• August Wilhelm von Schlegel to August Ferdinand Bernhardi

  • Place of Dispatch: Jena · Place of Destination: Berlin · Date: 30.09.1799
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: August Wilhelm von Schlegel
  • Recipient: August Ferdinand Bernhardi
  • Place of Dispatch: Jena
  • Place of Destination: Berlin
  • Date: 30.09.1799
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 343347008
  • Bibliography: Briefe von und an August Wilhelm Schlegel. Gesammelt und erläutert durch Josef Körner. Bd. 1. Zürich u.a. 1930, S. 97‒99.
  • Incipit: „Jena d. 30 Sept [17]99
    Es wird Ihnen bestellt seyn, daß ich schon vor einiger Zeit mit den Redactoren der ALZ wegen [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: DE-611-37100
  • Classification Number: Mscr.Dresd.e.90,XX,Bd.1,Nr.6a
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 19 x 11,1 cm
    Language
  • German
Jena d. 30 Sept [17]99
Es wird Ihnen bestellt seyn, daß ich schon vor einiger Zeit mit den Redactoren der ALZ wegen Ihres Auftrags gesprochen, und daß es diesen sehr erwünscht war, einen Kritiker wie Sie, in einem leider so schlecht besetzten Fache zu gewinnen. Noch werden Sie keine Einladung erhalten haben, es fehlte anfangs an Ihrer Addresse, und jetzt ist Schütz allein hier, der sehr zerstreut ist und nichts besorgt. Überhaupt wird die Correspondenz bey der ALZ sehr lahm geführt, und um sich so in Rapport mit ihr zu setzen wie ich einige Zeit gestanden habe, ist das kürzeste freylich, in Jena zu seyn. Ich bin gern erbötig, Ihre Aufträge immer mündlich auszurichten und sogleich Antwort zu schreiben. Vielleicht sprechen Sie Hufeland auf seiner Rückreise von Danzig.
Ich habe vielerley übernommen zu rezensiren, was ich noch nicht so bald die Aussicht habe auszuführen, wovon ich manches gern abtreten möchte, was Sie auch vielleicht nicht abgeneigt wären zu übernehmen. Zur Beurtheilung vom Athenäum oder Schriften meines Bruders habe ich Sie nicht sogleich vorschlagen mögen, damit die HE. Redactoren nicht glauben möchten, Ihre ganze Theilnahme an der ALZ sey durch uns veranlaßt, sie versichern auch, die Rezension des Athenäums sey stark in der Arbeit, – wie und bey wem, das kann ich mir kaum denken, – und das Buch vom Studium der Griechischen Poesie habe ebenfalls seinen Beurtheiler gefunden. Meines Bruders Schrift über die Geschichte der Griechischen Poesie bleibt Ihnen aber zuverläßig, wenn Sie sie wollen. Sie gestehen selbst, daß sie darüber in Verlegenheit sind, weil verschiedne es ausgeschlagen, und haben also keinen Vorwand, wenn sich ein anerkannt gründlicher Philolog dazu erbietet.
Ich weiß in der That nicht, ob ich der ALZ Ihr scharfes Urtheil und Ihren Witz gönnen soll. So sehr es mich freut, wenn auf irgend eine Art ein Schrecken unter die schlechten Schriftsteller gebracht wird, so verdiente die ALZ doch eigentlich an ihrer eignen Langeweile zu Grunde zu gehen. Ihre Gesellschaft wird auf der andern Seite ein Motif für mich, wieder mehr Theil zu nehmen. Denn der Himmel weiß wie ich mich oft der Recensionen, die dicht neben den meinigen gestanden, geschämt habe.
Vor allen Dingen vergessen Sie aber darüber unser Athenäum nicht. Könnten Sie uns nicht allerley für die Notizen geben? Etwas von neuesten Theaterstücken? Kotzebueʼs anglisirten Pizarro? u. s. w. – Oder etwas ernsthafteres: über die Phantasieen, wobey ein allgemeines Wort über Wackenroder gesagt werden könnte. Ferner: über die Schattenspiele die in Berlin erschienen sind, die ich im Ganzen sehr artig gefunden habe, und wovon ich wohl den Verfasser kennen möchte. pp.
