• Friedrich von Schlegel to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Wien · Place of Destination: Coppet · Date: 26.08.1808
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friedrich von Schlegel
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Wien
  • Place of Destination: Coppet
  • Date: 26.08.1808
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 598‒602.
  • Incipit: „[1] Wien den 26ten Aug. 1808.
    Den vorigen Posttag hatte ich mir gewiß vorgenommen, an Dich zu schreiben. Unvermuthet ließ mich Hormayr [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: APP2712-Bd-8
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,I,56
  • Number of Pages: 8 S. auf Doppelbl. u. 2 S., hs. m. U
  • Format: 19,3 x 12 cm
    Language
  • German
[1] Wien den 26ten Aug. 1808.
Den vorigen Posttag hatte ich mir gewiß vorgenommen, an Dich zu schreiben. Unvermuthet ließ mich Hormayr in die Stadt bescheiden, um eine versprochne Bekantschaft (des General Gomez) zu machen; da wir das Archiv zusammen besahen, so ging viele Zeit damit hin und es wurde zu spät. Dießmal will ich also lieber in Vorrath schreiben. – Dein letzter Brief, geliebter Freund, enthält wieder viele Vorwürfe; Du wirst unterdessen meine spätern Briefe, auch die vom 13ten Aug. an Dich und an die Frau von Stael erhalten haben. Außer der weiten Entfernung vergißt Du auch das in Anschlag zu bringen, daß jetzt die meisten Leute auf dem Lande sind, also von Bekantschaften und dem Erfolg derselben in der That noch nichts irgend Bedeutendes sich ergeben hat, was ich Dir nicht sogleich gemeldet hätte. – Hormayr besteht darauf daß ich die Vorlesung schon im November anfangen, die Erlaubniß dazu also gleich nachsuchen soll. Ich werde deshalb auch seinem Rathe gemäß bei dem Graf Rottenhan, sobald ich ihn treffen kann, und auch sonst die nöthigen Schritte thun und Dir gleich [2] Nachricht von dem Erfolge geben. – Hormayr schien mir sehr erfreut über Deinen Brief. Er ist eben für einige Tage aufs Land gereist zu seiner Frau; er trug mir nebst vielen herzlichen Empfehlungen [auf] zu sagen, er würde seine Antwort an Dich noch etwas verschieben, weil er hoffe Dir alsdann auf Deine Anfrage wegen Rüdiger etwas sehr befriedigendes sagen zu können, dem er schon auf der Spur sei. Er hat mir auch ein gestochnes Bild und ein Blatt in sein Stammbuch für Dich gegeben; das letzte, sagt er, hätte er schon einmal gethan, Du würdest es wohl verlegt haben. Haschka gehört zu unsern aufrichtigsten und wärmsten Freunden; ich sehe ihn auch oft; er verschafft mir Bücher zum Karl. Den Coxe hat mir Odonell versprochen, noch habe ich ihn aber nicht.
