Ich habe sehr um Verzeihung zu bitten, mein werthester Herr und Freund, daß ich Ihren Brief erst jetzt beantworte, allein eine anhaltende und eine Zeit lang sehr besorgliche Krankheit meiner Frau, wovon die Besserung immer noch langsam fortrückt, muß mich bey dieser Versäumniß entschuldigen.
Ihre Anweisung ist, wie Sie schon lange wissen werden, von H. Seidler honorirt worden, das übrige von dem Honorar für den ersten Band können wir nun bey Ihrer Durchreise auf die Messe berichtigen.
Ich werde also Anstalt machen, daß der zweyte Band des Walpole im Sommer gedruckt werden kann. Es versteht sich, daß sich die weitere Fortsetzung und die Zeit der Erscheinung derselben nach Ihrem Vortheil und Ihrer Bequemlichkeit richten muß. Ich hoffe aber, daß dieser Verlag einen guten Erfolg haben soll; ich habe wenigstens sowohl durch die Auswahl als durch die Sorgfalt bey der Ausführung an diesem Bande das meinige zu thun mich bemüht.
Es scheint fast, als wenn Sie zu dem Ihnen [2] neulich gethanen Vorschlage keine rechte Lust hätten, denn Sie knüpfen seine Annahme freylich an Bedingungen, die unserm Plane ganz entgegen sind. Indessen ist mein Wunsch, die durch den Walpole angefangne Verbindung mit Ihnen zu gemeinschaftlichen Geschäften weiter zu kultiviren, so lebhaft, daß ich nicht umhin kann, Ihnen darüber noch einiges vorzuschlagenstellen, ehe ich anderswo Vorschläge mache.
Sie wollen zwar kritische Schriften aber nichts polemisches. Dieß ist so zu sagen eine contradictio in adiecto. Kritik ohne freymüthiges Urtheil und Tadel heißt den Pelz waschen ohne ihn naß zu machen. – Sie haben über den Verlag der Metakritik Anfechtungen zu leiden gehabt? Dieß ist eine in der That unglaubliche Unbilligkeit. Ob ich gleich die Polemik in der Metakritik ganz und gar nicht für die rechte halte, so hat es mich doch vielmehr als ein schönes Beyspiel von Liberalität gefreut, daß ein Buch bey ihnen erschien, das ganz gegen einige Hauptwerke in Ihrem Verlage gerichtet ist. Ihnen darüber den Krieg machen zu wollen, das würde ich abgeschmackt finden, und wenn es der alte Kant [3] selber gethan hätte, von dem ich es mir aber unmöglich vorstellen kann. – Solche unverständige Zumuthungen verdienen gewiß nicht, daß Sie die mindeste Rücksicht darauf nehmen. Zudem setzen Sie sich damit etwas ganz unausführbares vor, nichts polemisches verlegen zu wollen. Denn jede Schrift, wenn sie auch nicht in polemischem Sinne abgefaßt ist, muß doch nothwendig von vielen polemisch aufgenommen werden, das heißt, sie muß feindlich auf sie wirken, es müßte denn ein ganz leeres und unbedeutendes Buch seyn.
Es versteht sich, daß kritische Schriften nicht der Art für Einfälle sind, wobey es bloß aufs lächerliche abgesehen ist. Aller Tadel muß hier gründlich seyn und etwas bedeuten.
Sie wünschen ferner, daß wir in die Sammlung nichts schon gedrucktes aufnähmen. Unser Plan ist mit den schon gedruckten Sachen anzufangen, ihnen eins und das andre neue einzumischen und nachher mit neuen Schriften fortzufahren. Unmöglich kann ein Schriftsteller, der sich bewußt ist, daß er Ausarbeitungen von bleibendem Gehalt liefert, diese bloß für ein Journal bestimmen, [4] wo sie mit der Zeit vorübergehen, und in gänzliche Vergessenheit gerathen. Es ist auch von je und je Sitte gewesen, daß Schriftsteller von einigem Namen ihre kritischen Arbeiten aus den Zeitschriften wo sie gestanden nachher sammeln. – So hat Rehberg aus den, die Schriften über die Revolution betreffenden Recens. in der Allg. Lit. Zeitung, ein eignes Buch gemacht; Huber hat seine sämtl. Recc. in der Allg. Lit. Zeitung gesammelt. – Ich denke von den meinigen nur eine Auswahl der wichtigsten zu geben, die denn, doch, wie ich mir schmeichle, etwas interessanter seyn wird als die eben genannten Bücher und so manches in der Gattung. Was sonst für Aufsätze u Abhandlungen in diese Schriften kommen sollen, habe ich letzthin genauer erwähnt. Auch warum die meisten darunter so gut wie völlig neu sind, habe ich aus einander zu setzen gesucht, und bitte Sie das darüber in meinem vorigen Briefe gesagte noch einmal zu erwägen. – Ich fügte auch hinzu wir würden für das schon gedruckte, keine unmäßigen Bedingungen verlangen. Um es bestimmer [5] herauszusagen, wir würden für die nur wiederabgedruckten Schriften (sollte uns auch das Durcharbeiten derselben noch beträchtliche Mühe machen) bey einem Format und Druck wie ungefähr der Walpole mit einem Honorar von 1½ Lsd. für den Bogen zufrieden seyn, für die neuen Schriften hingegen 3 Lsd. verlangen.
Schreiben Sie mir doch bald, was Sie nun hierüber beschließen. Wenn Sie nur die Ausschließung des Polemischen aus Ihrem Verlage aufgeben wollen, so hätte ich Ihnen für die Zukunft wohl noch andre Vorschläge zu machen, die Sie vortheilhaft finden sollten.
Leben Sie recht wohl. Mit hochachtungsvollen Gesinnungen
der Ihrige
AWSchlegel
[6] [leer]
[1] A. W. Schlegel in Jena
d. 5 Apr. 1800
E. " 6 – " –