• Christian Friedrich Tieck to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Zürich · Place of Destination: Genf · Date: 10.01.1811
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Christian Friedrich Tieck
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Zürich
  • Place of Destination: Genf
  • Date: 10.01.1811
    Printed Text
  • Bibliography: „Geliebter Freund und Bruder“. Der Briefwechsel zwischen Christian Friedrich Tieck und August Wilhelm Schlegel in den Jahren 1804 bis 1811. Hg. und kommentiert v. Cornelia Bögel. Dresden 2015, S. 248–252.
  • Incipit: „[1] Zürich den 10ten Januar 1811.
    Ich habe deinen lezten Brief erhalten geliebter Freund, und eile dir zu antworten da ich mich [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: APP2712-Bd-4
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,17,9
  • Number of Pages: 3 S. auf Doppelbl., hs. m. U. u. Adresse
  • Format: 24,5 x 20 cm
    Language
  • German
[1] Zürich den 10ten Januar 1811.
Ich habe deinen lezten Brief erhalten geliebter Freund, und eile dir zu antworten da ich mich fast schäme deinen früheren nicht beantwortet zu haben, aber ich hoffte von einem Tag zum andern dir meine Erlösung melden zu können, leider ist es aber immer noch beim alten, und ich gestehe frei das ich Knorring nicht begreife, ja ich bin schon mehr als einmahl im Begriff gewesen ihm einen recht groben Brief zu schreiben. Es sind nun 5 Monathe das er zu Hause sizt und noch sind wir auf demselben Punkt, er hatt zweimahl kleine Wechsel geschikt, von deren unzulänglichkeit nur für meine Schwester allein bis hieher zu leben er überzeugt sein muß und zum Ueberfluß ist noch der zweite davon in Hamburg protestirt also nicht ausbezahlt. auf die Art ist mir nicht allein meine Zeit und Leben gestohlen, und ich laufend Verdrißlichkeiten ausgesezt, sondern meine Unglükliche Schwester Gott weis welchem Mangel und welchem unsaglichen Elend neben allen Kränkungen ausgesezt die böser willen und Niederträchtigkeit so gern noch auf eine unglükliche Frau Häufen mögen. am Mittwoch werden es nun drei Wochen das ich auch keinen Brief einmahl von ihr erhalten habe und diese Sorge läßt mir Tag und Nacht keine Ruhe. Doch von etwas andrem Ich habe sehr fleißig gearbeitet um die Zeichnung zu Vollenden, und endlich gelang es mir auch so bis auf einige kleine Retouchen. Ich hatte solche auf der hiesigen Ausstellung gegeben, aber es mögen wunderliche Urtheile darüber gefällt [worden] sein, ein Theil hatt solche sehr bewundert, der ander vermuthe ich sehr getadelt, obgleich man sonst hier sehr Leutseelig gegen Künstler ist, und alle Dinge bewundert die wohl sonst Nirgends Beifall finden würden.
Meister hatt mir kein Wort darüber gesagt, aber zu andren der Kopf sei nicht ähnlich und das ärgert mich, erstlich weil es unwahr und dann am ersten im Stande ist meine lange Arbeit schon im Voraus bei Fr.[au] v[on] St.[aël] in Miskredit zu setzen. Ich habe solche jezt wieder zu Hause und angefangen einige Kleinigkeiten daran zu ändern welche mir misfallen haben, Ich hätte gern hier einen Rahmen [2] dazu machen lassen, allein die ungewißheit wann ich Geld bekomme hatt mich davon abgehalten, denn dich habe ich nicht von neuen in Contribution setzen wollen. Das ich bei der ganzen Arbeit einzig bloß deinen Beifall im Auge gehabt habe wirst du mir wohl glauben, auch ohne das ich es sage, und es würde mich schon freuen wenn man dir in dein Zimmer die Zeichnung gebe. Doch zu der Beantwortung deines lezten Briefes. Das Buch ist zur rechten Zeit hier angekommen, das Horner dir nicht geschrieben hatt weist du wahrscheinlich denn Er schrieb das du ihm nicht geschrieben hast, sondern das Buch so ohne alle weitre Nachricht auf die Post gegeben, und in der lezten Zeit hatt er es wahrscheinlich ganz vergessen, dise Menschen weist du ja sehen mein Vergessen oft als eine große Nachläßigkeit an, so bald ihre Eitelkeit ihnen sagt das man nicht recht höflich gewesen, und du must selbst sagen das er mit dem Buche einen Zettel von dir erwarten muste.
