• Amalie Wolper to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Lingen (Ems) · Place of Destination: Bonn · Date: 08.12.1839
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Amalie Wolper
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Lingen (Ems)
  • Place of Destination: Bonn
  • Date: 08.12.1839
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-1a-34336
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.29,Nr.53
  • Number of Pages: 4S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 22,6 x 13,9 cm
  • Incipit: „[1] Lingen d. 8ten Decbr.
    1839.
    Theuerster Oheim!
    Wie wohl thut unserem Herzen, selbst bei den größten Bekümmernissen, doch eine aufrichtige und herzliche [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
  • Varwig, Olivia
  • Zeil, Sophia
[1] Lingen d. 8ten Decbr.
1839.
Theuerster Oheim!
Wie wohl thut unserem Herzen, selbst bei den größten Bekümmernissen, doch eine aufrichtige und herzliche Theilnahme. Ihre Zeilen, die ich diesen Morgen empfing, haben mich gerührt und auf wunderbare Weise erhoben, Sie sind so gütig und väterlich gegen mich gesinnt, daß ich mir nun nicht mehr verlassen in der Welt vorkomme. Möge Gott es Ihnen mit seinem besten Seegen lohnen.
Ihr großmüthiges Geschenk von 10 Louisd’or habe ich richtig erhalten und danke Ihnen innigst dafür. Einen festen Entschluß wegen meiner Reise nach Harburg habe ich noch nicht fassen können, weil ich fast seit 14 Tagen ohne Nachrichten von dort bin und nun nicht weiß, ob es besser oder schlimmer steht. Ich habe mich jedoch so eingerichtet, daß, sollte letzte[2]res der Fall sein, – was Gott verhüten möge! – ich schnell abreisen kann. Auf meine eigne Gesundheit nehme ich dann keine Rücksicht, obwohl ich mehr als halb krank durch die heftige Gemüthserschütterung und die stete Angst und Unruhe bin, denn es erscheint mir als höhere Pflicht, den Meinigen in so trauriger Lage beizustehen, wobei ich die feste Zuversicht hege, daß Gott mich schützen und stärken wird. Größeres Bedenken trage ich, Hermann hier bei Fremden zurück zu lassen und das müßte doch geschehen, da meine Rückkehr sich nicht bestimmen läßt und er nicht auf so lange Zeit im Lernen unterbrochen werden darf. Sein Augenübel kehrt nämlich häufig wieder, und der Arzt hat mir, besonders hinsichtlich der Diät, große Vorsicht empfohlen, worauf Fremde nun wohl weniger achtsam sein werden. Doch auch dieses müßte, bei der jetzigen Veranlassung, in den Hintergrund treten.
Über das Schicksal meines unglücklichen Bruders bin ich nun noch gänzlich in Unwissenheit. Allerdings könnte ich meinen Weg, falls ich nach Harburg reise, über Verden nehmen, es ist nicht bedeutend weiter, doch führt keine Chaussee dahin und die Wege sind bei regnigem Wetter kaum zu passiren. [3] Bei Frost ginge das nun besser und ich müßte mir dann in Bremen einen Hauderer nehmen, da ich bezweifle, daß ein bedeckter Postwagen nach Verden fährt. – Sobald ich etwas Entscheidendes erfahre, theile ich es Ihnen sofort mit.
Meiner guten Mutter wird es sehr tröstlich sein, wenn Sie ihr einmal schreiben wollen. Sie haben ihr immer so wahrhaft brüderliche Gesinnungen bewiesen, daß sie eine aufrichtige Liebe und große Verehrung für Sie hegt.
Sollte meine Anwesenheit für den Augenblick in Harburg nicht erforderlich sein, so hege ich die Überzeugung, daß Sie, geliebtester Oheim, nichts dagegen haben werden, wenn ich Ihr gütiges Geschenk mit meiner armen Schwester theile, damit sich diese, bei ihrem geschwächten Gesundheitszustande doch einige Pflege und Bequemlichkeit verschaffen kann. Die andre Hälfte lasse ich dann liegen, damit, sollte ich über kurz oder lang ein mal nach Harburg reisen müssen, ich gleich mit Reisegeld versehen bin.
Sie erwähnen einer Unpäßlichkeit, theurer Oheim, hoffentlich ist diese aber unbedeutender Art und schon wieder gehoben. Möge der Himmel Sie erhalten! [4] Leben Sie recht wohl.
