• Karl von Hardenberg to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Meiningen · Place of Destination: Coppet · Date: 16.05.1807
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Karl von Hardenberg
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Meiningen
  • Place of Destination: Coppet
  • Date: 16.05.1807
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 407‒408.
  • Incipit: „[1] Meiningen d. 16ten May 1807.
    Ihren lieben Brief, werthester Freund, habe ich erhalten, und mich Ihres Andenkens herzlich erfreut. – Ein [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: APP2712-Bd-7
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,28,2
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 19,8 x 11,8 cm
    Language
  • German
[1] Meiningen d. 16ten May 1807.
Ihren lieben Brief, werthester Freund, habe ich erhalten, und mich Ihres Andenkens herzlich erfreut. – Ein Exemplar des Dichter Gartens sandte ich Ihnen nach Copet; vielleicht ist es nun in ihren Händen; in dem beyliegenden Brief schrieb ich Ihnen schon die Gründe Warum? ich Ihre mir so lieben Gedichte nicht hatte abdrukken lassen; – Ich wiederhohle nun die Bitte mir sie zum 3ten Theil desselben zu lassen, und mir noch mehr dazu zu schenken; sowie ich überhaupt den Antrag wiederhohle, daß Sie, Ihr Bruder, Sophie, und ich, das Buch gemeinschaftlich fortsezzen, und so ein Werk herrichten, wie es deren nur wenige giebt; – Alles poetische mögte darinn Platz finden, und das Ganze ein immerblühender Garten der edlen Dichtkunst, eine ächte Dichter Schule werden; – ich bin recht [2] begeistert von diesem Plan, besonders da mir die edelste der Künste stets lieber und vertrauter wird. – Im Ganzen scheint es mir gewiß, daß wir künftig näher beysammen wohnen müssen; Vielleicht in der Hauptstadt der Welt auf den 7 Hügeln; Vielleicht in Wien; – Wie Gott will! Er wird uns zusammenführen; – Ich kann es Ihnen nicht ausdrükken, geliebter Freund, was für köstliche, wundervolle Ahndungen mich seit dem Augenblick meiner Wiedergeburt durchbeben!; – Wird nicht bald Eine Heerde, und Ein Hirte werden? – O! ja ich weiß es, und fühle es; die treuen Gemüther werden sich wieder samlen, in den einzigen treuen Schooß, dem einzigen sichern Hause! und wiederfinden werden wir uns wie Persiles und Sigismunda, in den heiligen Mauern. – Troz der wildesten Verwirrung in der wir leben, und wo das Schlimste uns vielleicht [3] noch bevorsteht, so wankt doch mein Glaube nicht, daß unser Vaterland aus seinen Trümmern nur glorreicher erstehen wird; und lebt es nicht noch in den Herzen mehrer Deutschen fort? Nie wird es darinn untergehen, es gewinne auch welche Gestalt es wolle. – Recht seltsame Zeichen lassen noch wundervolle Begebenheiten ahnden; In der NaturWissenschaft tritt die alte magische Welt wieder hervor; Nicht allein Ritter und Baader haben die seltensten Dinge erfahren; Auch mir selbst ist die Magie recht nahe getreten; Aber sie ist eine überaus zarte Pflanze, die der leiseste Hauch der irdischen Natur und Begierde zerstört; – Sehr merkwürdig ist es, daß auch die Untersuchungen der gemeinsten Chemiker, Physiker und Astronomen die überraschendsten Resultate zeigen; Während die Platina schon in 5 Metalle zerstiebt, und so dem Gold die alten Rechte wieder einräumt, werden am Firmament eine Anzahl kleiner Planetiten entdekt, die die [4] HE. Astronomen selbst in nicht geringe Verlegenheiten setzen; und die Astrologie wird sich zeitig genug an der schlechten Gemeinheit rächen! – doch mündlich wäre viel darüber zu sprechen. – Ihren Auftrag wegen des Prozesses mit B.[ernhardi] nehme ich sehr gern über mich; und bitte Sie nur mir Vollmacht und Instruction hierherzusenden; doch muß erstere Gerichtlich recognoscirt seyn. – Ich denke diesen Sommer mit Friedrich in Unterzell wieder einige Zeit zu verleben, wie schön wäre es, wenn Sie auch dort seyn könnten; Vielleicht wenigstens im durch Reisen. – Leben Sie wohl, werthester Freund; Gott mit uns Allen!