Von meinen Studien könnte ich Dir genug schreiben, aber Du würdest doch wenig damit zufrieden sein, sobald ich nicht einen fertig abgeschriebnen Act senden kann. Das Lesen der Briefe und handschriftlichen Sachen war mir viel werth, es giebt eine unschätzbare unmittelbare Anschauung; aber ich sehe wohl daß ich mich eigentlich mit dieser begnügen muß, und nicht alles lesen kann, da es gar zu viel ist, und so werde ich denn mit [3] Gottes Hülfe Hand ans Werk legen. – Die letzten Wochen war ich meiner Frau wegen sehr unruhig, endlich habe ich Gott sei Dank, Nachrichten und zwar sehr gute vom 13ten August aus Frankfurt erhalten. Von da hat sie weil keine andre Gelegenheit war, den Weg über Bamberg und Hof nach Dreßden genommen. Jetzt muß sie schon in Dreßden sein. Wie froh ich darüber bin, kann ich Dir nicht genug mit Worten sagen; recht von Herzen danke ich Dir, daß Du ihr fortgeholfen hast. Es wird auch ihr unvergeßlich sein; der Himmel gebe nun weiter seinen Seegen. – Geliebter Bruder wenn Du darüber daß Du zu wenig Briefe erhalten hast, etwas verdrießlich bist, so kann ich dieß leicht begreifen; wenn Du aber in meine Freundschaft und Liebe überhaupt Zweifel setzest, so weiß ich gar nicht was ich dazu sagen soll. Hast Du denn ganz vergessen wie wir auch noch 1806–1807 zusammen gelebt? Und in welcher gar nicht günstigen Umgebung. Ist es denn überhaupt noch nöthig uns selbst daran zu erinnern wie ganz eins unser öffentliches Leben, wie groß das Ziel und der Sinn unsrer Freundschaft [4] ist? Daran muß ich aber recht oft denken, wie viel schöner wir hier zusammen leben könnten, als irgendwo sonst. – Wenn ich ganz gewiß wüßte, daß Du kämest, so würde ich in großer Versuchung sein, ein etwas geräumiges Zimmer zu nehmen, wo Du allenfalls dann mit mir zusammen wohnen könntest, und wir desto ungestörter zusammen seyn und zusammen arbeiten. – Ich suche jetzt eine Wohnung in der Stadt, und werde wahrscheinlich bald eine finden. Ich werde sie vom 1. Sept. an bezahlen müssen, wenn ich gleich wohl noch die ersten Tage des Monats hier draußen sein werde. Hier im Hause geht es immer noch nicht zum Besten. Sophiens Gesundheit hat durch die nicht recht ausgekommenen Masern außerordentlich gelitten; die Frau von Stransky ist wieder viel kränker geworden; die arme Frau leidet unsäglich viel. Sie denken nun gegen die Mitte Septembers zu reisen, wenn es anders alsdann schon möglich ist. Schreib mir doch, ob in St. Pölten und in Melk etwas bedeutendes zu sehn ist. Eine halbe Tagreise möchte ich sie doch wohl begleiten.
[5] Von dem Gelde habe ich außer den ersten 200 Thl mir noch nichts geben lassen. Die letzte Zeit habe ich es nicht gefodert, weil es mir wohl schien als würde Kn.[orring] es grade nicht übrig haben. Jetzt denke ich es in wenigen Tagen zu erhalten, und dann werde ich eine weise Eintheilung machen. Anzuschaffen habe ich mir noch manches nöthig gefunden; doch finde ich das meiste, in baarem Gelde berechnet, ziemlich wohlfeil. Der Cours ist jetzt der Ducaten zu 11 fl, der Karolin also 22 fl, oft auch nicht einmal ganz so viel.
Mit Albert habe ich viele Noth; ich gebe mir die ersinnlichste Mühe ihn oft zu sehen und er entschlüpft mir immer wieder. Vorigen Sonntag aß ich mit ihm bei Decarro; eben hatten wir abgespeißt und ich wollte noch ausführlich mit ihm reden, mich auch auf dem nächsten Sonntag mit ihm zu einer Zusammenkunft verabreden, da war er schon weg. Den Vorschlag, ihm Sonntags eine lateinische Stunde zu geben, hat er zwar angenommen. Ich sehe aber nicht wie es zu Stande kommen soll, wenn er es mir so gar schwer macht, ihn zu erhaschen. Wenn ich erst in der Stadt wohne, so denke ich es doch [6] durchzusetzen. – Ob der Fall beim ausbrechenden Kriege eintreten könne, daß selbst die Cadetten Dienste nehmen müßten, verstehe ich nicht recht zu beurtheilen; ich will mir aber Mühe geben es zu erfahren. Mich däucht, Graf Odonell könnte das am besten beurtheilen. Wo nicht, so will ich bei Hormayr aushören. – Von öffentlichen Dingen weiß ich Dir gar nichts zu schreiben, als daß die Landwehr ganz trefflich und unvergleichlich von Statten geht; die Gesinnung und der Wille des Volks ist der beste. Daß Fiume und das Littorale mit Hungarn vereinigt worden, ist diesen sehr erwünscht, und wird sie auch gut stimmen für ihre Insurrection. In östreichisch Pohlen ist keine Landwehr, aber eine desto stärkere Reserve. – Daß Preußen sich neuerdings mit Frankreich alliirt habe, ist ein allgemein verbreitetes Gerücht. Von den Lägern in Bayern usw. das steht in den Zeitungen. Alles andre müßt Ihr besser wissen. –
Daß Du mich auf Rehberg und Brandes Werke aufmerksam machst, danke ich Dir. Leider aber zweifle ich sehr, da ich sie hier irgend werde bekommen können. – Kommt Ihr also, so bringe sie ja mit.
