Hochgeehrtester Herr Hofrath!
Vielleicht ist es Ihnen schon durch die hier und da erschienenen Proben oder sonst bekannt geworden, daß ich mich seit einiger Zeit mit einer neuen poëtischen Übersetzung Shakespeareʼs beschäftige. Ich bin so frey, Ihnen ein Exemplar des ersten Theils, der so eben fertig gedruckt ist, zu übersenden. Bis ich Ihnen eine eigentlich gelehrte Arbeit anzubieten habe, wollte ich mir wenigstens diese Gelegenheit nicht entgehen lassen, mein Andenken bey Ihnen und die Versicherungen meiner aufrichtigsten Verehrung zu erneuern. Wenn Sie selbst nicht Zeit und Lust haben, die beyden Schauspiele in meiner Nachbildung zu lesen, so interessiren Sie vielleicht Ihre Frau Gemahlin, oder Mlle Tochter, und [2] ich würde mich sehr freuen, den Beyfall so einsichtsvoller Leserinnen zu gewinnen.
Wenn Sie die Güte haben wollten, zu einer baldigen Beurtheilung meiner Arbeit in den Göttingischen Anzeigen Anstalt zu treffen, so würden Sie zu den vielen Verbindlichkeiten, die ich Ihnen habe noch eine neue hinzufügen.
Den Mangel an ruhiger Muße zur Ausführung Ihrer gelehrten Plane, dessen Sie in Ihrem gütigen Briefe an meinen Bruder erwähnen, beklage ich mit dem ganzen Publicum, und sehe mit ungeduldigem Verlangen dem nächsten größeren Werke entgegen, das Sie der Welt schenken werden.
Mein Bruder läßt sich Ihnen auf das hochachtungsvollste empfehlen. Ich habe die Ehre mit unwandelbarer Ergebenheit und Verehrung zu seyn,
mein Herr Hofrath,
Ihr gehorsamster
A. W. Schlegel