Liebster Wilhelm, unsre Hoffnungen sind fehlgeschlagen, ich überlaße es Karolinen und meiner Schwester Dir umständlicher darüber zu schreiben, weil ich an Kar.[oline] doch in diesen Tagen den fernern Erfolg umständlich schreiben werde. Es ist auch nicht bloß iezt unmöglich, sondern für immer. Kar.[oline] machte sich Hoffnung, es würde zu Ostern auf dem Lande, unter einem andern Namen, vielleicht noch möglich seyn. Allein dieß kann durchaus nicht verborgen bleiben und würde dann schlimme Folgen haben. Die Minister haben sich so bestimmt erklärt, daß sie sich selbst wiedersprechen würden, wenn sie Kar.[oline] nicht mit dem größten Eifer verfolgten.
Du bist überzeugt, daß ich es an nichts habe fehlen laßen, weder an Eifer noch an Klugheit. Daßelbe muß ich von Charlotten rühmen. Ich kann Dir nicht sagen, wie sehr mir dieser Plan gefiel, der auch mir so günstig war. Ich wünschte sehr daß Du mir, was Du nun beschließest, bald mittheilst. Bleibt es noch bey Holland, welches doch erst im Frühjahr seyn kann, so kann ich sie begleiten. Oder kannst Du nicht einen Aufenthalt wählen, der Dich nicht weit von Gotha entfernt? z.B. Jena. Du fändest einen Freund an Humbold da, und für Deine Plane wäre der Ort auch nicht ungelegen. Wärest Du nicht Mitarbeiter an der Allg.[emeinen] Litt.[eratur]-Z.[eitung]? – Auch zu andern gelehrten Unternehmungen fändest Du in Jena leicht Gesellschaft, und Gelegenheit. – Noch eine Frage möchte ich Dir vorlegen, und Dich bitten mir einiges darüber zu ver[2]trauen: Sind die Schwierigkeiten unüberwindlich, die Karoline oder Dich hindern, einen Namen zu tragen. Karolinens politische Lage würde dadurch ganz verändert werden. Mit einem neuen Namen würde sie eine neue Person annehmen.
Becker habe ich die Stücke von Dante gezeigt. Er bittet recht dringend um das Stück; ‚Schon sehnt ich mich, das dichte frische Grünʻ für die Monathsschrift mit einer Einleitung und Erläuterungen. – Mir haben Deine Stücke große Freude gemacht, besonders das von der Beatrix; das republicanische Sordello und von Farinata in einer andern Art eben so sehr. Könnte ich nur alle Deine Sachen, besonders Deine eigene Erläuterung, Geschichte u.s.w. über den Dante, und mit Muße mit dem Original vergleichen. Wie wünschte auch ich, Dir alle meine Manuscripte und Skizzen zeigen zu können und unter Deinen Augen zu arbeiten. Du erhältst endlich zwey kleine Proben, die ich erst an Karoline schicke, damit sie sie auch lese, und weil das heutige Packet wegen der Hannoverschen Papiere schon hinlänglich dick wird. –
Es sind zwey Abhandlungen; über die Schulen der Griechischen Poesie, und über den aesthetischen Werth der Griechischen Komödie. Den Styl der letztern bitte ich Dich besonders zu prüfen – ich gab mir Mühe die Sprache leicht, und den Zusammenhang fließend zu machen, das Gehackte zu meiden, was Du mit Recht immer an mir tadelst. Uebrigens habe ich in der Abhandlung über die Komödie meiner Empfindung mehr freyen Lauf gelaßen. [3] Die andre ist eine Probe philosophischer Gelehrsamkeit. Nur als solche bitte ich sie zu prüfen. Der Styl taugt gar nichts. Die ganze Abhandlung werde ich für mein Werk umarbeiten. Die philosophische Charakteristik der Schulen muß heraus, außer in so fern sie zum Beweis des Daseyns einer Schule oder zu Bestimmung ihrer Grenzen gehört; ferner so manche unnütze Episode. Dagegen muß die höchste historische Präcision und so weit es die Vollständigkeit nöthig macht, auch historische Umständlichkeit hinzukommen. Die Einleitung muß großentheils wegfallen; dagegen ein philosophisches Stück über das Ganze, den innern Zusammenhang der Schulen, über Schulen, Styl, philosophische Kunstgeschichte überhaupt. Der Styl mag trocken und gelehrt bleiben, aber muß die höchste Präcision erreichen. Die andre Abhandlung ist nur eine Rhapsodie, die künftig einen Theil der Geschichte der Griechischen Komoedie ausmachen wird. – Noch einige Fragen; Weißt Du mir Auskunft über die Aeolier zu geben? nehmlich über ihre politische, moralische und aesthetische Stammverschiedenheit? ob es nicht falsch ihre Lyrik an die Dorische anzuschließen? – Hast Du Untersuchungen ehedem angestellt über die Zeit des Homer? Gillies und Mitford setzen ihn vor die Heraklidische Völkerwanderung; einige Gründe des lezten sind bedeutend. Unter uns ist so viel ich weiß, die entgegengesetzte Meynung angenommen. Du wirst vielleicht die Frage für unmöglich zu beantworten erklä[4]ren, aber mit diesem totalen Skepticismus ist mir nicht gedient; ich muß über diesen Gegenstand etwas haben, wenn gleich auch nur Hypothese, da ich denn auch nicht mehr brauche als eine solche. Zweytens glaubst Du, daß wir den ursprünglichen Dialekt des Homer haben, oder war er etwa Aeolisch? –
Ich habe sehr viel M[anu]script; weil aber alles zusammenhängt, ist nichts Einzelnes früher fertig geworden. Nun wird sehr viel fertig werden. So viel die Zeit erlaubt, werde ich für Dich abschreiben. Könnte ich Dir nur Alles zeigen. Die Abschrift behältst Du. Mit dem Styl wird es langsam gehen, ich hoffe indeßen, daß er werden wird. An Methode und Schnelligkeit im Ausarbeiten habe ich schon beträchtlich gewonnen. Du kannst sehr füglich zu Michaelis 95. drey Bände von Graecis in Händen haben. Ich habe Dir doch geschrieben, daß ich Alles zusammen drucken lassen will? – Vielleicht bleibt es bey drey Bänden, höchstens vier. Dann wird eine Pause gemacht, die zu etwas anders bestimmt. Nach dieser werden die Werke selbst ausgearbeitet. Ich hoffe nun auch einen Verleger zu finden, weil ich auch zum Mitford einen gefunden: Forberg und Gabler in Jena durch Humbold. Den Bogen 1 Ldr. Das ist mir äußerst erfreulich. Ich sehe doch nun ein Ende und kann bey angespannter Thätigkeit in einem Jahre frey seyn.
Kritisire nur umständlich und streng, ich werde so viel als ich kann antworten.
Fr. S.
Ich bitte Dich auch zu bemerken, was Dir in der Theorie von den Schulen, von dem was wichtig ist, neu scheint.