Hochwohlgebohrner Herr Ritter!
Hochverehrtester Lehrer!
Zu meiner großen Freude habe ich Ihr geehrtes Schreiben vom 18. Dec. empfangen und es ist Ihren vielen hiesigen Freunden, so wie mir selbst höchst angenehm gewesen zu erfahren, daß Sie Ihre Rückreise glücklich beendigt haben. ‒ Herr Colebrooke, von dem Sie vor kurzem einen Brief erhalten haben werden, hat mir vor kurzem den Antrag gemacht, daß ich seinen Sohn nach Bonn hinbringen sollte; ich habe ihm die Bemerkung gemacht, daß diese Reise einen zu großen Zeitaufwand erforderte, als daß ich darauf wohl eingehen könnte und ohnehin hierin nicht von mir selbst abhängig wäre; er schien aber zu einer solchen Reise selbst gar keine Neigung zu haben und da er sehr darauf drang, daß ich auf seinen Vorschlag eingehen möchte, habe ich nicht geglaubt, mich besser aus dem Handel ziehen zu können, als wenn ich mir erlaubte, ihn an Sie zu verweisen, da Sie ihm am besten das Unthunliche der Sache auseinander setzen können. Es würde, so weit ich sehe, diese Reise viel Zeitverlust bringen, ohne irgend einen andern Nutzen, als daß ich Ihnen etwa einen Theil meiner Collationen überbringen könnte. Wenn Sie aber, wie ich nicht vermuthe, in seinen Plan einwilligen, so versteht es sich von selbst, daß ich ganz bereit dazu bin. Colebrooke ist der einzige, der sich mit Ernst und Eifer noch dem Studium der Indischen Litteratur widmet und er scheint mir, außer den Arbeiten, die in den Verhandlungen der Asia[tic] Soc[iety] erscheinen sollen, irgend eine andre Publication vorzuhaben. Er hat mir mehrere Uebersetzungen Indischer Werke gezeigt, unter andern eine von Panchatantra und eine von Malati Madhava, die letztere von Wilson. Er hat bei einer Untersuchung der beiden hiesigen Manuscripte des Panch[atantra] gefunden, daß nur das eine das wahre Panch[atantra] enthält, das andre aber ein Märchenbuch in fünf Büchern ist, dessen Titel Kathâmṛĭta nidhi lautet; in welchem Verhältniß dieses Buch zu dem ähnlich betitelten Buche des Sômadêva (Kathâmṛĭta Sâgara) stehe, wußte er mir nicht zu sagen. Der Vorrath von Handschriften für die Kritik des Hitopadesa vermindert sich also, statt sich zu vermehren; um so angenehmer ist es mir gewesen zu erfahren, daß Sie aus einer unverhofften Quelle ein neues Manuscript des Hit[opadesa] erhalten haben.
[2] Für die Kritik des Hitop[adesa] kann ich Ihnen aber eine andre Quelle eröffnen, die Märchenbücher nehmlich. Nicht nur der prosaische Stil, die naive Kürze der Erzählung und der ironische Bombast einiger Stellen, ist in diesen letztern ganz derselbe, sondern viele Verse sind die nehmlichen, nur oft mit großen Varianten, die oft von den Verfassern absichtlich gemacht zu seyn scheinen. Die Erzählung von Vîravara kehrt im Vetala wieder und wenn ich nicht irre, wird sie sich auch in der Suka Saptati finden. Ich habe nur den ersten Theil des Vêtâla gelesen und die Einleitung zum Sinhâsana; sie scheinen mir beide sehr anmuthig zu seyn. Sie ins Deutsche zu übersetzen, ist wohl nur theilweise rathsam; denn einige Erzählungen liefern zwar treffliche Commentare zu den indecenten Sculpturen, sind aber unsern Ohren viel zu muthwillig. Der verdorbene Text des Hitopadesa ist gegen diese Bücher noch sehr rein; es wäre eine große Belesenheit, vorzüglich in den erotischen Dichtern, erforderlich um die eingemischten Disticha zu restituiren.
