• Friederike Helene Unger to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Berlin · Place of Destination: Genf · Date: 21.01.1809
Edition Status: Newly transcribed and labelled; double collated
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Friederike Helene Unger
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Berlin
  • Place of Destination: Genf
  • Date: 21.01.1809
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: APP2712-Bd-9
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,IV,e,17
  • Number of Pages: 3 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 18,6 x 11,6 cm
  • Incipit: „[1] Berlin d. 21. Jan 1809.
    Ich eile Ihnen mein geehrter Freund zu melden, daß S. Majästat König Richard III. glüklich [...]“
    Language
  • German
    Editors
  • Bamberg, Claudia
  • Varwig, Olivia
[1] Berlin d. 21. Jan 1809.
Ich eile Ihnen mein geehrter Freund zu melden, daß S. Majästat König Richard III. glüklich arriviret ist, und wie nun große Herren selten reisen ohne großen Aufwand zu verursachen, so hat die Herreise dieses Monarchen, 8. r. 16 gr: Preuß Courant gekostet. Dem ohngeachtet bitte ich mein Vererhttester, lassen Sie den andren Herrn so bald als möglich nachfolgen: Damit bei den Druk kein zu großer Auffenhalt erfolge. Wie freue ich mich! der Sache wegen, das können Sie mir glauben. Nur die eiserne Nothwendigkeit, der eisernen Zeit, läßt mich zuweilen als Buchhändlerin erscheinen.
H. von Fouqué hat mir durch Hhn: vom Chamuseau den Calderon zustellen lassen. Noch liegt er bei mir: aber es ist indeß alles im Gange gesezt wegen Ihrer Bibliothek. So bald Bernhardy von München zurük ist, von wo er seine Kinder abholt, soll alles nach Ihrem Wunsche ausgeführt werden. Dann bin ich so frei Ihnen beizulegen, was ich seit unsrer Trenung schrieb
Von Ihren Herrn Bruder Frid. Schlegel höre ich doch auch kein Wörtchen. Das ist eine Noth, mit dem ambulanten Volke: da ist mir nun auch wieder der [2] Tieck abhänden gekommen, der mir die Hand drauf gab, und ein ängstliches Wesens machte, ob ich Wort halten würde, und zu vorigem Neujahr 1808. mit einer periodischen Schrift erscheinen würde: wo eine Würdigung Ihres Shakespears den Anfang machen sollte & s ferner, sollte von ihm erscheinen, die Fortsezzung des Sternbald – aber wo war mein Tieck als es zur Sache kamm. Ich möchte von oben herunter zusehen können, wie der Geist der Herren so treibt, nördlich & südlich. & in Ost & Westen.
In Geneve möchte ich sein, und sehen wie mein Freund A W Schlegel & Clairon Stael weteifern, die Meister Werke der Kunst, meisterhaft darzustellen ich sprach jemand, der in vorigen Jahren Sie sahe; er sprach mit Bewundrung davon & auch davon, daß weder in Sprache noch in Ausdruk noch Haltung, der Deutsche durchsähe. Erstaunend wenn ein Franzose das zugesteth, ein Deutscher habe ein gallisches Ideal erreicht! –
Unsre hiesige Lage ist zwar verändert durch die Räumung des Landes; aber noch, wenig verbessert: oder lieber gar nicht: wir leben kümmerlich aus einen Tag [3] in den andren hinein, und fühlen lebendig daß jeder Tag, seine eigne Plage habe. Man hat uns wiedergeboren, und jede Geburt ist ja nakt.
Ihr Vaterland bedaure ich sehr; doch wäre es zu seiner Zeit, dociler gewesen, und hätte auf die Zeichen der Zeit gemerkt, wer weiß wäre es nicht alles, alles anders.
Die Kunst, auch die Theatralische geth hier sorgenvoll, nach Brodt. Iffland hält die Bühne, daß sie nicht eingehe, durch ein Paar gern gesehene Ballets voll Harlequinaden was wird nun aus der Kunst? u wohin sollen die Musen fliehen? Thalie & Melpomenen
Ich muß nicht vergessen Sie zu bitten, wenn Sie Heinrich den Achten den Reise Paß schreiben zu bemerken, daß es Druksachen sind: das mildert den ungeheuren Preiß des Porto der in meiner Wirthschaft zu einer beträchtlichen jährlichen Summe anwächst.
