Mein verehrtester Oheim!
Verzeihe daß meine Briefe dich bis Berlin verfolgen, denn ohne zweifel wirst du den Brief worin ich dir den Todt meines guten Mannes berichtete, noch vor deiner Abreise von Bonn erhalten haben, da er in der ersten Hälfte May geschrieben war. Ich schrieb dir in diesen Briefe auch daß ich die Absicht hatte im Spätsommer dich mit meiner Tochter in Bonn zu besuchen, und meine Sehnsucht dich zu sehen in Erfüllung zu bringen.
Nun höre ich daß du in Berlin angekommen, und mir liegt sehr daran zu wißen ob und wie lange du dort verweilst? ist dein Aufenthalt nur von kurzer Dauer so ändere ich nichts an meinem Plane, und besuche dich lieber später in Bonn, denn ich kann mir denken wie sehr du wirst in Anspruch genommen, und von Geschäften und Besuchen überhäuft sein, so daß vielleicht kein ruhiges Stündchen für mich bleiben dürfte, ja unsere Gegenwart dir sogar lästig fallen dürfte. Auch habe [2] ich von meinem Vetter Üchtritz eine sehr freundliche Einladung zu ihm nach Düßeldorf erhalten, was ich denn beides vereinigen könnte, denn als Künstlerin ist es mir doch sehr intreßant die dortige Malerschule kennen zu lernen. Solltest du den ganzen Sommer in Berlin bleiben, oder was noch schöner wäre auch nach Dresden kommen, dann gieb mir einen Wink wo und wann es dir am angenehmsten ist dich zu besuchen, und ich eile sogleich zu dir. – Nun muß ich noch beifügen, daß, es sei in Bonn oder wo immer wir dich besuchen, wir auf keine Weise deine Häuslichkeit stören werden, da wir im Wirtshaus wohnen, und ich nur glücklich bin wenn es mir vergönnt ist dich besuchen zu dürfen. Ich würde jetzt gleich nach Berlin geeilt sein um dich nicht zu verfehlen, wenn mich nicht jetzt grade einige nothwendige Geldgeschäfte und eine Brunnen cur hier festhalten. Bitte mein theuester Oheim habe doch die große Güte mir einige Worte von dir zukommen zu laßen, denn hier auf dem Lande von Allem abgeschnitten, ist es mir unmöglich etwas von Deinem Thun und laßen zu erfahren, und es wäre mir schrecklich so ohne Nachricht von dir zu bleiben! Wenn du schreibst so erinnere ja deinen Bedienten daß er den Brief bis an die Grenze frankirt, denn er [3] bleibt sonst im Postkasten liegen, was diesen Sommer mit einige Briefen geschehen ist die ich bekommen sollte und wo auch die Bedienten es versehen hatten. – Meine Marianne küßt dir die Hand, und ich bleibe wie immer deine dich liebende und treu ergebene Nichte
Auguste Buttlar
Meine Adreße ist: Tetschen an der Elbe in Böhmen, im Leitmeritzer Kreis
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