Ew. Hochwohlgeboren
freundliche Zeilen vom 8. vorigen Monats habe ich erst gestern erhalten, und beeile mich Ihnen herzlich zu danken für die Theilnahme die Sie der kleinen Probe geschenkt haben, und die mir ein Beweis ist, daß ich in der Wahl des zu bearbeitenden Werkes nicht ganz unglücklich gewesen bin. In den Ausstellungen, die Sie an meiner Übersetzung machen stimme ich Ihnen vollkommen bei; ich hatte die ganze Badeform zu wenig orientalisch aufgefaßt. Die Vergleichung der Wilsonschen Handschrift hat mir noch einige gute Lesarten geliefert, die ich mir erlaube Ihnen hier mit zutheilen. Im ersten Fragmente, 6, a. s. vācaṃ besser 'vādīt. sl. 26, b. s. prayuktasya – prasuptasya. sl. 27, b. s. so 'bhijñānaiś ca taiḥ – so 'bhijñānāc ca taiḥ – Im 2. Frag. s. indro – indo. sl. 6 a. s. nirbhinnahṛ°. nirbhinne hṛ°. sl. 24. s. ghanaṃ u. dhanaṃ, l. dhanaṃ u. nijaṃ. sl. 33. a. s. madhūtsavākṣiptapauralokaṃ, l. – kṣipte pau° ke. sl. 36, ba s. muktā u. prayātā, l. muktāṃ u. prayātāṃ. sl. 38, b. s. kartavyāṃ saṃ°, l. kartavyasaṃ° – sl. 57, a. s. tadāganamanajaṃ dattvā u. bhayaṃ, l. tadāgamanajāc caiva u bhayāt.
Über die dereinstige Ausgabe des Buches, die Form die als die zweckmäßigste erscheinen möchte, so wie die Art und Weise der Übersetzung, muß jede Mittheilung, mit der Sie mich beehren wollen, mir vom größten Werthe sein; ich hoffe vielleicht bald mündlich darüber Ihren Rath einholen zu können. Ob ja das ganze Werk der Theilnahme des Publikums sich erfreuen könnte scheint mir fast zweifelhaft; es herrscht eine gewiße Monotonie der Charaktere, Verwicklungen und Lösungen in den indischen Mährchen wie im Drama. Ich besitze die Abschrift von etwas mehr als der Hälfte, gegen 13000 sloka, und von diesen habe ich gegen 5000, die sechs ersten Abschnitte enthaltend, mit drei Handschriften verglichen; diese bilden ein in sich abgeschloßnes Ganzes; die Geschichte der Vatsa (oder vielmehr des Königs von Vatsa) und der [2] Vâsavadattâ, ein kleines nicht uninteressantes romantisches Epos, mit vielen eingeflochtenen Erzählungen. Diesen Theil habe ich mir einstweilen zu bearbeiten vorgenommen; sollte sich dann Theilnahme genug zeigen, so würde ich gerne in der weitern Bearbeitung fortfahren.
Den vergangenen Winter, den ich in Oxford zubrachte, habe ich das Glück gehabt, noch eine andere Arbeit vollenden zu können, nämlich eine Revision der Sakuntala. Dieses herrliche Drama hat dasselbe Schicksal gehabt wie der Ramayana; es ist in die Hände der bengalischen Gelehrten gefallen, die kein Ende haben finden können zu ändern, zu interpoliren, und kurze Andeutungen des Originals weiter auszuspinnen. Diese, die wie mir und allen meinen Freunden erscheint, ältere und ächtere Recension des Textes, fand ich in einer Handschrift aus Benares im Besitz des Herrn Professor Wilson, der während meines Aufenthaltes mit ununterbrochener Gefälligkeit mir die freieste Benutzung seiner Manuscripte erlaubte; ich habe darauf hier ebenfalls noch drei Handschriften derselben Recension gefunden, und vor einigen Tagen die Collation der Codices vollendet; ich hoffe mit diesem Material, und einem Commentare, den ich abgeschrieben habe, eine Ausgabe dieses Werkes in Deutschland veranstalten zu können, da Chezyʼs Arbeit, abgesehen daß sie den bengalischen Text enthält, schwer zugänglich ist.
Prof. Rosen arbeitet jetzt fleißig an dem Rig Veda; es sind über 100 Seiten bereits gedruckt, und binnen einem Jahre kann das Ganze wohl fertig sein. Dr. Lenz, der sehr reiche Sammlungen mit in die Heimath bringt, wird England in einigen Wochen verlassen. H. Prof. Burnouf ist seit 4 Wochen hier, um die Codices des Yacna zu vergleichen. Sonst ist es sehr still hier im Gebiete indischer Literatur; Niemand interessirt sich dafür, und selbst die vielen bedeutenden Werke, die in Calcutta fertig geworden sind, als die 2 ersten Bände des Mahâbhârata, die ganze Râjatarangiṇî, Lîlâvatî, Vija Gaṇita, Bhagavat Purâṇa mit dem Commentar des Sridhara Svâmi, Raghu Vaṃsa mit Scholien etc. – Keines dieser Bücher kann man hier erhalten. Die Politik verzehrt Alles.
Verzeihen Sie, verehrtester Herr Professor, diese weitläufigen Auseinandersetzungen einst zu thuender Arbeiten, und genehmigen Sie die Versicherung meiner innigsten Hochachtung mit der ich dauernd verharre
Ew. Hochwohlgeb. dankbar ergebener
Hermann Brockhaus.
2, Queen Street Place, Southwark
Bridge.
[3] [leer]
[4] Sr. Hochwohlgeb.
Herrn Professor A. W. von Schlegel
in
Bonn.
via Rotterdam