• Herr Meyer to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Soltau · Place of Destination: Brüssel · Date: 16.03.1814
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Herr Meyer
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Soltau
  • Place of Destination: Brüssel
  • Date: 16.03.1814
  • Notations: Wohl ein Hauslehrer Schlegels in Hannover. Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-1a-34292
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.15,Nr.55
  • Number of Pages: 4S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 25,1 x 20,2 cm
  • Incipit: „[1] Soltau 16ten März 1814.
    Mein sehr verehrter und hochgeschätztester Freund!
    Wie gütig ist es von Ihnen, daß Sie sich nach so [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
  • Varwig, Olivia
[1] Soltau 16ten März 1814.
Mein sehr verehrter und hochgeschätztester Freund!
Wie gütig ist es von Ihnen, daß Sie sich nach so vielen, seit meiner Trennung von Ihnen, verflossenen Jahren, und bey den zahllosen Geschäften die Sie umgeben, meiner noch erinnern! Sie setzen mich, durch dieses Ihr Andenken an mich, und durch die beyden, mir übersandten trefflichen Schriften, in Gedanken wieder in eine Zeit zurück, worinn ich von der einen Seite nicht weniger zu beneiden, als, von der andern, zu bedauren war. Oft, wenn Sie mich in der Zeit so heftig am Bluthusten leiden und dem Tode so nahe kommen sahen, wie theilnehmend traurig saaßen Sie dann bey mir! und wie beneidenswürdig glücklich war ich dabey zugleich, daß ich Sie, meinen [2] meinen Liebling, dann bey mir hatte, dessen unvergleichliche Fähigkeiten und Fleiß meinen Anleitungen fast immer zuvor kamen, und den ich immer als Muster meinen übrigen kleinen Freunden empfehlen konnte! Glauben Sie mir, mein Theurester! ich bin der Vorsehung recht dankbar dafür, daß sie mich in meinem Alter diese große Freude, und das fast nicht zu erwaretende Glück hat erleben lassen, Sie so, und auf diese Art, wieder zu finden.
Unendlich Vergnügen machte mir meine Schwigerinn, die Pastorin Eichhorn durch die Versicherung, die sie mir vor etlichen Tagen geschrieben hat, daß ich hoffen dürfte, Sie hier in Soltau noch in meine Arme zu schliessen; und Ihnen dann mündlich noch sagen zu können, wie sehr mein Hertz Sie bewundert hochschätzet und liebet! Vergessen will ich [3] alsdenn aller Stürme, die in den vielen vergangenen Jahren um mich her tobten. ruhig neben Ihnen sitzend, will ich dann in die fröliche Jugendzeit zurück blicken, da wir auf Ihrer Eltern Garten uns einander examinirten, und herrliches Obst aaßen, da wir uns in der Kalchgrube auf dem Lindner Berge spät abends, einander, zu meiner größesten Angst, verlohren hatten, und Sie und ich, beyde weinend vor Freuden, uns in Hannover wieder fanden, und tausend andere Auftritte mehr, die meinem Gedächtniße sich tief eingedrückt haben. Was aber werden Sie mir in meiner stillen hiesigen Einsamkeit nicht alles mittheilen können, wenn Sie mir einen Blick in Ihre Lebens-Schicksale erlauben!!
Ohne, daß ich Sie darum bitte, erfüllen Sie gewiß meinen Wunsch, und erhalten [4] mir auch noch ferner hin Ihr mir so theures unschätzbares Andenken.
Unter den innigsten Wünschen für Ihr vollenkommenstes Wolbefinden, und unter den Versicherungen meiner unbegrenzesten Verehrung, empfehle ich mich Ihnen
gehorsamst.
Meyer.
[1] Soltau 16ten März 1814.
Mein sehr verehrter und hochgeschätztester Freund!
Wie gütig ist es von Ihnen, daß Sie sich nach so vielen, seit meiner Trennung von Ihnen, verflossenen Jahren, und bey den zahllosen Geschäften die Sie umgeben, meiner noch erinnern! Sie setzen mich, durch dieses Ihr Andenken an mich, und durch die beyden, mir übersandten trefflichen Schriften, in Gedanken wieder in eine Zeit zurück, worinn ich von der einen Seite nicht weniger zu beneiden, als, von der andern, zu bedauren war. Oft, wenn Sie mich in der Zeit so heftig am Bluthusten leiden und dem Tode so nahe kommen sahen, wie theilnehmend traurig saaßen Sie dann bey mir! und wie beneidenswürdig glücklich war ich dabey zugleich, daß ich Sie, meinen [2] meinen Liebling, dann bey mir hatte, dessen unvergleichliche Fähigkeiten und Fleiß meinen Anleitungen fast immer zuvor kamen, und den ich immer als Muster meinen übrigen kleinen Freunden empfehlen konnte! Glauben Sie mir, mein Theurester! ich bin der Vorsehung recht dankbar dafür, daß sie mich in meinem Alter diese große Freude, und das fast nicht zu erwaretende Glück hat erleben lassen, Sie so, und auf diese Art, wieder zu finden.
Unendlich Vergnügen machte mir meine Schwigerinn, die Pastorin Eichhorn durch die Versicherung, die sie mir vor etlichen Tagen geschrieben hat, daß ich hoffen dürfte, Sie hier in Soltau noch in meine Arme zu schliessen; und Ihnen dann mündlich noch sagen zu können, wie sehr mein Hertz Sie bewundert hochschätzet und liebet! Vergessen will ich [3] alsdenn aller Stürme, die in den vielen vergangenen Jahren um mich her tobten. ruhig neben Ihnen sitzend, will ich dann in die fröliche Jugendzeit zurück blicken, da wir auf Ihrer Eltern Garten uns einander examinirten, und herrliches Obst aaßen, da wir uns in der Kalchgrube auf dem Lindner Berge spät abends, einander, zu meiner größesten Angst, verlohren hatten, und Sie und ich, beyde weinend vor Freuden, uns in Hannover wieder fanden, und tausend andere Auftritte mehr, die meinem Gedächtniße sich tief eingedrückt haben. Was aber werden Sie mir in meiner stillen hiesigen Einsamkeit nicht alles mittheilen können, wenn Sie mir einen Blick in Ihre Lebens-Schicksale erlauben!!
Ohne, daß ich Sie darum bitte, erfüllen Sie gewiß meinen Wunsch, und erhalten [4] mir auch noch ferner hin Ihr mir so theures unschätzbares Andenken.
Unter den innigsten Wünschen für Ihr vollenkommenstes Wolbefinden, und unter den Versicherungen meiner unbegrenzesten Verehrung, empfehle ich mich Ihnen
gehorsamst.
Meyer.
×