1807.
Mein Lieber Lieber Sohn.
Ich ver muthe, daß Du nun wieder in der Schweitz zu Copett bist, u so will ich es in Acht nehmen ehe Du wieder weider reist, u ich nicht weis wo ich meinen Brief hin richte. Ich hoffe Du wirst meinen Brief, dem ich gleich nach Entfang Deines Liebreichen Geschencks an Dich schrieb, erhalten haben. Solte daß wieder vermuthen nicht seyn, so bezeige ich Dir nochmans meinen hertzlichen Dank, an Friedrich schrieb ich auch einige Zeilen Ich franckirte den Brief nicht, weil ich hoffte der Brief sollte auf die Art noch sicherer gehn. Ich hoffe Du u Friedrich befündet Euch wohl. Mit der Dißeltorfer sache ist es wohl nicht zustande gekommen, sonst hätte mich Friedrich ja wohl damit erfreut. Biß doch ja so gut mein Bester u melde mir allemal recht umständlich wie es ihm u seiner guten Frau geht.
Mit uns geht es ja so ziemlich gut. Carl ist gesund Arbeitet viel, nimt aber auch viel ein. Wenn er nicht zu sehr unter den Pantofel wäre, so würde ich viel unterstützung von ihm haben. Julchen befündet sich auch gröstentheils wohl, setzt aber ihre Cur noch immer fort, macht nur im Sommer einige Pausen, Das Mädchen was sie haben, wächst groß hübsch ist sie nicht, ob sie aber Artig u gut wird, wird die Zeit lehren, sie verziehn sie entsetzlich. Ich bin ein 4 Wochen kranck geweßen [2] ich hatte mich verkältet. Ich will das Scheßen geld nicht anwenden, u gehe Durch Wint u Wetter Durch. Ich muß künftig mehr zu hauße bleiben, nun stimmt mich daß gar zu traurig, bey meiner gäntzlichen Einsamkeit, u da ich nichts zu thun habe, u oft auch nichts zu Lesen daß ich mag u verstehe. Carl thun in diesem Punckt zu wenig vor mich, Mit Moritz würde ich mich darin beßer stehn, wie ich itzo Gelegen heit gehabt habe zu erfahren, Moritz hat uns besucht was mir viel Freude gemacht hat, nur war es schade, daß ich noch nicht ganz her gestellt war. Wenn man im 73 ten Jahre auch nur etwas krank ist, so wollen Die Kräfte nicht erst wieder kommen, Moritz der in 9 Jahren uns nicht besucht hate, kömmt eine gute Gelegenheit vor, da es ihm nicht zu kostbar wird, die ergreift er, und kamm auf 14 Tage zu uns. Er hat bey Carls logirt, u so lange ich noch nicht aus gehn konnte hat er mich fleißig besucht, u mir viel liebe bezeigt. die Letzten 8 Tage konnte ich doch mit viel Schwachheit wieder bey den Partien bey seyn. Es ist ihm viel Freundschafft u Ehre erzeigt, er ist alle tage, Mittags u abens zum Eßen aus gebethen worden des Mittags bin ich mit geweßen, des abens nur ein mal. bey alle Concistorialräthen, bey Rehberg Pappen Branz u so weider. Von Ansehn ist er noch ganz derselbe übrigens ist er lebhaft u angenehm in der unterhaltung [3] seine Älteste tochter ist ein sehr gutes soliden Mädchen die auch viel Talende hat, besonders in der Mußick, sie hat verschiedentlich auf den großen Concerten mit vielen Beyfall gesungen, wozu sie der Concertmeister Forckel beredet hatte, der sie auch noch übt, die kleine verspricht auch viel, u scheint recht hübsch zu werden. der Sohn tritt auf Michael seine Acatemische laufban an. Moritz ist nicht ganz mit ihm zufrieden, Heye hat sich mit dem Jungen Mann unterhalten, u Moritz gesagt, er würde gewiß gut werden, u es wäre ja noch kein Schlegel geweßen der keinen guten Kopf gehabt hätte Moritz denckt daß er ein mal ein Schulmann werden wird. Ach mein Lieber Sohn meine Letzten Jahre sind nicht gut, das alter ist eine große Bürte, u nun fällt es in die traurigen Zeiten, wo man nichts hat, als Furcht, angst, u Sorgen. Ich muß auf Zweyerley u oder treierley art Kriegssteuer gäben u man wird immer mit manchen Betrot. Mein Bischen Pancion habe ich zwar noch zur Zeit Bekommen, aber mehr als einmal ViertelJahr lang warden müßen, u immer besorgen daß es noch ganz weg bleibt. Nun Gott der bisher geholfen, wird wieder helfen Lebt recht wohl meine geliebten Kind, vergest eure [4] Alte Mutter nicht, die wahrscheinlich nicht recht lange mehr lebt. Friedrich u seine Liebe Frau grüße hertzlich. Frau von Stahl vermelde meine gehorsamste Entfehl
Mutter Schlegel