Schreibe mir doch bestimmt, wann und wohin du zu reisen gedenkst, und auf wie lange, damit ich mich darauf richten kann wenn es möglich ist. Schelling begreife ich nicht und kann nicht anders von ihm denken als das viele andre von ihm sagen und ich mich bisher gesträubt zu glauben, das er ein schlechter und heimtükischer Mensch ist, dazu ganz dumme sachen fodert. Ich war bei ihm in Stuttgard und wir haben viel dort verabredet, ich machte die bestimteste Zeichnung und gab ihm solche. Ich machte mit ihm aus er sollte ehe ich anfinge mir den Anschlag der Steinmetzen schikken, und mehre andre Nachrichten geben, und nach Maÿland hin 10–15 Louisd’or im voraus bezahlen zu den Auslagen des Marmors. Von hier aus schrieb ich ihm und erinnerte ihn an die Versprechen. Auf alles andre Antwortet er gar nicht, aber das Geld schlug er ab, weil er sagte er wisse nicht ob es guth sei, dis Geld mit meinem Reise Gelde zu vermischen. auch habe er noch nicht viel mehr als so viel von dir erhalten als ich selbst für die Unkosten in Deutschland gerechnet. auf diesen Brief habe ich gar nichts geantwortet. Später schrieb er mir einen neuen den ich aber erst im Winter erhielt, worin er mich fragte ob ich noch im Winter anfangen würde er würde gedrängt, und seine Verwandten wollen er sollte einen andern Bildhauer suchen, (Sieh nur die inconsequenz, da er dann doch wohl hätte mehr als 10 Louisd’dor vorausbezahlen, und doch auch kein Geld weiter von dir erhalten, also von deinem Gelde geben was er hatte.) Ich habe ihm darauf sehr freundschaftlich geschrieben, das ich [3] mit jedem Postage hofte abreisen zu können, und das ich überhaupt gar keinen Vorschuß von ihm wollte, zugleich ihm mancherlei sehr vortheilhafte anerbiethungen machte zu einem Monument welches er Caroline will errichten lassen, und wozu ihm Danneker eine sehr schöne Zeichnung gemacht.
Auf disen Brief hatt er gar nicht geantwortet, und nun schreibt er dir so. Was er damit sagen will das du guth sagen sollst begreife ich gar nicht. Das ich es wirklich machen werde? Wie kann das irgend ein Mensch, ja weis ich selbst da ich ja sterben, oder Krank, Lahm oder Verükt werden kann, oder Blind, und wer kann mit gewißheit dafür einstehen. Nur für Geld kann man also hoffen, und das habe ich ja von ihm nicht gefodert. Uebrigens ist es denn etwas so unerhörtes das eine Sache etwas Späther angefangen wird, wofür er so wenig Eile zu haben scheint das er mir auf dreimahlige Anfoderung noch nicht einmahl geantwortet hatt welch ein Masstab der gewöhnliche an dem Ort ist wo das Grosse soll gearbeitet werden. Auch scheint es doch ist wohl von meiner Seite mehr als selbst Freundschaftlich 3 Basreliefs, eine colossale Büste, und eine Schrift Tafel aus Marmor für die Summe von 400 Reichsthaler machen zu wollen, damit der Rest der Summe zur errichtung hinreicht, und se[l]bst daran noch herunter zulassen, im Fall das nicht wäre. Zudem da ich kühn behaupten darf, das ausser Danneker und Shadow kein Bildhauer in Deutschland lebt der es so gut als ich machen kann, worauf Rüksicht zu nehmen ich doch auch wohl fodern kann, und in Rom brauche ich blos Thorvaldsen zu erwähnen. Ich muß sagen das dis Betragen von Schelling mich empört um so mehr da er gewiß weis das die Verzögerung nicht meine Schuld ist, welches disen Schritt von ihm ganz unverzeihlich macht. Doch verzeih des vielen Geschwätzes, willst du so mache ihm dise Vorstellungen, und schreibe ihm meinetwegen das es meine Ansichten sind, um so weniger bringt es ihm Ehre, da ich mich ganz in seine Hand gegeben ohne einmahl einen Contrakt mit ihm zu machen.
