Du wirst es mir verzeihen, daß ich, im Vertrauen auf Deine freundschaftliche Dienstfertigkeit, Dir wieder eine kleine Mühe verursache. Ich schrieb Dir gelegentlich, daß mein Freund, der Amtschreiber Schelling, einen Bruder in holländischen Diensten habe, der sich mit im Felde befindet. Ungeachtet er schon häufig an ihn geschrieben, und sich genau nach der von seinem Bruder erhaltnen Anweisung gerichtet und die Briefe über Den Haag geschickt hat, so hat doch dieser noch keinen Brief erhalten und klagt sehr darüber. Da der Amtschreiber nun seinem Bruder über verschiedne wichtige Familienangelegenheiten zu schreiben hat, so hat er mich gebeten, einmal den Versuch zu machen und Dich um gefällige weitere Besorgung dieses einliegenden Briefes zu ersuchen. Ich bin überzeugt, daß du Dein möglichstes dabey thun wirst; und da der Mann bey einem angesehenen General als Adjutant angesetzt ist, so sollte ich ja wohl denken, daß er ausfindig zu machen seyn müßte. Die etwanige kleine Auslage dafür kann ja einmal gelegentlich vergütet werden. Du wirst mich durch Erfüllung dieser Bitte und wenn du nur in einer Zeile meldest, ob du diesen Brief erhalten und ob du ihn mit Hoffnung eines guten Erfolgs weiter bestellt hast, auch wie man es am besten mit der Bestellung künftiger Briefe zu halten, recht sehr verbinden.
Es thut mir leid, daß ich Dich mit einer Commission be[2]lästigen muß, ohne doch ein paar einigermaaßen interessante Zeilen beyfügen zu können. Aber, es ist heute der Tag vor dem Feste, und noch dazu erwarte ich heute meinen Schwager, den Kaufmann, nebst seiner Frau, welche das Fest hier zubringen werden. Ueber Ernstʼs Beförderung hast du dich gewiß sehr gefreut. Das ist denn doch wieder die erste angenehme Begebenheit in unsrer Familie! Ich empfehle in dieser höchst ängstlichen Zeitperiode Holland und ganz Europa der Vorsorge des Himmels. Sollten die Franzosen nach Holland kommen, so wird Europa ohne Gnade seinen Nacken unter das Mordmesser der pariser Advocaten, Comödianten, Lichtputzer und Haarfriseure beugen müssen. Deine Uebersetzung von Rendorps Memoiren habe ich nun aus der Lesegesellschaft erhalten und mit Vergnügen gelesen. Auch Vorrede und Anmerkungen haben meinen Beyfall. Vale faveque mihi.
Der deinige
Moriz Schlegel.
Harburg
d. 7 Juni 1794.