[7] Meine Freunde in Kölln, die sonst sehr gut unterrichtet sind, halten es für möglich, daß der Krieg noch diesen Herbst ausbricht, aber auch nur möglich. Wahrscheinlich ist es ganz und gar nicht. – Hofrat Zeiller habe ich noch nicht gesehn, weil er auf dem Lande ist. – Die Chronik von Kölln sollst Du gewiß noch haben; sie ist immer vorräthig und hat ihren ziemlich festen Preiß. Da von meinen in Kölln zurückgebliebenen Büchern ohnehin ziemlich viele zum Verkauf bestimmt sind, so kann dieß leicht ausgetauscht werden. – Den verlangten Nahmen des Schuhmachers weiß sich Sophie durchaus nicht mehr zu besinnen. – Deinen Brief an Frau v.[an] Nuys habe ich sogleich nach Baden besorgt. Best sagte mir daß sie in einigen Tagen wieder herkomme; dann werde ich sie sogleich besuchen. Dem Best geht es über alle Maßen schlecht und traurig. Das Unglück ist nur, daß er zur Medicin durch seine Abneigung wirklich ganz unfähig ist, und doch nun einmal nur auf diesen Stand eingerichtet ist. – Betreibe es ja recht mit Florio und Blancheflure und gieb auch schnell Nachricht, wenn Du Antwort von Zimmer erhältst.
[8] Seckendorf würde freilich eine große Freude darüber haben, wenn Du ihm den Tristan gäbest. Nur kommt er nicht genug in der Menschen Hände; und dann ließt man so ein Journal nicht weiter, wenn die Zeit einmal vorbei ist. – Daß es mit unserm Mittelalter nun noch etwas Anstand haben muß, ist mir eben Leid genug. Doch darüber nächstens mehr. Der Ludwig Tieck trägt mir nun auf Dich recht sehr zu bitten, ihm den Tristan zu geben für ein poetisches Taschenbuch, das er im Herbst bei Mohr und Zimmer herausgeben wird. So viel ist wenigstens gewiß, daß es da in mehr poetischer Umgebung und Gesellschaft erschiene. Ob Du geneigt dazu sein wirst, weiß ich nun nicht, habe Dir aber doch wenigstens seinen Wunsch vortragen wollen.
Sophieʼn wirst Du entschuldigen, wenn sie Dir auch heute nicht schreibt, da sie nicht [nur] durch ihre Krankheit sehr zerrüttet, sondern auch durch den Gedanken und die Anstalten der noch bevorstehenden Reise beunruhigt ist. Hättest Du etwa wieder an sie zu schreiben, so richte es nach München poste restante. Oder denkst Du sie etwa noch selbst dort zu treffen? – Einen Monat glaube ich, bleiben sie wohl aufs mindeste da.
