Ich schreibe Ihnen liebster Freund mit rechter Bekümmerniß des Herzens. Von meinem Bruder Friedrich habe ich immer noch keine unmittelbare Nachricht, von Rumo[h]r habe ich aus München einen Brief worin er mir schreibt das Riepenhausens dort eingetroffen sind aber ohne meinen Bruder der folglich also noch immer in Weimar ist. Dagegen schreibt er mir das die Kranckheit meines Bruders Ludwig immer zunimt und das sie vieleicht noch alle 6 Wochen deshalb in München bleiben werden. Humbold nimt sich sehr freundschaftlich gegen mich und durch ihn weiß ich das der Alte Bernhardi alle Mittel anwenden will um die Kinder wiederzuhaben, er hat mich davon unterrichtet das weil ich ausser Landes bin und es ein Gesez giebt das die Kinder nicht ausser Landes erzogen werden sollen, so könne der Alte es wohl auswirken das man ihm auftrüge mich anzuhalten die Kinder zurikzugeben ohne das man mir Zeit liesse mich zu ver[2]antworten da sie in Berlin wohl so klug sein wirden mich nicht anders zu verklagen als das ich gegen ihren Willen die Kinder ausserhalb Landes mitgenommen habe. Sie sehen also liebster Freund das meine Lage auf keine Weise angenehm und ruhig ist und böhte nicht das Clima allen diesen Diengen Troz so glaube ich das es auch mit meiner Gesundheit schlecht gehen wirde. Den[n] wie Humbold an Knorring schrieb, er möchte ihn gern meinetwegen sprechen, zog mir die Angst ehe ich wußte waß es sein könte einen heftigen Bluthusten zu, doch ist es ohne erhebliche Folgen geblieben. Natorp hat jezt eine andre Lebensweise angefangen die ihm mehr Geld kostet und da seine Wechsel ausbleiben und wir ihm noch schuldig sind so sind wir dadurch sehr gedrükt und da mein Bruder und auch Rumo[h]r ausbleiben vieleicht einer sehr drükenden Verlegenheit ausgesezt. Ich ersuche Sie also liebster Freund ja diesmal ihr Wort zu [3] halten wen[n] Sie auch nicht zu der Zeit in Genf sein solten den[n] es ist für mich ein quälender Gedanke das ich jezt das lezte Geld habe welches ich hier für jezt erhalten kann, wen[n] es nun zu ende ist waß solte ich anfangen. Verbrennen Sie liebster Freund ja sogleich diesen Brief den[n] ich möchte um alles nicht das er auf der Reise auf irgend eine Art verlohrengienge und so Humboldt über meine Indiskretion zu klagen hätte und eben weil er verbrant werden soll so mag ich auch nichts anders als über Geschäfte schreiben. Und so bitte ich Sie da ich Ihnen Egidio und Isabella nach Copet schiken werde wo sie es bei Ihrer Ankunft schon finden sollen, es wo möglich noch zu Michaeli als ein Taschenbuch zu verkaufen um welchen Preiß Sie wollen weil es mir wie die Sachen stehen unendlich lieb wäre wen[n] mein Nahme in Deutschland genant wirde und mein Gedächtniß weder bei Freunden noch Feinden sich auslöschte. Sie thäten mir damit einen [4] unendlich wichtigen Dienst. An Hufeland will ich noch mit dieser Post schreiben um durch ihn vieleicht zu erfahren waß man gegen mich in Berlin thut. Sie sehen das ich mit ziemlicher Fassung zu verfahren dencke den[n] da ich weiß was ich auf den schlimsten Fall thun will so bleibt mir nichts übrig als auf die Mittel zu denken die ich mir zu verschaffen habe um diesen Plan auszuführen. Ich vertraue fest auf Gottes Schutz, will aber dabei kein menschliches Mittel der Klugheit versäumen. Am Flore und Blantscheflur habe ich 6 Gesänge fertig. Leben Sie wohl mein treuer geliebter Freund und Bruder, nächstens will ich Ihnen in einen Brief der nicht verbrant werden soll mehr von den Gesinnungen meines Herzens schreiben. Die Kinder sind wohl und grüssen sie von Herzen sie hoffen Sie bald wiederzusehn. Leben Sie wohl.
S[ophie] Tieck