• August Wilhelm von Schlegel to Anne Louise Germaine de Staël-Holstein

  • Place of Dispatch: Bern · Place of Destination: London · Date: 30.08.1814
Edition Status: Single collated printed full text without registry labelling not including a registry
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: Anne Louise Germaine de Staël-Holstein
  • Place of Dispatch: Bern
  • Place of Destination: London
  • Date: 30.08.1814
  • Typ: Deutsche Übersetzung
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Bibliography: Pange, Pauline de: August Wilhelm Schlegel und Frau von Staël. Eine schicksalhafte Begegnung. Nach unveröffentlichten Briefen erzählt von Pauline Gräfin de Pange. Dt. Ausg. von Willy Grabert. Hamburg 1940, S. 419.
  • Incipit: „Bern, den 30. August 1814
    Liebe Freundin!
    Ich bleibe unserer Verabredung zum Stelldichein treu; ich schmeichle mir nicht etwa, daß es Ihnen viel [...]“
    Language
  • German
Bern, den 30. August 1814
Liebe Freundin!
Ich bleibe unserer Verabredung zum Stelldichein treu; ich schmeichle mir nicht etwa, daß es Ihnen viel ausmacht, ob Sie mich in Lausanne oder erst bei Ihrer Rückkehr nach C[oppet] treffen, aber ich würde die Herren Polier und Langallerie verfehlen, und das wäre nicht gut. Das Wetter ist zum Reisen nicht einladend – ich kam im Regen an und werde im Regen abfahren, und ich habe noch nicht einmal einen Spaziergang machen oder den Jungfrau-Gipfel sehen können.
Frau von Lanskoronska beauftragt mich, Ihnen tausend Grüße zu bestellen; sie sagte mir, Frau von Custine hätte ihr in einem ihrer Briefe aus Paris von Albertine ein reizendes Bild entworfen.
Eine holsteinische Dame berichtet mir, Baudissin habe sich mit einer seiner Kusinen verlobt; es sei eine Heirat, die niemand verstehe. Ich muß diese Comtesse Baudissin in Kiel gesehen haben, aber ich kann mich ihrer nicht mehr erinnern – wahrscheinlich war sie unbedeutend und ist mir daher nicht aufgefallen.
Goethe ist in Frankfurt, allgemein erzählt man, daß die Freude, seine Vaterstadt wiederzusehen, ihn ganz verjüngt habe, daß er mitteilsam, nachsichtig und zu allem aufgelegt ist und vor guter Laune strahlt.
Frau von Lanskoronska hat mir von Gentz dasselbe gesagt, was Frau von Humboldt uns schon erzählt hat. Sie hat ihn im Hauptquartier gesehen, aber auch die großen Ereignisse konnten ihn nicht aus seiner Apathie aufrütteln; er ist, wie es scheint, völlig herunter – beyond recovery.
Koreff hat während seines hiesigen Aufenthalts einige hervorragende Kuren durchgeführt, aber es ist bei ihm mit dem Kurieren wie mit den Gefühlen: für die Ausdauer ist er nicht zu haben. Indessen hat er vor seiner Abreise Herrn Zeerleder soweit geheilt, daß er, statt völlig verrückt wie bisher, nur noch etwas einfältig ist.
Sobald ich zurück bin, erzähle ich Ihnen, was ich hier und da habe in Erfahrung bringen können.
Ich gehe sofort zur Post, um einen Platz für den Donnerstag zu belegen; wenn ich einen finde, was wahrscheinlich ist, komme ich in der Nacht in Lausanne an. Wenn nicht, würde ich versuchen, Freitag vormittag vor dem Mittagessen einzutreffen. Tausend Lebewohl! Ich freue mich darauf, Sie wiederzusehen.
Bern, den 30. August 1814
Liebe Freundin!
Ich bleibe unserer Verabredung zum Stelldichein treu; ich schmeichle mir nicht etwa, daß es Ihnen viel ausmacht, ob Sie mich in Lausanne oder erst bei Ihrer Rückkehr nach C[oppet] treffen, aber ich würde die Herren Polier und Langallerie verfehlen, und das wäre nicht gut. Das Wetter ist zum Reisen nicht einladend – ich kam im Regen an und werde im Regen abfahren, und ich habe noch nicht einmal einen Spaziergang machen oder den Jungfrau-Gipfel sehen können.
Frau von Lanskoronska beauftragt mich, Ihnen tausend Grüße zu bestellen; sie sagte mir, Frau von Custine hätte ihr in einem ihrer Briefe aus Paris von Albertine ein reizendes Bild entworfen.
Eine holsteinische Dame berichtet mir, Baudissin habe sich mit einer seiner Kusinen verlobt; es sei eine Heirat, die niemand verstehe. Ich muß diese Comtesse Baudissin in Kiel gesehen haben, aber ich kann mich ihrer nicht mehr erinnern – wahrscheinlich war sie unbedeutend und ist mir daher nicht aufgefallen.
Goethe ist in Frankfurt, allgemein erzählt man, daß die Freude, seine Vaterstadt wiederzusehen, ihn ganz verjüngt habe, daß er mitteilsam, nachsichtig und zu allem aufgelegt ist und vor guter Laune strahlt.
Frau von Lanskoronska hat mir von Gentz dasselbe gesagt, was Frau von Humboldt uns schon erzählt hat. Sie hat ihn im Hauptquartier gesehen, aber auch die großen Ereignisse konnten ihn nicht aus seiner Apathie aufrütteln; er ist, wie es scheint, völlig herunter – beyond recovery.
Koreff hat während seines hiesigen Aufenthalts einige hervorragende Kuren durchgeführt, aber es ist bei ihm mit dem Kurieren wie mit den Gefühlen: für die Ausdauer ist er nicht zu haben. Indessen hat er vor seiner Abreise Herrn Zeerleder soweit geheilt, daß er, statt völlig verrückt wie bisher, nur noch etwas einfältig ist.
Sobald ich zurück bin, erzähle ich Ihnen, was ich hier und da habe in Erfahrung bringen können.
Ich gehe sofort zur Post, um einen Platz für den Donnerstag zu belegen; wenn ich einen finde, was wahrscheinlich ist, komme ich in der Nacht in Lausanne an. Wenn nicht, würde ich versuchen, Freitag vormittag vor dem Mittagessen einzutreffen. Tausend Lebewohl! Ich freue mich darauf, Sie wiederzusehen.
· Original , 30.08.1814
· Pange, Pauline de: Auguste-Guillaume Schlegel et Madame de Staël d’apres des documents inédits. Paris 1938, S. 508‒509.
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