[9] Die Briefe an mich bitte ich künftig nur zu addressiren bei Schinner & Klinger auf dem St. Petersplatz. Theils weiß ich meine Wohnung noch nicht und dann so nehme ich sie auch nur auf einen Monath, und könnte vielleicht nachher noch wechseln müssen. Also bis auf weiteres unter jener Adresse. – Das Gedicht auf die Jungfrau von Orleans habe ich Seckendorf sogleich gegeben und es wird schon in der Druckerei sein. – Unsre Gedichte gemeinschaftlich in Eine Sammlung zu vereinigen, ist ein schöner Gedanke und ich wäre sehr damit einverstanden. Nur weiß ich nicht ob Cotta in eine solche Idee sich finden wird, da er nur eine gewöhnliche zweite Auflage im Sinne hat. Deine Scherzgedichte müssen durchaus mit abgedruckt werden; vor allem die gegen Voß aber auch ohne Frage die gegen Kotzebue, wenigstens die wichtigsten darunter. Diese Gedichte sind classisch in jeder Hinsicht, und gehören der Nachwelt an. Die Stael kennt die Deutsche Welt noch viel zu wenig, um darüber ein Urtheil zu haben. Auch wäre es eine falsche Nachgiebigkeit, die ganz ihres Zwecks verfehlen würde. Troxler habe ich einigemal gesehn und ihn noch trockner als unklug gefunden. Er hat einmal mit Schmidt und Malfatti hier gespeißt, nebst [10] beiden letzten die Frau von Stransky behandelt und über Wilhelm einmal ein Consilium gehalten. Ich werde Dir nun von jetzt an regelmäßig alle acht Tage schreiben, da es hieführo hoffe ich immer mehr erfreuliches und bedeutendes zu berichten geben wird. Laß also Deinen Zorn fahren und schreibe auch Du mir recht fleißig. Das Beste und Erwünschteste wäre die Nachricht von Deiner baldigen Anherkunft. – Dem Seckendorf wird übrigens alles von Dir gleich sehr willkommen sein, Umrisse eben so wohl als noch mehr aus den Heften. Doch mir ist jetzt die Erscheinung des Ganzen Deiner hiesigen Vorlesungen am wichtigsten, wenn Du dann auch den Prometheus etwas weniges darben läßt. Ich denke mehres Historische hineinzugeben, besonders einen Aufsatz über das Studium der Geschichte.
Nun lebe herzlich wohl. Alle grüssen Dich bestens.
Ewig der Deine
Friedrich.

Hardenberg schreibt mir wunderschön von Stolbergs und sehr liebevoll von Dir.
[1] Wien den 26ten Aug. 1808.
Den vorigen Posttag hatte ich mir gewiß vorgenommen, an Dich zu schreiben. Unvermuthet ließ mich Hormayr in die Stadt bescheiden, um eine versprochne Bekantschaft (des General Gomez) zu machen; da wir das Archiv zusammen besahen, so ging viele Zeit damit hin und es wurde zu spät. Dießmal will ich also lieber in Vorrath schreiben. – Dein letzter Brief, geliebter Freund, enthält wieder viele Vorwürfe; Du wirst unterdessen meine spätern Briefe, auch die vom 13ten Aug. an Dich und an die Frau von Stael erhalten haben. Außer der weiten Entfernung vergißt Du auch das in Anschlag zu bringen, daß jetzt die meisten Leute auf dem Lande sind, also von Bekantschaften und dem Erfolg derselben in der That noch nichts irgend Bedeutendes sich ergeben hat, was ich Dir nicht sogleich gemeldet hätte. – Hormayr besteht darauf daß ich die Vorlesung schon im November anfangen, die Erlaubniß dazu also gleich nachsuchen soll. Ich werde deshalb auch seinem Rathe gemäß bei dem Graf Rottenhan, sobald ich ihn treffen kann, und auch sonst die nöthigen Schritte thun und Dir gleich [2] Nachricht von dem Erfolge geben. – Hormayr schien mir sehr erfreut über Deinen Brief. Er ist eben für einige Tage aufs Land gereist zu seiner Frau; er trug mir nebst vielen herzlichen Empfehlungen [auf] zu sagen, er würde seine Antwort an Dich noch etwas verschieben, weil er hoffe Dir alsdann auf Deine Anfrage wegen Rüdiger etwas sehr befriedigendes sagen zu können, dem er schon auf der Spur sei. Er hat mir auch ein gestochnes Bild und ein Blatt in sein Stammbuch für Dich gegeben; das letzte, sagt er, hätte er schon einmal gethan, Du würdest es wohl verlegt haben. Haschka gehört zu unsern aufrichtigsten und wärmsten Freunden; ich sehe ihn auch oft; er verschafft mir Bücher zum Karl. Den Coxe hat mir Odonell versprochen, noch habe ich ihn aber nicht.