Ich habe nur wenige Capitel vom ersten Buche des Ramay[ana] zurück und hoffe, es ganz vollenden zu haben, wenn Sie diesen Brief erhalten. Ich werde dann unverzüglich zum zweiten übergehen, wenn Sie nicht vorziehen, daß ich erst einen Auszug aus dem Commentar mache; der Gewinn wird freilich weder für antiquarische Erläuterung, noch für grammatische Belehrung, groß seyn; der Commentar ist ohne hin sehr kurz. Inzwischen können sich vielleicht Angaben vorfinden, woraus das relative Alter des Comm. sich bestimmen ließe und hiemit wäre schon etwas gewonnen. Haben Sie die Güte, in Ihrem nächsten Briefe, mir in Betreff dieses Punctes meine Verhältniß-Maaßregeln vorzuschreiben. Das zweite Buch zählt mehr als die doppelte Anzahl von Blättern vom ersten, das dritte und vierte sind aber kürzer als das erste. Ich habe einige Capitel des fünften gelesen, bin aber noch nicht zu den gefährlichen Versen gekommen.
Den Rest dieses Schreibens muß ich zu allerlei Nachrichten und Aufträgen versparen. Herr Haughton wird Ihnen bei der ersten Gelegenheit durch Herrn Bohte od. Richter von seinem Manu senden, was fertig geworden; Sie werden ihn verbinden, wenn Sie ihm ein Verzeichniß der Errata, die Sie finden, mittheilen würden.
[3] Sir Alex[ander] Johnston läßt Sie verbindlichst grüßen; er wird Ihnen nächstens selbst schreiben und hat versprochen, sich um Nachrichten wegen der Sammlung von Sir Rob. Chambers zu bemühen. Die Sammlung von Dr. Leyden ist die Compagnie im Begriff zu kaufen. Von der Sammlung von C[olo]n[e]l Mackenzie erwartet man nächstens eine Sendung von 60 Kisten; ob sie aber unterwegs seyen, oder schon auf der Themse, oder keins von beiden, darüber kann ich in der That nicht aufs Reine kommen. Auf Wilkins Freundschaft und Hochachtung können Sie sich sicher verlassen, er wird auf die Subscription antragen, sobald nur die günstige Gelegenheit sich darbietet. Dr. Noehden beweist seine hohe Achtung vor Ihnen durch den Eifer, womit er sich für die Förderung der Subscription verwendet. Von der Ankunft der Bücher haben die Herrn Cazenove noch keine Anzeige erhalten. Herr Bohte läßt Ihnen melden, daß das Kupferwerk zu Fraser für 11 Guineen zu bekommen sei; Elphinstoneʼs Kabul für 11 Sh. Der Diwan des Montenebbi, den er für die Universitäts-Bibliothek besorgen sollte, ist nicht zu haben; wenn Sie Herrn Prof. Freytag sprechen, haben Sie vielleicht die Güte ihm dieses zu sagen. Frau und Herr von Butlar lassen sich bestens empfehlen; ihre neue Addresse ist 66 Cavendish Square Margaret Street. Manuscripte sind noch keine zu haben, Idole einige, aber keine, denen ich ein besonderes Interesse habe ansehen können, oder wovon Sie nicht schon ähnliche und bessere besäßen. Chinesische sind in Unzahl vorhanden, viele scheinen aber unecht; doch hierüber maaße ich mir kein Urtheil an. Schließlich habe ich die Ehre mit der Versicherung meiner größten Hochachtung und Dankbarkeit zu unterzeichnen
Ew. Hochwohlgebohren
ergebensten Schüler
Chr. Laßen.
Der Prospectus ist im Asiatic Journal für Januar d. J. ganz abgedruckt worden; und im Classical Journal im Auszug.
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