Ich mag es keinen Tag aufschieben, geliebter Freund, Dir auf Deinen letzten Brief vom 19ten März der mir so große Freude gemacht, gleich zu antworten. Ich schreibe also heute bloß an Dich, mir vorbehaltend, einen Brief an Sick[ingen] so wie Du ihn wünschest, mit Ruhe zu entwerfen und ihn so wie auch den an Hormayr in diesen nächsten Tagen zu schicken.
Unaussprechliche Freude macht es mir, daß es Dir in Wien so gut gelingt, und Deine Aufnahme so würdig und gut ist. Besonders freut mich auch die Stelle in dem Schreiben des Erzherzog K[arl]. Du hast nun alles in der Hand, und Deine bei diesem Anlaß aufs neue so schön offenbarte Freundschaft zu mir belebt meinen Muth und erfrischt mir das Herz, so verwirrt es auch manchmal außen am Himmel aussieht.
Von meiner indischen Schrift habe ich schon lange 10 Bogen in Händen; jetzt ist sie vermuthlich ganz gedruckt, Du erhältst sie gewiß noch in Wien. Ich lasse Dir vors erste drei Exemplare senden, addr.[essirt] an Geistinger, den Verleger des Prometheus. Ein Exemplar für Hammer, an den ich den 19ten März schrieb, wie Du wirst erhalten haben. Sollte ich aus Deinem nächsten Briefe [2] etwa schliessen, daß Du mehr Exemplare wünschest, so schicke ich mehr. – Ob ich von Karl dem Vten noch einige Scenen oder Acte einschicken kann, während Du in Wien bist, getraue ich mir gar nicht zu versprechen. Wenigstens müßten gleich die ersten Probescenen ganz besonders gut gelingen, wenn ich den Muth dazu haben sollte. Rede mit Seckendorf indessen immer wegen der Einrückung in den Prometheus das nöthige dazu ab.
Außerdem aber empfehle ich Dir hiefür so wie überhaupt für mein ganzes Verhältniß nochmals strenge Vorsicht; ich bin nur für das Eine ängstlich, daß man nicht einer Absicht zuschreibt was der feinste Erguß des Herzens war und auch sein wird. Ob es unter diesen Verhältnissen rathsam sei, die Huldigung zu drucken, das muß ich ganz in Deine Hand legen; es ist ganz Sache der Delicatesse. Achte auf die Winke, und lege es in diesem Falle zurück; räth man Dir aber es zu drucken, so ändere selbst in jener Stelle was zu ändern nöthig ist. Du bist gegenwärtig, siehst und fühlst alles unmittelbar, kannst es also am besten entscheiden. Die Rückkehr aber wünschte ich sehr gedruckt zu sehn; es betrift ja ganz Deutschland und man kann [3] den Druck davon frei und offen selbst betreiben.
Uebrigens bin ich auch darin ganz Deiner Meinung daß ich jede Stelle in O.[esterreich] als Anfang, wenn es nur ausführbar und möglich wäre, annehmen würde. Denn es ist doch der einzige Staat in der Welt, wo ich mich mit voller Neigung anschliessen kann. – Hier würde ich eine Stelle – versteht sich daß ich nie andre als die eines Gelehrten annehmen würde – nur annehmen, wenn sie gut wäre, und auch dann nur als Uebergang auf einige Jahre. Damit es mir indessen nie an Verwirrung und an zwei und dreifachen Aussichten, die sich durchkreuzen fehle, so ist grade jetzt das Decret über die große Universität erschienen. Nach diesem ist es wahrscheinlich, daß entweder hier oder zu Bonn eine faculté des lettres herkömmt, an der mir eine Stelle durch Reinhards und andrer Empfehlung ziemlich gewiß ist. Zu gleicher Zeit schreibt man mir daß die Universität im Bergischen und zwar zu Münster sehr schnell zu Stande kommt, und wenn dieß wirklich geschieht, so erhalte ich wohl unfehlbar einen Ruf dahin. Doch daran glaube ich noch nicht recht, und bin bis jetzt zufrieden mit der liebenswürdigen Freundschaftlichkeit, die mir Stolberg bei dieser Gelegenheit bewiesen und mir einen Brief nach dem andern deshalb geschrieben hat.
