• August Wilhelm von Schlegel to Georg Andreas Reimer

  • Place of Dispatch: Bonn · Place of Destination: Berlin · Date: 16.06.1828
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Georg Andreas Reimer
  • Place of Dispatch: Bonn
  • Place of Destination: Berlin
  • Date: 16.06.1828
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 343347008
  • Bibliography: Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. Bd. 1. Zürich u.a. 1930, S. 471‒472.
  • Incipit: „[1] Bonn d. 16ten Jun. 1828
    Mein hochgeehrtester Herr und Freund!
    Ihrer Autorisation gemäß habe ich am 10ten d. M. eine Anweisung auf [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-611-37174
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XX,Bd.6,Nr.51(5)
  • Number of Pages: 3 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 21,2 x 12,8 cm
    Language
  • German
[1] Bonn d. 16ten Jun. 1828
Mein hochgeehrtester Herr und Freund!
Ihrer Autorisation gemäß habe ich am 10ten d. M. eine Anweisung auf 70 Thl. Gold, zahlbar 14 Tage a dato an die Ordre von Hrn. A. H. Wolff auf Sie ausgestellt. Da ich das Geld nicht sogleich nöthig hatte, so wollte ich den Zeitpunkt abwarten, wo Sie wieder in Berlin zurück seyn würden.
Sie haben in Ihrem Briefe vom 26sten April eine Reduction einer mir ganz liquide scheinenden Abrechnung begehrt. Da Sie sich hiezu entschließen konnten, so will ich nichts dagegen einwenden, wiewohl ich sonst dafür bin, sich genau an die Verträge zu halten, die ich meinerseits pünktlich zu erfüllen suche. Allein Sie sind ganz im Irrthum, wenn Sie glauben, es sey mir gleichgültig eine Summe nicht zu empfangen, deren Auszahlung Sie als einen nicht unerheblichen Nachtheil für sich betrachten. Ich bin genöthigt, meine Mittel sorgfältig zu Rathe zu halten, um mit Anstand zu leben und den Anfoderungen, die an mich gemacht werden, Genüge zu leisten.
Es ist überhaupt mit dem Schriftstellerwesen in Deutschland ein bettelhafter Zustand: die kleinen Auflagen, die kümmerlichen Honorare, die erbärmlichen Beurtheilungen, die Nachdrucke! Was kann es mir [2] helfen, mir einen Europäischen Ruf erworben zu haben, wenn von meinen popularsten Schriften über allgemein interessante Gegenstände kein Absatz von mehr als 1000 Exemplaren zu hoffen ist? Es gereut mich, nicht schon seit zehn Jahren alle meine Zeit und Kräfte dem Englischen zugewendet zu haben; durch eigne Original-Werke und Theilnahme an Publicum Zeitschriften. Da hätte ich doch etwas davon gehabt.
Es regnet ja ordentlich Übersetzungen des Shakspeare. Ein gründliches Urtheil läßt sich nur fällen, wenn man das Original Zeile für Zeile verglichen hat, und hiezu fand ich noch keine Muße. Ich glaube aber gern, daß alle diese Versuche recht viel gutes enthalten. Es ist mit den dichterischen Übertragungen einigermaßen wie mit dem Ey des Columbus. Ich glaube in der That, es würde Ihnen leicht fallen, nach Art der compakten Wiener Ausgabe, meinen Sh.[akspeare] mit Ergänzungen von andrer Hand vollständig zu machen. Nur müßte ich bitten, die fremden Arbeiten sorgfältig von den meinigen zu unterscheiden. Auch zu einer Revision könnte ich mich nicht verstehen: diese könnte mir leicht so viel Zeit kosten, als wenn ich das Ganze von vorn neu übersetzte, und es würde mir nicht die gleiche Befriedigung gewähren.
Der Entschluß, wieder an den Sh.[akspeare] zu gehen und ihn ganz zu vollenden, kostet mir allerdings große Überwindung; und wenn ich einmal das Versprechen gegeben [3] habe, so bin ich gebunden, und muß fortarbeiten, ich mag Lust haben oder nicht. Die vornehmste Anlockung für mich ist die Aussicht auf eine Pracht-Ausgabe, welche denn doch eine Art von Denkmal seyn würde. Senden Sie mir doch gefälligst einen Entwurf zu einem Vertrage über das ganze Geschäft, worin das Eventuelle über die zu veranstaltende Prachtausgabe nach Vollendung der wohlfeilen mit begriffen seyn müßte.