Sie hatten uns Hoffnung zu einem Aufsatze über Herders Metakritik gemacht, – allein ich muß fast befürchten, daß etwas über zu beobachtende Weimarsche Rücksichten, das ich nach B.[erlin] geschrieben, Sie dabey gestört hat. Ich will mich also näher darüber erklären. H.[erder]s Angriff auf die kr.[itische] Phil.[osophie] ist so umfassend, und giebt sich eine solche Miene von Gründlichkeit, dabey [ist] das Ansehen des Verfassers so groß, daß man ihn, wie mich däucht, nicht mit einem bloßen Einfalle abfertigen kann. Man muß also, um der ernsthaften Annihilation keinen Abbruch zu thun, jeden Sarkasm unterdrücken, der nicht aus dem Gange der Widerlegung selbst hervorgeht. – Ich habe daher meinen Bruder schon bewogen, einen Einfall über die prächtige Tripel-Allianz zwischen Herder, Jean Paul und Wieland zurückzulegen, und den Ihrigen, den uns Schleyermacher mitgetheilt hat, dürften wir wohl nicht einrücken, weil er zum Theil wie ein Spott über die Geistlichkeit der besagten Herren aussieht, und man uns dann mit einigem Scheine in W.[eimar] Schuld geben würde, wir wollten nicht bloß ihre schlechten Schriftsteller sondern ihre Bischöfe im Lande lächerlich machen. Übrigens ist der Einfall aber allerliebst, und ich wäre untröstlich, wenn er der Welt entzogen werden sollte. Könnten Sie ihn nicht als Ankündigung einer Schrift von einem Buchhändler in das Intell.[igenz] Bl.[att] der ALZ einrücken lassen? Da wird er noch am allgemeinsten in Umlauf gebracht.
Wenn Sie es aber bey näherer Bekanntschaft allzu ungemüthlich und widerwärtig finden, sich mit dieser Schrift einzulassen, die für mich ordentlich einen katzenartigen Geruch hat, so sagen Sie es uns grade heraus, und wir sehen, wie wir sonst für sie sorgen können. Es ist wahrlich hart, an so etwas Verstand, Laune und Zeit zu verschwenden.
Noch Eine Bitte ehe ich schließe. Der Hamlet wird wie ich höre jetzt in B.[erlin] aufgeführt. Mir liegt sehr daran, daß dieser erste (und also schon deswegen kühne und verdienstliche) Versuch Sh.[akespeare] in seiner ächten Gestalt auf unsre Bühne zu bringen, nicht ohne Nachfolge bleibe. Wenn Sie also eine Anzeige davon im Archiv der Zeit machen, so verbinden Sie mich sehr, wenn Sie es auf eine Art thun, daß die Schauspieler nicht abgeschreckt werden, und wenn Sie auch das schonend erwähnen wollen, was noch nicht so ausfällt wie es seyn sollte. Wenn ich nach B.[erlin] gekommen wäre so gäbe ich bey dem besondern Abdruck des Hamlet eine Nachricht von der Aufführung, – so aber habe ich nur etwas allgemeines über die theatralische Darstellung Shakspeares sagen können. Ich komme jetzt in meiner Übersetzung an die Heinriche und wollte wohl, daß sie aufs Theater gebracht würden, und Iffland den Fallstaff machte.
Leben Sie recht wohl und behalten Sie uns in gutem Andenken.
Der Ihrige
A. W. Schlegel
Jena d. 30 Sept [17]99
Es wird Ihnen bestellt seyn, daß ich schon vor einiger Zeit mit den Redactoren der ALZ wegen Ihres Auftrags gesprochen, und daß es diesen sehr erwünscht war, einen Kritiker wie Sie, in einem leider so schlecht besetzten Fache zu gewinnen. Noch werden Sie keine Einladung erhalten haben, es fehlte anfangs an Ihrer Addresse, und jetzt ist Schütz allein hier, der sehr zerstreut ist und nichts besorgt. Überhaupt wird die Correspondenz bey der ALZ sehr lahm geführt, und um sich so in Rapport mit ihr zu setzen wie ich einige Zeit gestanden habe, ist das kürzeste freylich, in Jena zu seyn. Ich bin gern erbötig, Ihre Aufträge immer mündlich auszurichten und sogleich Antwort zu schreiben. Vielleicht sprechen Sie Hufeland auf seiner Rückreise von Danzig.
Ich habe vielerley übernommen zu rezensiren, was ich noch nicht so bald die Aussicht habe auszuführen, wovon ich manches gern abtreten möchte, was Sie auch vielleicht nicht abgeneigt wären zu übernehmen. Zur Beurtheilung vom Athenäum oder Schriften meines Bruders habe ich Sie nicht sogleich vorschlagen mögen, damit die HE. Redactoren nicht glauben möchten, Ihre ganze Theilnahme an der ALZ sey durch uns veranlaßt, sie versichern auch, die Rezension des Athenäums sey stark in der Arbeit, – wie und bey wem, das kann ich mir kaum denken, – und das Buch vom Studium der Griechischen Poesie habe ebenfalls seinen Beurtheiler gefunden. Meines Bruders Schrift über die Geschichte der Griechischen Poesie bleibt Ihnen aber zuverläßig, wenn Sie sie wollen. Sie gestehen selbst, daß sie darüber in Verlegenheit sind, weil verschiedne es ausgeschlagen, und haben also keinen Vorwand, wenn sich ein anerkannt gründlicher Philolog dazu erbietet.