Auf alles das ist also nicht viel Rücksicht zu nehmen, und wenn wirklich Eröffnungen [4] solcher Art an Dich geschehen sind – nicht etwa bloß Hörens wegen – so rede nur so entschieden und stark wie Du weißt, daß ich denke.
Sehen müssen wir uns, darauf freue ich mich und das wünsche ich von ganzem Herzen. Du willst nun auch den Stand meiner armseeligen Angelegenheiten wissen, in denen schon wieder eine ziemliche Ebbe eingetreten ist, nachdem verzehrt ist, was ich von Mohr und Zimmer bisher verdient. – Eine Reise von hier nach Wien ist schon sehr weit und kostbar. Ich glaube man muß dazu, besonders in der jetzigen Jahrszeit, wo die Reise auf der Donau noch nicht gemacht werden kann, wenigstens 25 L[ouis]d[o]rs in der Tasche haben, behielte man auch einiges wenige übrig, da einem auf einer so weiten Reise doch etwas zustoßen kann. – Daß meine Frau diesen Sommer nach Dreßden reisen könnte, dazu ist bis jetzt auch wenig Aussicht. Wir haben zwar die kleine Schuld hier seit vier Jahren nicht vermehrt sondern vermindert, aber sie müßte (noch beträgt sie circa 40 L[ouis]d[o]rs) eigentlich ganz getilgt sein wenn wir hier mit Sack und Pack schicklich weggehn sollten. Die Reise von hier bis Frankfurt ist sehr wohlfeil, aber von Frankfurt bis Dreßden ist sie auch schon kostbar, weil es da durchaus keine anständige Diligençe giebt, und man eignes Fuhrwerk [5] nehmen muß; findet man auch Gesellschaft, die außer den Messen nicht immer zu finden ist, so ist es doch kostbar. – Da Du aber doch nach Hannover gehst, so fände ich es am allerbesten, Du gingest zurück über Kölln, den Rhein herauf; oder wir träfen uns in Frankfurt. – Oder gehst Du von Hannover etwa nach Weimar zur Staël zurück? Dann müßte ich suchen Dich dort zu treffen. Schreib mir also die ganze Reiseroute noch genauer. Charlotte auch wiederzusehn würde mich freilich doppelt freuen; aber wie gesagt, Dreßden ist doch schon verzweifelt weit. Für jetzt werde ich es mir versagen müssen, zu geschweigen daß jene hier sich öffnende Aussichten, doch rathsam machen, einigermaaßen in der Nähe zu bleiben, um den Augenblick nicht zu versäumen. –
Die Recension des östreichischen Plutarch von Hormayr habe ich schon von den Heidelbergern verlangt und zweifle nicht daß ich sie erhalten werde; leider aber erwarte ich das Werk immer noch vergebens. So ist auch der Prometheus hier noch nicht zu sehn und zu hören. Mit Eichstädt, das wundert mich einigermaßen. Von unsern Gedichten wäre es genug gewesen, den Titel hinzusetzen, da das Publikum ohnehin aufmerksam genung darauf ist. Vielleicht hast Du in Deiner eingesandten Recension von der Vermählungsfeier mehr oder anders gesprochen [6] als es dort in Ihrer Instruction steht. Du mußt es in patriotischer Hinsicht beinah als eine französische Zeitung betrachten; und vielleicht hat Eichstädt jenes nur zum Prätext genommen. – Die Heidelberger Jahrbücher haben in der That recht sehr kraftvoll und gut angefangen. Von Creuzer sind einige trefliche Arbeiten darin. Ich soll Dir in seinem und aller Mitherausgeber Nahmen – wenn ich glaube daß Du für die Heidelberger Jahrbücher zu interessiren wärest – Ihre Bitte und Einladung zur Theilnahme vortragen. Freilich sind Deine dramatischen Arbeiten wichtiger als die kritischen. Indessen siehst Du wenigstens ihre gute Meinung. – Ueber die Comparaison schreibt mir Creuzer; „Sagen Sie mir einen Recensenten, der würdig wäre so etwas zu beurtheilen.“ –
Von Hammer kommt ja bei Cotta – doch glaube ich ohne seinen Nahmen – eine neue Sammlung arabischer Mährchen heraus. Wenn es die Gelegenheit mit sich bringt so bezeige ihm mein lebhaftes Interesse desfalls; wenn er mir für mein indisches Werk ein Exemplar von seinem verehrte, wäre mirs sehr lieb.
