Hochwohlgebohrner Herr Professor!
Hochgeehrtester Lehrer!
Meine Abreise von London wurde durch mehrere Umstände sehr verzögert, theils durch die Weitläufigkeit der Stadt und den Umstand, daß ich alle meine Geschäfte selbst besorgen mußte, theils auch durch eine Negociation mit Herrn Richter, von der ich nachher sprechen werde; Ihre Güte gegen mich wird dieses hoffentlich entschuldigen. Ich habe bei meiner Ankunft nur Ewr. Hochwohlgebohren Schreiben vom 6ten May vorgefunden. Baron Staël kennt unglücklicherweise Remusat nicht persönlich und Sie würden mich daher sehr verbinden, wenn Sie mir sobald es Ihre Zeit erlaubt, ein Paar Zeilen an Herrn R[émusat] senden könnten; ich werde mich unterdessen bei Baron Werther melden, um die Erlaubniß vom Minister auszuwirken, die Manuscripte ins Haus zu bekommen. Unterdessen wird vielleicht Herr Klaproth zurückkehren, durch den ich mich sogleich dem Herrn Rémusat werde vorstellen lassen.
[2] Ueber meine Einrichtung kann ich Ihnen noch nichts bestimmtes sagen, da ich von Klaproth erfahren habe, daß man, um Manuscripte ins Haus zu bekommen, in keinem Hotel wohnen dürfe. Wenn dieses an dem ist, muß ich mich in einem Privathause einmiethen; ich wohne bis jetzt im hôtel de marine royale, was ganz in der Nähe der Bibliothek ist, und ein billiges Haus zu seyn scheint. Ich wünschte gern zu wissen, wie viel Sie erwarten, daß mein Aufenthalt hier kosten wird, weil ich gerne mich ganz danach richten werde und es besser ist, im voraus darüber im Reinen zu seyn. Ich habe das Unglück überall für einen Engländer zu passiren, eine sehr kostspielige Ehre, auf die ich gar keinen Anspruch mache. Meine sehr verzögerte Abreise und die große Ladung von Büchern haben es sehr schwer gemacht Paris zu erreichen; ich bin in der That mit einem minus von 29 Franken angekommen und ich bin Ihnen deswegen sehr dafür verbunden, daß Sie mir gleich die Summe von 400 Fr. hier angewiesen haben; ich statte Ihnen dafür hiebei meinen verbindlichsten Dank ab.
[3] Ich habe von Herrn Richter durch Vermittelung von Klaproth, der für mich eine große Zuneigung gefaßt hat, das Anerbieten erhalten, eine neue lateinische Ausgabe des Amara Kôsha zu geben; er hat mir ein Honorar von 500 Th. dafür angeboten und ich wünschte sehr, Ewr. Hochwohlgebohren Meinung darüber zu hören. Die Ausgabe müßte natürlich in Bonn gedruckt werden, mit Ihren Lettern; um der Ausgabe einen selbständigen Werth zu geben, wäre es wohl gut, die hiesigen Manuscripte zu benutzen, was aber nicht viel Zeit kosten wird. Die Vergleichung des ersten Buchs wird mir nicht viel Zeit kosten, wenn ich die Manuscripte ins Haus erhalte. Ich könnte Ihnen einen Theil davon voraus senden, damit Sie den Druck sogleich anfangen könnten. Ich bitte Sie schließlich die Eile dieses Schreibens zu entschuldigen und habe die Ehre zu seyn
Ewr. Hochwohlgebohren
ergebenster und dankbarster
Chr. Laßen.
P. S. Bis ich eine bestimmte Wohnung habe, haben Sie die Güte meine Briefe an [Baron] Staël zu addressiren.
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