Leb wohl mein Theurer Freund, ich muß abbrechen sonst kömmt dis nicht mehr auf die Post.
Dein treuer Freund und Bruder. Friedrich Tieck.
[4]
[1] Zürich den 10ten Januar 1811.
Ich habe deinen lezten Brief erhalten geliebter Freund, und eile dir zu antworten da ich mich fast schäme deinen früheren nicht beantwortet zu haben, aber ich hoffte von einem Tag zum andern dir meine Erlösung melden zu können, leider ist es aber immer noch beim alten, und ich gestehe frei das ich Knorring nicht begreife, ja ich bin schon mehr als einmahl im Begriff gewesen ihm einen recht groben Brief zu schreiben. Es sind nun 5 Monathe das er zu Hause sizt und noch sind wir auf demselben Punkt, er hatt zweimahl kleine Wechsel geschikt, von deren unzulänglichkeit nur für meine Schwester allein bis hieher zu leben er überzeugt sein muß und zum Ueberfluß ist noch der zweite davon in Hamburg protestirt also nicht ausbezahlt. auf die Art ist mir nicht allein meine Zeit und Leben gestohlen, und ich laufend Verdrißlichkeiten ausgesezt, sondern meine Unglükliche Schwester Gott weis welchem Mangel und welchem unsaglichen Elend neben allen Kränkungen ausgesezt die böser willen und Niederträchtigkeit so gern noch auf eine unglükliche Frau Häufen mögen. am Mittwoch werden es nun drei Wochen das ich auch keinen Brief einmahl von ihr erhalten habe und diese Sorge läßt mir Tag und Nacht keine Ruhe. Doch von etwas andrem Ich habe sehr fleißig gearbeitet um die Zeichnung zu Vollenden, und endlich gelang es mir auch so bis auf einige kleine Retouchen. Ich hatte solche auf der hiesigen Ausstellung gegeben, aber es mögen wunderliche Urtheile darüber gefällt [worden] sein, ein Theil hatt solche sehr bewundert, der ander vermuthe ich sehr getadelt, obgleich man sonst hier sehr Leutseelig gegen Künstler ist, und alle Dinge bewundert die wohl sonst Nirgends Beifall finden würden.
Meister hatt mir kein Wort darüber gesagt, aber zu andren der Kopf sei nicht ähnlich und das ärgert mich, erstlich weil es unwahr und dann am ersten im Stande ist meine lange Arbeit schon im Voraus bei Fr.[au] v[on] St.[aël] in Miskredit zu setzen. Ich habe solche jezt wieder zu Hause und angefangen einige Kleinigkeiten daran zu ändern welche mir misfallen haben, Ich hätte gern hier einen Rahmen [2] dazu machen lassen, allein die ungewißheit wann ich Geld bekomme hatt mich davon abgehalten, denn dich habe ich nicht von neuen in Contribution setzen wollen. Das ich bei der ganzen Arbeit einzig bloß deinen Beifall im Auge gehabt habe wirst du mir wohl glauben, auch ohne das ich es sage, und es würde mich schon freuen wenn man dir in dein Zimmer die Zeichnung gebe. Doch zu der Beantwortung deines lezten Briefes. Das Buch ist zur rechten Zeit hier angekommen, das Horner dir nicht geschrieben hatt weist du wahrscheinlich denn Er schrieb das du ihm nicht geschrieben hast, sondern das Buch so ohne alle weitre Nachricht auf die Post gegeben, und in der lezten Zeit hatt er es wahrscheinlich ganz vergessen, dise Menschen weist du ja sehen mein Vergessen oft als eine große Nachläßigkeit an, so bald ihre Eitelkeit ihnen sagt das man nicht recht höflich gewesen, und du must selbst sagen das er mit dem Buche einen Zettel von dir erwarten muste.