Von meinen Studien könnte ich Dir genug schreiben, aber Du würdest doch wenig damit zufrieden sein, sobald ich nicht einen fertig abgeschriebnen Act senden kann. Das Lesen der Briefe und handschriftlichen Sachen war mir viel werth, es giebt eine unschätzbare unmittelbare Anschauung; aber ich sehe wohl daß ich mich eigentlich mit dieser begnügen muß, und nicht alles lesen kann, da es gar zu viel ist, und so werde ich denn mit [3] Gottes Hülfe Hand ans Werk legen. – Die letzten Wochen war ich meiner Frau wegen sehr unruhig, endlich habe ich Gott sei Dank, Nachrichten und zwar sehr gute vom 13ten August aus Frankfurt erhalten. Von da hat sie weil keine andre Gelegenheit war, den Weg über Bamberg und Hof nach Dreßden genommen. Jetzt muß sie schon in Dreßden sein. Wie froh ich darüber bin, kann ich Dir nicht genug mit Worten sagen; recht von Herzen danke ich Dir, daß Du ihr fortgeholfen hast. Es wird auch ihr unvergeßlich sein; der Himmel gebe nun weiter seinen Seegen. – Geliebter Bruder wenn Du darüber daß Du zu wenig Briefe erhalten hast, etwas verdrießlich bist, so kann ich dieß leicht begreifen; wenn Du aber in meine Freundschaft und Liebe überhaupt Zweifel setzest, so weiß ich gar nicht was ich dazu sagen soll. Hast Du denn ganz vergessen wie wir auch noch 1806–1807 zusammen gelebt? Und in welcher gar nicht günstigen Umgebung. Ist es denn überhaupt noch nöthig uns selbst daran zu erinnern wie ganz eins unser öffentliches Leben, wie groß das Ziel und der Sinn unsrer Freundschaft [4] ist? Daran muß ich aber recht oft denken, wie viel schöner wir hier zusammen leben könnten, als irgendwo sonst. – Wenn ich ganz gewiß wüßte, daß Du kämest, so würde ich in großer Versuchung sein, ein etwas geräumiges Zimmer zu nehmen, wo Du allenfalls dann mit mir zusammen wohnen könntest, und wir desto ungestörter zusammen seyn und zusammen arbeiten. – Ich suche jetzt eine Wohnung in der Stadt, und werde wahrscheinlich bald eine finden. Ich werde sie vom 1. Sept. an bezahlen müssen, wenn ich gleich wohl noch die ersten Tage des Monats hier draußen sein werde. Hier im Hause geht es immer noch nicht zum Besten. Sophiens Gesundheit hat durch die nicht recht ausgekommenen Masern außerordentlich gelitten; die Frau von Stransky ist wieder viel kränker geworden; die arme Frau leidet unsäglich viel. Sie denken nun gegen die Mitte Septembers zu reisen, wenn es anders alsdann schon möglich ist. Schreib mir doch, ob in St. Pölten und in Melk etwas bedeutendes zu sehn ist. Eine halbe Tagreise möchte ich sie doch wohl begleiten.
