Decano spectabili
zu geneigter Mitth Mittheilung
an die philosophische Facultät.
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Vertrauensvoll trage ich meinen verehrten Amtsgenossen in der philosophischen Facultät ein Anliegen vor, das für mich von großem Belange ist, und das ich schon weit früher vorgetragen haben würde, wenn ich nicht einen günstigen Zeitpunkt hätte abwarten wollen, der mir jetzt eingetreten zu seyn scheint.
Ich wünsche nämlich, die philosophische Facultät möge dem Rector und Senat eine schriftliche Vorstellung zu Gunsten des Prof. Lassen einreichen, damit ihm bei dem hohen Königl. Ministerium eine Gehaltszulage ausgewirkt werde.
Professor Lassen, anfänglich mein Schüler, ist nachher seit Jahren mein Gehülfe und zuletzt mein Mitarbeiter gewesen.
Nach lange fortgesetzten philologischen und historischen Studien in Heidelberg und hier, begann er im Frühling 1822 das Studium des Sanskrit. Da ich sogleich sein außerordentliches Talent bemerkte, und ihm daher gern viele Lehrstunden widmete, so war er bereits nach 18 Monaten so weit vorgerückt, daß er die Manuscripte benutzen konnte: was gewiß ein sehr seltner Fall ist.
Im September 1823 begleitete er mich nach London, und brachte hierauf über zwei Jahre in Paris und London zusammengenommen zu, beschäftigt [2] mit Collationiren und Copiren von Handschriften, und in beständigem Umgange mit den gelehrtesten Orientalisten beider Hauptstädte.
Im Julius 1827 habilirte Hr. Lassen sich hier als Privat-Docent und wurde drei Jahre darauf (im Junius 30) mit einem Gehalt von 300 th. zum professeur professor extraordinarius ernannt.
Der Kreis seiner Lehrvorträge seit jener Zeit ist in der Beilage sub Lit. A. angegeben.
Schon in Paris machte Hr. Lassen sich durch Ergänzung des Catalogs der Indischen Manuscripte verdient, seine gemeinschaftlich mit Hrn. Burnouf abgefaßte Abhandlung über die Pali-Sprache ward auf Kosten der dortigen Asiatischen Gesellschaft zum Druck befördert.
Seitdem hat er eine beträchtliche Anzahl gelehrter Schriften, zum Theil über sehr schwierige Gegenstände herausgegeben, wovon das Verzeichniß unter Lit. B. beiliegt.
Die Lateinisch abgefaßten zeichnen sich durch Klarheit und Correctheit des Vortrags sehr vortheilhaft aus.
Da nur wenige Studirende Beruf haben, sich mit dem von Hrn. Lassen bearbeiteten Fache der Asiatischen Sprachenkunde zu beschäftigen, so konnten die Honorare für die fleißig gehaltenen Vorlesungen wenig austragen. Überdieß mußte er die kostspieligen Druckkosten für mehrere [3] Schriften selbst übernehmen. Er war also genöthigt zu andern Hülfsquellen seine Zuflucht zu nehmen. Er hat vielfältig Unterricht für Engländer im Deutschen, und für Deutsche in der Englischen Sprache ertheilt, deren er vollkommen mächtig ist, und hat auch auf diese Weise an der Universität sehr nützlich gewirkt. Es ist aber zu wünschen, daß er dieser Nothwendigkeit überhoben werden möge, um sich ungetheilt gelehrten Arbeiten widmen zu können.
Bonn hat durch die Vollständigkeit der von mir herbeigeschafften Hülfsmittel, durch die Menge und Güte der Lehrstunden, im In- und Auslande den Ruf erworben, die erste Schule des Sanskrit und der damitzusammenhängenden Studien in Europa zu seyn. Dieß habe ich durch große Aufopferung an Zeit, Kräften und Geldmitteln zu Wege gebracht, und muß wünschen, daß es auch nach meinem Ableben Bestand haben möge.
Hiezu ist das geeignetste Mittel, Hrn. Professor Lassen in eine solche Lage zu setzen, und ihm solche Aussichten zu öffnen, daß er keinen Bewegungsgrund habe, sich um eine auswärtige Anstellung zu bewerben.
Seine Verdienste sind vielfältig anerkannt worden. Schon vor mehreren Jahren haben die Asiatischen Gesellschaften in Paris, London und Calcutta, so wie die Gesellschaft der [4] Wissenschaften in Dronthein ihn zum Ehrenmitgliede ernannt.
Mit Übergehung vieler anderer rühmlichen Zeugnisse in gelehrten Zeitschriften in gelehrten Zeitschrift erwähne ich nur, daß Professor Wilson in Oxford in seinem Commentar über einen früher von Hrn Lassen bearbeiteten Text sehr schwierigen Text (Sânkhya-Câricâ) sowohl von Seiten der Kritik als der Auslegung seinem Vorgänger die vollständigste Gerechtigkeit widerfahren läßt.
Bei meinem schon weit vorgerückten Alter und einer beständig schwankenden Gesundheit dürfte der Zeitpunkt nicht mehr entfernt seyn, wo ich außer Stand seyn werde, mein Lehramt in diesem Fache mit gleicher Thätigkeit fortzusetzen. Die Gewährung meines Gesuchs wird mir demnach zu großer Beruhigung gereichen. Für mich selbst habe ich seit beinahe zwanzig Dienstjahren niemals weder Entschädigungen noch sonstige Vortheile begehrt.
Bonn d. 30sten März 1838.