Mein vielgeliebter Freund; ich werde Dir heut nur wenige Worte schreiben, meine Nachlässigkeit bist du leider schon von mir gewohnt, nicht so aber meine Tugend, und darum wirst du dich vielleicht verwundern, wenn du mit nächster Post einen längern Brief an dich und einen noch längern an Friedrich findest, den schnell zu besorgen [ich dich bitte] (ich habe seine Addresse nicht, du weißt wohl am besten, wohin zu schicken) ich mag aber schreiben oder nicht, so sollst du an meiner Liebe nie zweifeln. Ich danke Dir für die Blumensträuße, und freue mich auf den Calderon, ist der 2te Band schon fertig wie er angekündigt ist? Ich bitte dich auf jeden Fall, so schnell wie möglich, mir ein Exemplar von dem schönen Papier zukommen zu lassen wie Du so gütig gewesen, mir den ersten zu schenken; oder kannst du [2] mir das Manuskript von einem Stücke wenigstens schicken, mich zu erfreuen. Den Principe vorerst kenne ich noch nicht. Bei erster Gelegenheit werde ich dir spanische Bücher zuschicken, ein Altes vom Cid, womit dir vielleicht gedient ist, die Araucana Erçillas nebst den Fortsetzungen hat Schierstaedt jezt in Berlin, den Erçilla kennst du. Ich bitte Dich aber recht angelegentlich, mir, bis ich nach Berlin komme, das Buch der Liebe zu schicken, du mußt mir dies nicht abschlagen, Lieber, ich habe keinen Octavian, keine Magelone, keine Melusine, alle 3 aber will ich gern, wenigstens Octavian endlich fertig machen, und sie sind dort noch besser gedruckt, als in den gewöhnlichen Volksbüchern. Daneben bitte ich dich um das Taschenbuch, in welchem der [3] Ruhnenberg von mir steht, seit der Nacht, daß ich es schrieb und fortschickte, habe ich den Aufsatz nicht wieder mit Augen gesehn, und die Uebereilung, daß ich es dem Verleger versprochen hatte, ist eine von denen, die mir noch den meisten Verdruß im Leben mit gemacht hat. Um diese beiden Sachen bitte ich recht sehr; schicke sie nur sogleich zu Schütz, dort wird gerade jezt eine Gelegenheit sein, sie gut und sicher herzubringen. Wenn ich mich auch nie zu der schönen Regelmässigkeit deines Fleisses werde erheben können, die ich immer bewundern muste, so bin ich doch jezt fleissiger, als ich je gewesen bin, ich denke vieles mitzubringen. Daß dir die Vorrede zu den Minnesingern gefallen, dadurch gefällt sie [4] mir auch, sie ist die Skitze zu einem Aufsatz über die Deutsche Poesie.
Lebe recht wohl, sei nicht zu fleissig, grüsse meine Schwester, und schlage mir meine Bitte nicht ab.
Der Deinige
L. T.