Ich hoffe, daß Sie mit allen den Ihrigen recht wohl und gesund sind, und bitte Sie, mich den Berlinischen Freunden und Bekannten bestens zu empfehlen.
Mit der ausgezeichnetsten Hochachtung
Ihr ergebenster
A. W. v. Schlegel
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[1] Bonn d. 16ten Jun. 1828
Mein hochgeehrtester Herr und Freund!
Ihrer Autorisation gemäß habe ich am 10ten d. M. eine Anweisung auf 70 Thl. Gold, zahlbar 14 Tage a dato an die Ordre von Hrn. A. H. Wolff auf Sie ausgestellt. Da ich das Geld nicht sogleich nöthig hatte, so wollte ich den Zeitpunkt abwarten, wo Sie wieder in Berlin zurück seyn würden.
Sie haben in Ihrem Briefe vom 26sten April eine Reduction einer mir ganz liquide scheinenden Abrechnung begehrt. Da Sie sich hiezu entschließen konnten, so will ich nichts dagegen einwenden, wiewohl ich sonst dafür bin, sich genau an die Verträge zu halten, die ich meinerseits pünktlich zu erfüllen suche. Allein Sie sind ganz im Irrthum, wenn Sie glauben, es sey mir gleichgültig eine Summe nicht zu empfangen, deren Auszahlung Sie als einen nicht unerheblichen Nachtheil für sich betrachten. Ich bin genöthigt, meine Mittel sorgfältig zu Rathe zu halten, um mit Anstand zu leben und den Anfoderungen, die an mich gemacht werden, Genüge zu leisten.
Es ist überhaupt mit dem Schriftstellerwesen in Deutschland ein bettelhafter Zustand: die kleinen Auflagen, die kümmerlichen Honorare, die erbärmlichen Beurtheilungen, die Nachdrucke! Was kann es mir [2] helfen, mir einen Europäischen Ruf erworben zu haben, wenn von meinen popularsten Schriften über allgemein interessante Gegenstände kein Absatz von mehr als 1000 Exemplaren zu hoffen ist? Es gereut mich, nicht schon seit zehn Jahren alle meine Zeit und Kräfte dem Englischen zugewendet zu haben; durch eigne Original-Werke und Theilnahme an Publicum Zeitschriften. Da hätte ich doch etwas davon gehabt.
Es regnet ja ordentlich Übersetzungen des Shakspeare. Ein gründliches Urtheil läßt sich nur fällen, wenn man das Original Zeile für Zeile verglichen hat, und hiezu fand ich noch keine Muße. Ich glaube aber gern, daß alle diese Versuche recht viel gutes enthalten. Es ist mit den dichterischen Übertragungen einigermaßen wie mit dem Ey des Columbus. Ich glaube in der That, es würde Ihnen leicht fallen, nach Art der compakten Wiener Ausgabe, meinen Sh.[akspeare] mit Ergänzungen von andrer Hand vollständig zu machen. Nur müßte ich bitten, die fremden Arbeiten sorgfältig von den meinigen zu unterscheiden. Auch zu einer Revision könnte ich mich nicht verstehen: diese könnte mir leicht so viel Zeit kosten, als wenn ich das Ganze von vorn neu übersetzte, und es würde mir nicht die gleiche Befriedigung gewähren.
Der Entschluß, wieder an den Sh.[akspeare] zu gehen und ihn ganz zu vollenden, kostet mir allerdings große Überwindung; und wenn ich einmal das Versprechen gegeben [3] habe, so bin ich gebunden, und muß fortarbeiten, ich mag Lust haben oder nicht. Die vornehmste Anlockung für mich ist die Aussicht auf eine Pracht-Ausgabe, welche denn doch eine Art von Denkmal seyn würde. Senden Sie mir doch gefälligst einen Entwurf zu einem Vertrage über das ganze Geschäft, worin das Eventuelle über die zu veranstaltende Prachtausgabe nach Vollendung der wohlfeilen mit begriffen seyn müßte.
Ich hoffe, daß Sie mit allen den Ihrigen recht wohl und gesund sind, und bitte Sie, mich den Berlinischen Freunden und Bekannten bestens zu empfehlen.
Mit der ausgezeichnetsten Hochachtung
Ihr ergebenster
A. W. v. Schlegel
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