[5] Von dem Gelde habe ich außer den ersten 200 Thl mir noch nichts geben lassen. Die letzte Zeit habe ich es nicht gefodert, weil es mir wohl schien als würde Kn.[orring] es grade nicht übrig haben. Jetzt denke ich es in wenigen Tagen zu erhalten, und dann werde ich eine weise Eintheilung machen. Anzuschaffen habe ich mir noch manches nöthig gefunden; doch finde ich das meiste, in baarem Gelde berechnet, ziemlich wohlfeil. Der Cours ist jetzt der Ducaten zu 11 fl, der Karolin also 22 fl, oft auch nicht einmal ganz so viel.
Mit Albert habe ich viele Noth; ich gebe mir die ersinnlichste Mühe ihn oft zu sehen und er entschlüpft mir immer wieder. Vorigen Sonntag aß ich mit ihm bei Decarro; eben hatten wir abgespeißt und ich wollte noch ausführlich mit ihm reden, mich auch auf dem nächsten Sonntag mit ihm zu einer Zusammenkunft verabreden, da war er schon weg. Den Vorschlag, ihm Sonntags eine lateinische Stunde zu geben, hat er zwar angenommen. Ich sehe aber nicht wie es zu Stande kommen soll, wenn er es mir so gar schwer macht, ihn zu erhaschen. Wenn ich erst in der Stadt wohne, so denke ich es doch [6] durchzusetzen. – Ob der Fall beim ausbrechenden Kriege eintreten könne, daß selbst die Cadetten Dienste nehmen müßten, verstehe ich nicht recht zu beurtheilen; ich will mir aber Mühe geben es zu erfahren. Mich däucht, Graf Odonell könnte das am besten beurtheilen. Wo nicht, so will ich bei Hormayr aushören. – Von öffentlichen Dingen weiß ich Dir gar nichts zu schreiben, als daß die Landwehr ganz trefflich und unvergleichlich von Statten geht; die Gesinnung und der Wille des Volks ist der beste. Daß Fiume und das Littorale mit Hungarn vereinigt worden, ist diesen sehr erwünscht, und wird sie auch gut stimmen für ihre Insurrection. In östreichisch Pohlen ist keine Landwehr, aber eine desto stärkere Reserve. – Daß Preußen sich neuerdings mit Frankreich alliirt habe, ist ein allgemein verbreitetes Gerücht. Von den Lägern in Bayern usw. das steht in den Zeitungen. Alles andre müßt Ihr besser wissen. –
Daß Du mich auf Rehberg und Brandes Werke aufmerksam machst, danke ich Dir. Leider aber zweifle ich sehr, da ich sie hier irgend werde bekommen können. – Kommt Ihr also, so bringe sie ja mit.
[7] Meine Freunde in Kölln, die sonst sehr gut unterrichtet sind, halten es für möglich, daß der Krieg noch diesen Herbst ausbricht, aber auch nur möglich. Wahrscheinlich ist es ganz und gar nicht. – Hofrat Zeiller habe ich noch nicht gesehn, weil er auf dem Lande ist. – Die Chronik von Kölln sollst Du gewiß noch haben; sie ist immer vorräthig und hat ihren ziemlich festen Preiß. Da von meinen in Kölln zurückgebliebenen Büchern ohnehin ziemlich viele zum Verkauf bestimmt sind, so kann dieß leicht ausgetauscht werden. – Den verlangten Nahmen des Schuhmachers weiß sich Sophie durchaus nicht mehr zu besinnen. – Deinen Brief an Frau v.[an] Nuys habe ich sogleich nach Baden besorgt. Best sagte mir daß sie in einigen Tagen wieder herkomme; dann werde ich sie sogleich besuchen. Dem Best geht es über alle Maßen schlecht und traurig. Das Unglück ist nur, daß er zur Medicin durch seine Abneigung wirklich ganz unfähig ist, und doch nun einmal nur auf diesen Stand eingerichtet ist. – Betreibe es ja recht mit Florio und Blancheflure und gieb auch schnell Nachricht, wenn Du Antwort von Zimmer erhältst.
