Wie Du so lange schweigen kannst, geliebter Freund, ist mir ganz unbegreiflich. Seit sechs Wochen erwarte ich mit äußerster Ungeduld Nachricht von Deinem Pariser Aufenthalt, um so mehr da ich nun weiß daß Du da warst. Den 2ten May schrieb ich an Dich mit einer Einlage an Chezy, und addressirte unter dem Namen des von Dir genannten Kaufmanns, zu dessen Namen Du aber keine weitre Addresse hinzugefügt hattest. Ist das verlohren gegangen? – Wo nicht, so sey ja so gut den Brief an Chezy zu schicken; es stand mehres darin. Gehst Du noch einmal nach Paris, so möcht ich Dir einen Brief an Denon schicken, wegen der dadurch zu erhaltenden Gelegenheit auch solche Kunstwerke zu sehen, die noch nicht öffentlich ausgestellt sind. – Besser aber wäre es, Du kämest auf einige Monate hieher, allein oder mit dem Albert; ich wohne jetzt recht sehr gut, und nach allem was Du gesehn, solltest Du hier und in meiner Bibliothek doch manches finden was Dich freuen würde. Thu [2] es, ich glaube es wäre Dir am allerheilsamsten. Arbeiten und dichten kannst Du hier gewiß besser als in Auxerre. Henriette will uns besuchen, da dacht ich schon Du würdest Parthie mit ihr machen; doch darüber habt ihr wohl nicht viel gesprochen. – Schreib mir doch wie das mit dem Tieck ist, mit seiner Rückreise, daß ich ihn wo möglich treffe oder doch nicht verfehle. Genau weiß ich so die Zeit meiner Reise noch nicht, auch nicht das Ziel derselben. Sicher denkʼ ich ist daß ich wenigstens einige Wochen auf dem Gute von Hardenberg bei Würzburg zubringe. Was mir auch sehr nothwendig – unbeschreiblich traurig und verdrießlich war ich diese Monate her. Ich habe mancherlei gedichtet diesen Frühling und bin mit einigem wohl zufrieden, aber auch das wollte dießmal nicht helfen, die Freude erlosch bald wieder, und eine rechte Flamme wollte es nicht werden.
[3] Fichte hat sich wieder vernehmen lassen. Ueber das Wesen des Gelehrten; nicht der Alte, aber doch auch nicht eben viel mehr. Grundzüge des Zeitalters, ein dickes Buch, das beste als Buch und auch das merkwürdigste was er je geschrieben. Darin sind nun mehrere Werke in einander eingeschachtelt, von sehr verschiednem Gehalte. 1) Eine runde Zahl ich glaube fünf Vernunftabwickelungen der Zeitalter der Menschheit; elend trivial. Wir stehn natürlich im dritten 2) Eine neue Staatslehre – Theorie des Preußenthums. Absurd, lächerlich 3) Eine eigne Art von Christenthum – zusammengebraut aus der göttlichen Idee und Klarheit (denn so nennt sich jezt das alte wohlbekannte Ich) aus dem Evangelium Johannis, Essenern, geheimen Traditionen vom Urvolk – nicht ohne Beziehung wie es mir scheint auf Freimaurerei. Sinnreich, originell, tief, aber doch auch Preußisch. – Auf Schelling hat er, nemlich auf die Naturphilosophie, grausam losgezogen, ihm auch sein Plagiiren vorgeworfen. – Ueberhaupt wüthet er [4] gegen die Schwärmerei. Was direkt gegen uns wäre habe ich nichts gefunden. – Dagegen fangen sie in der Hallischen Zeitung an uns nach ihrer Art zu loben; besonders Deine Elegie und zwar diese lezte nicht ganz unverständig, für Hallenser. – Es wäre recht Zeit daß wir einmal wieder einen mächtigen Schlag ins Publikum thäten – und zwar zusammen. Soll ich wenn ich nach Deutschland [komme] einen neuen Verleger für das fortgesetzte Athenäum suchen? – Was meynst Du. –
Der Polynidos ist von einem frühern Leipziger Magister Abel. So viel ich am Auszug sehe eine Ossianische Nebelromantik in Griechische Form gezwängt, um Iphigenie und Ion eben so zu übertrumpfen wie die Braut von Messina den Alarkos.
Lebe wohl, sei frisch auf, schreibe Deinem Freunde und komm wo möglich zu uns.
Friedrich.
Ich habe hier zwei Stellen gefodert, die zusammen doch wohl nur 100 L[ouis]d[o]rs fix tragen würden, ohne die Retributionen. Grade was ich haben muß. Geben sie mir das nicht, so bleibe ich nicht. Aber wohin ich dann gehe, weiß ich noch nicht recht. – Bald muß es nun entschieden seyn.