Mit aufrichtiger Liebe
Ihre
dankbare Nichte
Amalie Wolper.
[1] An meine Schwägerin geschrieben d. 16ten Dec: 39
Wiederum d. 20sten.
II.
[1] Lingen d. 8ten Decbr.
1839.
Theuerster Oheim!
Wie wohl thut unserem Herzen, selbst bei den größten Bekümmernissen, doch eine aufrichtige und herzliche Theilnahme. Ihre Zeilen, die ich diesen Morgen empfing, haben mich gerührt und auf wunderbare Weise erhoben, Sie sind so gütig und väterlich gegen mich gesinnt, daß ich mir nun nicht mehr verlassen in der Welt vorkomme. Möge Gott es Ihnen mit seinem besten Seegen lohnen.
Ihr großmüthiges Geschenk von 10 Louisd’or habe ich richtig erhalten und danke Ihnen innigst dafür. Einen festen Entschluß wegen meiner Reise nach Harburg habe ich noch nicht fassen können, weil ich fast seit 14 Tagen ohne Nachrichten von dort bin und nun nicht weiß, ob es besser oder schlimmer steht. Ich habe mich jedoch so eingerichtet, daß, sollte letzte[2]res der Fall sein, – was Gott verhüten möge! – ich schnell abreisen kann. Auf meine eigne Gesundheit nehme ich dann keine Rücksicht, obwohl ich mehr als halb krank durch die heftige Gemüthserschütterung und die stete Angst und Unruhe bin, denn es erscheint mir als höhere Pflicht, den Meinigen in so trauriger Lage beizustehen, wobei ich die feste Zuversicht hege, daß Gott mich schützen und stärken wird. Größeres Bedenken trage ich, Hermann hier bei Fremden zurück zu lassen und das müßte doch geschehen, da meine Rückkehr sich nicht bestimmen läßt und er nicht auf so lange Zeit im Lernen unterbrochen werden darf. Sein Augenübel kehrt nämlich häufig wieder, und der Arzt hat mir, besonders hinsichtlich der Diät, große Vorsicht empfohlen, worauf Fremde nun wohl weniger achtsam sein werden. Doch auch dieses müßte, bei der jetzigen Veranlassung, in den Hintergrund treten.
Über das Schicksal meines unglücklichen Bruders bin ich nun noch gänzlich in Unwissenheit. Allerdings könnte ich meinen Weg, falls ich nach Harburg reise, über Verden nehmen, es ist nicht bedeutend weiter, doch führt keine Chaussee dahin und die Wege sind bei regnigem Wetter kaum zu passiren. [3] Bei Frost ginge das nun besser und ich müßte mir dann in Bremen einen Hauderer nehmen, da ich bezweifle, daß ein bedeckter Postwagen nach Verden fährt. – Sobald ich etwas Entscheidendes erfahre, theile ich es Ihnen sofort mit.
Meiner guten Mutter wird es sehr tröstlich sein, wenn Sie ihr einmal schreiben wollen. Sie haben ihr immer so wahrhaft brüderliche Gesinnungen bewiesen, daß sie eine aufrichtige Liebe und große Verehrung für Sie hegt.
Sollte meine Anwesenheit für den Augenblick in Harburg nicht erforderlich sein, so hege ich die Überzeugung, daß Sie, geliebtester Oheim, nichts dagegen haben werden, wenn ich Ihr gütiges Geschenk mit meiner armen Schwester theile, damit sich diese, bei ihrem geschwächten Gesundheitszustande doch einige Pflege und Bequemlichkeit verschaffen kann. Die andre Hälfte lasse ich dann liegen, damit, sollte ich über kurz oder lang ein mal nach Harburg reisen müssen, ich gleich mit Reisegeld versehen bin.
Sie erwähnen einer Unpäßlichkeit, theurer Oheim, hoffentlich ist diese aber unbedeutender Art und schon wieder gehoben. Möge der Himmel Sie erhalten! [4] Leben Sie recht wohl.
Mit aufrichtiger Liebe
Ihre
dankbare Nichte
Amalie Wolper.
[1] An meine Schwägerin geschrieben d. 16ten Dec: 39
Wiederum d. 20sten.
II.
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