[8] Seckendorf würde freilich eine große Freude darüber haben, wenn Du ihm den Tristan gäbest. Nur kommt er nicht genug in der Menschen Hände; und dann ließt man so ein Journal nicht weiter, wenn die Zeit einmal vorbei ist. – Daß es mit unserm Mittelalter nun noch etwas Anstand haben muß, ist mir eben Leid genug. Doch darüber nächstens mehr. Der Ludwig Tieck trägt mir nun auf Dich recht sehr zu bitten, ihm den Tristan zu geben für ein poetisches Taschenbuch, das er im Herbst bei Mohr und Zimmer herausgeben wird. So viel ist wenigstens gewiß, daß es da in mehr poetischer Umgebung und Gesellschaft erschiene. Ob Du geneigt dazu sein wirst, weiß ich nun nicht, habe Dir aber doch wenigstens seinen Wunsch vortragen wollen.
Sophieʼn wirst Du entschuldigen, wenn sie Dir auch heute nicht schreibt, da sie nicht [nur] durch ihre Krankheit sehr zerrüttet, sondern auch durch den Gedanken und die Anstalten der noch bevorstehenden Reise beunruhigt ist. Hättest Du etwa wieder an sie zu schreiben, so richte es nach München poste restante. Oder denkst Du sie etwa noch selbst dort zu treffen? – Einen Monat glaube ich, bleiben sie wohl aufs mindeste da.
[9] Die Briefe an mich bitte ich künftig nur zu addressiren bei Schinner & Klinger auf dem St. Petersplatz. Theils weiß ich meine Wohnung noch nicht und dann so nehme ich sie auch nur auf einen Monath, und könnte vielleicht nachher noch wechseln müssen. Also bis auf weiteres unter jener Adresse. – Das Gedicht auf die Jungfrau von Orleans habe ich Seckendorf sogleich gegeben und es wird schon in der Druckerei sein. – Unsre Gedichte gemeinschaftlich in Eine Sammlung zu vereinigen, ist ein schöner Gedanke und ich wäre sehr damit einverstanden. Nur weiß ich nicht ob Cotta in eine solche Idee sich finden wird, da er nur eine gewöhnliche zweite Auflage im Sinne hat. Deine Scherzgedichte müssen durchaus mit abgedruckt werden; vor allem die gegen Voß aber auch ohne Frage die gegen Kotzebue, wenigstens die wichtigsten darunter. Diese Gedichte sind classisch in jeder Hinsicht, und gehören der Nachwelt an. Die Stael kennt die Deutsche Welt noch viel zu wenig, um darüber ein Urtheil zu haben. Auch wäre es eine falsche Nachgiebigkeit, die ganz ihres Zwecks verfehlen würde. Troxler habe ich einigemal gesehn und ihn noch trockner als unklug gefunden. Er hat einmal mit Schmidt und Malfatti hier gespeißt, nebst [10] beiden letzten die Frau von Stransky behandelt und über Wilhelm einmal ein Consilium gehalten. Ich werde Dir nun von jetzt an regelmäßig alle acht Tage schreiben, da es hieführo hoffe ich immer mehr erfreuliches und bedeutendes zu berichten geben wird. Laß also Deinen Zorn fahren und schreibe auch Du mir recht fleißig. Das Beste und Erwünschteste wäre die Nachricht von Deiner baldigen Anherkunft. – Dem Seckendorf wird übrigens alles von Dir gleich sehr willkommen sein, Umrisse eben so wohl als noch mehr aus den Heften. Doch mir ist jetzt die Erscheinung des Ganzen Deiner hiesigen Vorlesungen am wichtigsten, wenn Du dann auch den Prometheus etwas weniges darben läßt. Ich denke mehres Historische hineinzugeben, besonders einen Aufsatz über das Studium der Geschichte.
Nun lebe herzlich wohl. Alle grüssen Dich bestens.
Ewig der Deine
Friedrich.

Hardenberg schreibt mir wunderschön von Stolbergs und sehr liebevoll von Dir.
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