• Amalie Wolper to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Harburg, Elbe · Place of Destination: Bonn · Date: 31.08.1843
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Amalie Wolper
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Harburg, Elbe
  • Place of Destination: Bonn
  • Date: 31.08.1843
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-1a-34336
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XIX,Bd.29,Nr.72
  • Number of Pages: 3S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 21 x 13,7 cm
  • Incipit: „[1] Harburg d. 31sten Aug.
    1843.
    Verehrtester Oheim!
    Mit tief betrübtem Herzen mache ich Ihnen in meinem und meiner Schwester Namen die Anzeige, [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Varwig, Olivia
  • Zeil, Sophia
[1] Harburg d. 31sten Aug.
1843.
Verehrtester Oheim!
Mit tief betrübtem Herzen mache ich Ihnen in meinem und meiner Schwester Namen die Anzeige, daß meine innig geliebte Mutter überwunden hat und diesen Morgen um 6 3/4 Uhr sanft entschlafen ist. Es ist dieses ein Ereigniß, welches wir lange Zeit voraus sahen, worauf wir uns vorbereitet glaubten und was zuletzt fast als eine Wohlthat zu betrachten war und dennoch, wie schmerzlich ergriffen, wie tief erschüttert bin ich davon! Schon seit Ende Februar litt meine gute Mutter unaussprechlich viel und diese Leiden steigerten sich in den letzten 14 Tagen zu einem solchen Grade, daß ich noch immer glaube, der armen Mutter Jammertöne zu hören. Unaussprechlich sehnte sie sich nach Erlösung, wohl ihr, daß Gott ihr Gebet erhört und [2] die ewige Ruhe geschenkt hat! Die letzten Stunden waren ohne schweren Kampf und wie ich hoffe und glaube, schmerz- und bewußtlos. Bis gestern Abend hatte sie noch ihre volle Besinnung, erkannte Jeden, nahm Abschied von ihren Freundinnen und jeden Beweis von Liebe und Theilnahme mit Freundlichkeit und Dank auf, obgleich ihr Auge schon seit mehreren Tagen gebrochen und die Stimme unverständlich war. Wahrscheinlich wird sie nächsten Montag beerdigt, in Wilstorf, wo auch mein vortrefflicher Vater ruht. Sie ist 86 Jahre, 5 Monate alt geworden. Von Ihnen sprach sie noch in der letzten Zeit oft und mit großer Theilnahme.
Meine Schwester ist seit 4 Wochen gänzlich gelähmt und da ihrer Tochter die Pflege und Sorge allein zu schwer ward, seitdem hier im Hause. Es ist dieß eine traurige Aussicht für sie und uns, da an keine Genesung zu denken ist und sie noch lange ein sieches Leben führen kann. Wie beunruhigte dieser Gedanke noch zuletzt meine gute Mutter!
Sie entschuldigen es, theurer Oheim, daß ich mich [3] heute kurz fasse, aber mir liegen alle die traurigen Anordnungen und Einrichtungen ob, ich muß eine Menge Briefe schreiben ect.
So leben Sie denn recht wohl und erhalten Sie mir Ihr Wohlwollen und Ihre Theilnahme. Meine Schwester empfiehlt sich Ihnen bestens.
Ihre
Sie aufrichtig liebende Nichte
Amalie Wolper.
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[1] Harburg d. 31sten Aug.
1843.
Verehrtester Oheim!
Mit tief betrübtem Herzen mache ich Ihnen in meinem und meiner Schwester Namen die Anzeige, daß meine innig geliebte Mutter überwunden hat und diesen Morgen um 6 3/4 Uhr sanft entschlafen ist. Es ist dieses ein Ereigniß, welches wir lange Zeit voraus sahen, worauf wir uns vorbereitet glaubten und was zuletzt fast als eine Wohlthat zu betrachten war und dennoch, wie schmerzlich ergriffen, wie tief erschüttert bin ich davon! Schon seit Ende Februar litt meine gute Mutter unaussprechlich viel und diese Leiden steigerten sich in den letzten 14 Tagen zu einem solchen Grade, daß ich noch immer glaube, der armen Mutter Jammertöne zu hören. Unaussprechlich sehnte sie sich nach Erlösung, wohl ihr, daß Gott ihr Gebet erhört und [2] die ewige Ruhe geschenkt hat! Die letzten Stunden waren ohne schweren Kampf und wie ich hoffe und glaube, schmerz- und bewußtlos. Bis gestern Abend hatte sie noch ihre volle Besinnung, erkannte Jeden, nahm Abschied von ihren Freundinnen und jeden Beweis von Liebe und Theilnahme mit Freundlichkeit und Dank auf, obgleich ihr Auge schon seit mehreren Tagen gebrochen und die Stimme unverständlich war. Wahrscheinlich wird sie nächsten Montag beerdigt, in Wilstorf, wo auch mein vortrefflicher Vater ruht. Sie ist 86 Jahre, 5 Monate alt geworden. Von Ihnen sprach sie noch in der letzten Zeit oft und mit großer Theilnahme.
Meine Schwester ist seit 4 Wochen gänzlich gelähmt und da ihrer Tochter die Pflege und Sorge allein zu schwer ward, seitdem hier im Hause. Es ist dieß eine traurige Aussicht für sie und uns, da an keine Genesung zu denken ist und sie noch lange ein sieches Leben führen kann. Wie beunruhigte dieser Gedanke noch zuletzt meine gute Mutter!
Sie entschuldigen es, theurer Oheim, daß ich mich [3] heute kurz fasse, aber mir liegen alle die traurigen Anordnungen und Einrichtungen ob, ich muß eine Menge Briefe schreiben ect.
So leben Sie denn recht wohl und erhalten Sie mir Ihr Wohlwollen und Ihre Theilnahme. Meine Schwester empfiehlt sich Ihnen bestens.
Ihre
Sie aufrichtig liebende Nichte
Amalie Wolper.
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