Ew Wohlgeb. bin ich noch die Antwort auf zwey Briefe schuldig, vom 2ten Aug u vom 3ten Oct. In Betreff des letztern habe ich von Frau von Stael den Auftrag, Ihnen verbindlichst zu danken für das gütige Anerbieten, ihren jüngsten Sohn (denn dieß war der Knabe, den meine Anfrage im verwichnen Sommer galt) selbst in Ihr Haus zu nehmen. Sie ist aber jetzt nicht mehr in dem Falle, Gebrauch davon machen zu können; ihr Plan hat sich verändert. Da sie genöthigt ist ihren älteren Sohn auswärts zu schicken, so will sie sich nicht zugleich von beyden trennen.
Meine Anfrage wegen der Stärke der ersten Ausgabe meiner Gedichte hätte Ew. Wohlgeb. keinen Anlaß zur Empfindlichkeit geben sollen. Sie konnte sich, so unbefangen wie ich sie that, nur auf die Vermuthung eines Schreibfehlers von Ihrer Seite, oder eines Gedächtnißfehlers von der meinigen beziehen. Wenn Ew. Wohlgeb. bey diesem Verlags-Artikel, nach beynahe völligem Absatze der Auflage, so gar keinen Vortheil sondern vielmehr Verlust der Zinsen des angelegten Capitals gehabt haben, so begreife ich [2] kaum, wie Sie noch Lust haben können, eine zweyte Ausgabe zu unternehmen, da wir uns doch wohl ein für allemal von einer Sammlung Gedichte nicht den schnellen Absatz eines Taschenbuchs versprechen dürfen. Ich habe meinerseits allerley Gründe die Herausgabe einer vermehrten Sammlung meiner Gedichte noch etwas länger hinauszuschieben.
Ich bin jetzt lebhaft mit einer andern Schrift beschäftigt, die unter dem Titel Umrisse, auf Reisen entworfen, gedrängte Darstellungen von meinen Reisen durch Italien, Frankreich u die Schweiz in Prosa und Gedichten enthalten soll. Wenn Sie glauben, daß eine solche Schrift einiges Glück machen könnte, so will ich Ihnen Vorschläge deßhalb thun.
Mit vollkommenster Hochachtung
Ew. Wohlgeb.
ergebenster
A W Schlegel
Schlegel 18 Octb 1807
26 eod.
2 Nov