Carl Hardenberg
[1] Meiningen d. 16ten May 1807.
Ihren lieben Brief, werthester Freund, habe ich erhalten, und mich Ihres Andenkens herzlich erfreut. – Ein Exemplar des Dichter Gartens sandte ich Ihnen nach Copet; vielleicht ist es nun in ihren Händen; in dem beyliegenden Brief schrieb ich Ihnen schon die Gründe Warum? ich Ihre mir so lieben Gedichte nicht hatte abdrukken lassen; – Ich wiederhohle nun die Bitte mir sie zum 3ten Theil desselben zu lassen, und mir noch mehr dazu zu schenken; sowie ich überhaupt den Antrag wiederhohle, daß Sie, Ihr Bruder, Sophie, und ich, das Buch gemeinschaftlich fortsezzen, und so ein Werk herrichten, wie es deren nur wenige giebt; – Alles poetische mögte darinn Platz finden, und das Ganze ein immerblühender Garten der edlen Dichtkunst, eine ächte Dichter Schule werden; – ich bin recht [2] begeistert von diesem Plan, besonders da mir die edelste der Künste stets lieber und vertrauter wird. – Im Ganzen scheint es mir gewiß, daß wir künftig näher beysammen wohnen müssen; Vielleicht in der Hauptstadt der Welt auf den 7 Hügeln; Vielleicht in Wien; – Wie Gott will! Er wird uns zusammenführen; – Ich kann es Ihnen nicht ausdrükken, geliebter Freund, was für köstliche, wundervolle Ahndungen mich seit dem Augenblick meiner Wiedergeburt durchbeben!; – Wird nicht bald Eine Heerde, und Ein Hirte werden? – O! ja ich weiß es, und fühle es; die treuen Gemüther werden sich wieder samlen, in den einzigen treuen Schooß, dem einzigen sichern Hause! und wiederfinden werden wir uns wie Persiles und Sigismunda, in den heiligen Mauern. – Troz der wildesten Verwirrung in der wir leben, und wo das Schlimste uns vielleicht [3] noch bevorsteht, so wankt doch mein Glaube nicht, daß unser Vaterland aus seinen Trümmern nur glorreicher erstehen wird; und lebt es nicht noch in den Herzen mehrer Deutschen fort? Nie wird es darinn untergehen, es gewinne auch welche Gestalt es wolle. – Recht seltsame Zeichen lassen noch wundervolle Begebenheiten ahnden; In der NaturWissenschaft tritt die alte magische Welt wieder hervor; Nicht allein Ritter und Baader haben die seltensten Dinge erfahren; Auch mir selbst ist die Magie recht nahe getreten; Aber sie ist eine überaus zarte Pflanze, die der leiseste Hauch der irdischen Natur und Begierde zerstört; – Sehr merkwürdig ist es, daß auch die Untersuchungen der gemeinsten Chemiker, Physiker und Astronomen die überraschendsten Resultate zeigen; Während die Platina schon in 5 Metalle zerstiebt, und so dem Gold die alten Rechte wieder einräumt, werden am Firmament eine Anzahl kleiner Planetiten entdekt, die die [4] HE. Astronomen selbst in nicht geringe Verlegenheiten setzen; und die Astrologie wird sich zeitig genug an der schlechten Gemeinheit rächen! – doch mündlich wäre viel darüber zu sprechen. – Ihren Auftrag wegen des Prozesses mit B.[ernhardi] nehme ich sehr gern über mich; und bitte Sie nur mir Vollmacht und Instruction hierherzusenden; doch muß erstere Gerichtlich recognoscirt seyn. – Ich denke diesen Sommer mit Friedrich in Unterzell wieder einige Zeit zu verleben, wie schön wäre es, wenn Sie auch dort seyn könnten; Vielleicht wenigstens im durch Reisen. – Leben Sie wohl, werthester Freund; Gott mit uns Allen!
Carl Hardenberg
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