Knorringen danke herzlich für seine freundschaftliche Gesinnung. Ich wünsche von ganzem Herzen daß es ihm und Sophien gut gehen möchte. Was Du über den Plan schreibst, hat mich auch zum Theil beruhigt. Baaders Theilnahme bürgt um so mehr für die Solidität. Nur kann ihnen freilich der Ein[7]marsch der fremden Truppen einen garstigen Querstrich machen. Grüße beide herzlich von mir; empfiehl ihnen aber auch Vorsicht meinetwegen. Da es ohnehin nicht ausführbar ist, daß ich jetzt gleich nach Wien komme, so ist auch unnütz daß ein Gerede darüber entsteht, was nur zu allerlei Auslegungen Anlaß giebt.
Für Seckendorfs Prometheus will ich recht ernstlich und ordentlich arbeiten; das habe ich mir vorgenommen. Freilich wenn der Prometheus etwa gleich in diesen ersten Monaten ins Stocken gerathen sollte, so kann ich nicht dafür und wirst Du mich mit der weiten Entfernung entschuldigen. Hat er aber Bestand, so will ich recht eifrig Antheil nehmen. Wegen der litterarischen Umrisse von der neuesten Zeit habe ich mich anders bedacht; hier ist in der That seit Louis XIV die politische und religiöse Beziehung das Beste. Das paßt also nicht mit den Schranken die das Institut sich selbst gesetzt hat. Statt dessen denke ich – außer Probescenen und Stücken [aus] Karl V und einzelnen Gedichten – zu liefern 1) Eine Abhandlung über die Antike – mit Rücksicht auf die jetzige Differenz zwischen dem alten und neuen System in der Kunst 2) Kurzer Unterricht von der Poesie – von allem was ich darüber weiß, das beste und verwendbarste kurz zusammengedrängt nicht für Gelehrte sondern besonders für gebildete Menschen [8] der höhern Stände. Das 3) über Opitz erfolgt dann später. Die ersten beiden Abhandlungen arbeite ich immer aus. Unterdessen schreib mir ob er sie wünscht, und was am meisten.
Ich möchte Dir auch vorschlagen, ob wir nicht dem Nicolovius einen dritten Band Charakteristiken und Kritiken anböten. An Stoff fehlt es nicht. Mir wäre es ein Vortheil, für einiges von dem in der Europa abgedruckten hier noch eine Stelle zu finden. Neues, um das Alte zu heben, fände sich auch leicht. Vielleicht entschlössest Du Dich, Deine Dramatische Vorlesung, die Du doch gewiß ganz aufschreibst, drucken zu lassen und dazu zu geben. Für unsern gemeinschaftlichen Ruhm wäre die Fortsetzung grade dieses Werks sehr gut. Ich werde immerhin wenigstens vorläufig an Nicolovius schreiben. – An Reimer habe ich so geschrieben wie Du wünschest. Die U.[nger] meldet mir Burgsdorf habe die Amalie Tieck geheirathet. Ist das wahr? –
Empfiehl mich also Seckendorf bestens, versichre ihn meines Eifers und suche das Institut wo möglich zu erhalten. – Noch einmal danke ich Dir vom Grunde des Herzens für alle Freude die mir Dein Brief gewährte. Auch meine Frau dankt Dir für Dein brüderliches Andenken.
Ewig Dein
Friedrich
Charlotte wird sich unbeschreiblich freuen Dich wieder zu sehn.
Daß Du alles von mir an Sick[ingen] sagst was Dir irgend schicklich dünkt, so als ob ich Dirs geschrieben hätte, versteht sich von selbst; die Briefe an ihn und Hormayr erfolgen nächstens.