Schreibe mir doch bestimmt, wann und wohin du zu reisen gedenkst, und auf wie lange, damit ich mich darauf richten kann wenn es möglich ist. Schelling begreife ich nicht und kann nicht anders von ihm denken als das viele andre von ihm sagen und ich mich bisher gesträubt zu glauben, das er ein schlechter und heimtükischer Mensch ist, dazu ganz dumme sachen fodert. Ich war bei ihm in Stuttgard und wir haben viel dort verabredet, ich machte die bestimteste Zeichnung und gab ihm solche. Ich machte mit ihm aus er sollte ehe ich anfinge mir den Anschlag der Steinmetzen schikken, und mehre andre Nachrichten geben, und nach Maÿland hin 10–15 Louisd’or im voraus bezahlen zu den Auslagen des Marmors. Von hier aus schrieb ich ihm und erinnerte ihn an die Versprechen. Auf alles andre Antwortet er gar nicht, aber das Geld schlug er ab, weil er sagte er wisse nicht ob es guth sei, dis Geld mit meinem Reise Gelde zu vermischen. auch habe er noch nicht viel mehr als so viel von dir erhalten als ich selbst für die Unkosten in Deutschland gerechnet. auf diesen Brief habe ich gar nichts geantwortet. Später schrieb er mir einen neuen den ich aber erst im Winter erhielt, worin er mich fragte ob ich noch im Winter anfangen würde er würde gedrängt, und seine Verwandten wollen er sollte einen andern Bildhauer suchen, (Sieh nur die inconsequenz, da er dann doch wohl hätte mehr als 10 Louisd’dor vorausbezahlen, und doch auch kein Geld weiter von dir erhalten, also von deinem Gelde geben was er hatte.) Ich habe ihm darauf sehr freundschaftlich geschrieben, das ich [3] mit jedem Postage hofte abreisen zu können, und das ich überhaupt gar keinen Vorschuß von ihm wollte, zugleich ihm mancherlei sehr vortheilhafte anerbiethungen machte zu einem Monument welches er Caroline will errichten lassen, und wozu ihm Danneker eine sehr schöne Zeichnung gemacht.
Auf disen Brief hatt er gar nicht geantwortet, und nun schreibt er dir so. Was er damit sagen will das du guth sagen sollst begreife ich gar nicht. Das ich es wirklich machen werde? Wie kann das irgend ein Mensch, ja weis ich selbst da ich ja sterben, oder Krank, Lahm oder Verükt werden kann, oder Blind, und wer kann mit gewißheit dafür einstehen. Nur für Geld kann man also hoffen, und das habe ich ja von ihm nicht gefodert. Uebrigens ist es denn etwas so unerhörtes das eine Sache etwas Späther angefangen wird, wofür er so wenig Eile zu haben scheint das er mir auf dreimahlige Anfoderung noch nicht einmahl geantwortet hatt welch ein Masstab der gewöhnliche an dem Ort ist wo das Grosse soll gearbeitet werden. Auch scheint es doch ist wohl von meiner Seite mehr als selbst Freundschaftlich 3 Basreliefs, eine colossale Büste, und eine Schrift Tafel aus Marmor für die Summe von 400 Reichsthaler machen zu wollen, damit der Rest der Summe zur errichtung hinreicht, und se[l]bst daran noch herunter zulassen, im Fall das nicht wäre. Zudem da ich kühn behaupten darf, das ausser Danneker und Shadow kein Bildhauer in Deutschland lebt der es so gut als ich machen kann, worauf Rüksicht zu nehmen ich doch auch wohl fodern kann, und in Rom brauche ich blos Thorvaldsen zu erwähnen. Ich muß sagen das dis Betragen von Schelling mich empört um so mehr da er gewiß weis das die Verzögerung nicht meine Schuld ist, welches disen Schritt von ihm ganz unverzeihlich macht. Doch verzeih des vielen Geschwätzes, willst du so mache ihm dise Vorstellungen, und schreibe ihm meinetwegen das es meine Ansichten sind, um so weniger bringt es ihm Ehre, da ich mich ganz in seine Hand gegeben ohne einmahl einen Contrakt mit ihm zu machen.
Leb wohl mein Theurer Freund, ich muß abbrechen sonst kömmt dis nicht mehr auf die Post.
Dein treuer Freund und Bruder. Friedrich Tieck.
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