zu setzen. Ich, meinerseits, würde mich auch freuen, die Sphäre eines jungen Gelehrten, der so viel redlichen Eifer, Fleiß und Sprachtalent beweist, zu erweitern; und falls sein Gesuch gewährt wird, bin ich erbötig, beträchtlich viel Zeit zu seiner Förderung zu verwenden, und ihm alle meine Hülfsmittel zum Gebrauch zu leihen, die er vielleicht nirgends in Deutschland, gewiß aber nicht in Königsberg, so beisammen finden kann. Ich finde es zweckmäßig, jungen Männern, von denen man sich viel versprechen darf, verdoppelte Bemühungen zuzuwenden, solche Schüler hingegen, die sich nur von einer flüchtigen Neugier angelockt melden, eher abzuschrecken. Ich habe Hrn. Lassen, freilich nicht ohne große Aufopferung von Zeit und Mühe, in anderthalb Jahren so weit gebracht, daß er nach anderthalb Jahren als kritischer Leser und Vergleicher von Handschriften in England auftreten konnte, was, wie ich glaube, in den kurzen Annalen der Sanskrit-Philologie ohne Beispiel ist. Für diesen Schüler werde ich auch nächstens mit einem Gesuch um die erneuerte Bewilligung seines Reise-Stipendiums einkommen müssen; einem Gesuch, das ich Ihrer wohlwollenden Förderung angelegentlich empfehle.
So eben habe ich durch die geneigte Besorgung unsers Gesandten in London drei Indische Manuscripte (darunter ein astronomisches Werk) empfangen, welche ein so eben aus Indien zurückgekehrter Engländer, Major Todd, den ich gar [3] nicht einmal persönlich kenne, mir zum Geschenk sendet. Ich besitze schon manche Indische Kunstgegenstände, und hoffe hier in Bonn noch vielerlei bisher unerwartete Merkwürdigkeiten zusammen zu bringen.
Den Orientalisten kann ich eine litterarische Neuigkeit eigner Art ankündigen: ein von einem Könige abgefaßtes Persisches Wörterbuch. Die Königliche Bibliothek in Berlin wird nächstens im Besitz desselben seyn. Mein verehrter Freund Sir Alexander Johnston schreibt mir: „The Nabob of Oude, or more correctly speaking, the King of Oude has sent to the Court of Directors eighty copies of a Persian dictionary, which he has compiled himself, and which he has caused to be printed by his own printers in his palace at Lucknow. As the Nabob has requested the Directors to distribute some of these copies to the most distinguished of the Sovereigns and Universities in Europe, the King of Prussia will receive one copy and Your University another.“
Entschuldigen Sie es bestens, daß ich Ihnen mit meinen Briefen so oft beschwerlich falle, und genehmigen Sie die Versicherung meiner ausgezeichnetsten Hochachtung.
Ew Hochwohlgebohren
gehorsamster
AWv Schlegel
Bonn d. 15ten Jun.
1824.
[4] [leer]
[1] 12394.
ganz gehorsamst vorgelegt
von
Schulze
21/6.
pre d. 22/6 24. m4
Herr GORRSchulze
1894.
F 12328/1828 Sze
noch offen
U.A. 21/6
f.a. Personal. B. No 23.