Ich empfehle mich Ihnen mein sehr geehrter Freund. Fahren Sie fort, mich Ihrer Freundschaft werth zu achten. Sie ist mein Stolz, und meine Freude. Mit einem Herzen voll Verehrung bin ich unausgesezt
Ihre
ergebenste Freundin
verw. Unger.
[4] [leer]
[1] Berlin d. 21. Jan 1809.
Ich eile Ihnen mein geehrter Freund zu melden, daß S. Majästat König Richard III. glüklich arriviret ist, und wie nun große Herren selten reisen ohne großen Aufwand zu verursachen, so hat die Herreise dieses Monarchen, 8. r. 16 gr: Preuß Courant gekostet. Dem ohngeachtet bitte ich mein Vererhttester, lassen Sie den andren Herrn so bald als möglich nachfolgen: Damit bei den Druk kein zu großer Auffenhalt erfolge. Wie freue ich mich! der Sache wegen, das können Sie mir glauben. Nur die eiserne Nothwendigkeit, der eisernen Zeit, läßt mich zuweilen als Buchhändlerin erscheinen.
H. von Fouqué hat mir durch Hhn: vom Chamuseau den Calderon zustellen lassen. Noch liegt er bei mir: aber es ist indeß alles im Gange gesezt wegen Ihrer Bibliothek. So bald Bernhardy von München zurük ist, von wo er seine Kinder abholt, soll alles nach Ihrem Wunsche ausgeführt werden. Dann bin ich so frei Ihnen beizulegen, was ich seit unsrer Trenung schrieb
Von Ihren Herrn Bruder Frid. Schlegel höre ich doch auch kein Wörtchen. Das ist eine Noth, mit dem ambulanten Volke: da ist mir nun auch wieder der [2] Tieck abhänden gekommen, der mir die Hand drauf gab, und ein ängstliches Wesens machte, ob ich Wort halten würde, und zu vorigem Neujahr 1808. mit einer periodischen Schrift erscheinen würde: wo eine Würdigung Ihres Shakespears den Anfang machen sollte & s ferner, sollte von ihm erscheinen, die Fortsezzung des Sternbald – aber wo war mein Tieck als es zur Sache kamm. Ich möchte von oben herunter zusehen können, wie der Geist der Herren so treibt, nördlich & südlich. & in Ost & Westen.
In Geneve möchte ich sein, und sehen wie mein Freund A W Schlegel & Clairon Stael weteifern, die Meister Werke der Kunst, meisterhaft darzustellen ich sprach jemand, der in vorigen Jahren Sie sahe; er sprach mit Bewundrung davon & auch davon, daß weder in Sprache noch in Ausdruk noch Haltung, der Deutsche durchsähe. Erstaunend wenn ein Franzose das zugesteth, ein Deutscher habe ein gallisches Ideal erreicht! –
Unsre hiesige Lage ist zwar verändert durch die Räumung des Landes; aber noch, wenig verbessert: oder lieber gar nicht: wir leben kümmerlich aus einen Tag [3] in den andren hinein, und fühlen lebendig daß jeder Tag, seine eigne Plage habe. Man hat uns wiedergeboren, und jede Geburt ist ja nakt.
Ihr Vaterland bedaure ich sehr; doch wäre es zu seiner Zeit, dociler gewesen, und hätte auf die Zeichen der Zeit gemerkt, wer weiß wäre es nicht alles, alles anders.
Die Kunst, auch die Theatralische geth hier sorgenvoll, nach Brodt. Iffland hält die Bühne, daß sie nicht eingehe, durch ein Paar gern gesehene Ballets voll Harlequinaden was wird nun aus der Kunst? u wohin sollen die Musen fliehen? Thalie & Melpomenen
Ich muß nicht vergessen Sie zu bitten, wenn Sie Heinrich den Achten den Reise Paß schreiben zu bemerken, daß es Druksachen sind: das mildert den ungeheuren Preiß des Porto der in meiner Wirthschaft zu einer beträchtlichen jährlichen Summe anwächst.
Ich empfehle mich Ihnen mein sehr geehrter Freund. Fahren Sie fort, mich Ihrer Freundschaft werth zu achten. Sie ist mein Stolz, und meine Freude. Mit einem Herzen voll Verehrung bin ich unausgesezt
Ihre
ergebenste Freundin
verw. Unger.
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