Ich weiß in der That nicht, ob ich der ALZ Ihr scharfes Urtheil und Ihren Witz gönnen soll. So sehr es mich freut, wenn auf irgend eine Art ein Schrecken unter die schlechten Schriftsteller gebracht wird, so verdiente die ALZ doch eigentlich an ihrer eignen Langeweile zu Grunde zu gehen. Ihre Gesellschaft wird auf der andern Seite ein Motif für mich, wieder mehr Theil zu nehmen. Denn der Himmel weiß wie ich mich oft der Recensionen, die dicht neben den meinigen gestanden, geschämt habe.
Vor allen Dingen vergessen Sie aber darüber unser Athenäum nicht. Könnten Sie uns nicht allerley für die Notizen geben? Etwas von neuesten Theaterstücken? Kotzebueʼs anglisirten Pizarro? u. s. w. – Oder etwas ernsthafteres: über die Phantasieen, wobey ein allgemeines Wort über Wackenroder gesagt werden könnte. Ferner: über die Schattenspiele die in Berlin erschienen sind, die ich im Ganzen sehr artig gefunden habe, und wovon ich wohl den Verfasser kennen möchte. pp.
Sie hatten uns Hoffnung zu einem Aufsatze über Herders Metakritik gemacht, – allein ich muß fast befürchten, daß etwas über zu beobachtende Weimarsche Rücksichten, das ich nach B.[erlin] geschrieben, Sie dabey gestört hat. Ich will mich also näher darüber erklären. H.[erder]s Angriff auf die kr.[itische] Phil.[osophie] ist so umfassend, und giebt sich eine solche Miene von Gründlichkeit, dabey [ist] das Ansehen des Verfassers so groß, daß man ihn, wie mich däucht, nicht mit einem bloßen Einfalle abfertigen kann. Man muß also, um der ernsthaften Annihilation keinen Abbruch zu thun, jeden Sarkasm unterdrücken, der nicht aus dem Gange der Widerlegung selbst hervorgeht. – Ich habe daher meinen Bruder schon bewogen, einen Einfall über die prächtige Tripel-Allianz zwischen Herder, Jean Paul und Wieland zurückzulegen, und den Ihrigen, den uns Schleyermacher mitgetheilt hat, dürften wir wohl nicht einrücken, weil er zum Theil wie ein Spott über die Geistlichkeit der besagten Herren aussieht, und man uns dann mit einigem Scheine in W.[eimar] Schuld geben würde, wir wollten nicht bloß ihre schlechten Schriftsteller sondern ihre Bischöfe im Lande lächerlich machen. Übrigens ist der Einfall aber allerliebst, und ich wäre untröstlich, wenn er der Welt entzogen werden sollte. Könnten Sie ihn nicht als Ankündigung einer Schrift von einem Buchhändler in das Intell.[igenz] Bl.[att] der ALZ einrücken lassen? Da wird er noch am allgemeinsten in Umlauf gebracht.
Wenn Sie es aber bey näherer Bekanntschaft allzu ungemüthlich und widerwärtig finden, sich mit dieser Schrift einzulassen, die für mich ordentlich einen katzenartigen Geruch hat, so sagen Sie es uns grade heraus, und wir sehen, wie wir sonst für sie sorgen können. Es ist wahrlich hart, an so etwas Verstand, Laune und Zeit zu verschwenden.
Noch Eine Bitte ehe ich schließe. Der Hamlet wird wie ich höre jetzt in B.[erlin] aufgeführt. Mir liegt sehr daran, daß dieser erste (und also schon deswegen kühne und verdienstliche) Versuch Sh.[akespeare] in seiner ächten Gestalt auf unsre Bühne zu bringen, nicht ohne Nachfolge bleibe. Wenn Sie also eine Anzeige davon im Archiv der Zeit machen, so verbinden Sie mich sehr, wenn Sie es auf eine Art thun, daß die Schauspieler nicht abgeschreckt werden, und wenn Sie auch das schonend erwähnen wollen, was noch nicht so ausfällt wie es seyn sollte. Wenn ich nach B.[erlin] gekommen wäre so gäbe ich bey dem besondern Abdruck des Hamlet eine Nachricht von der Aufführung, – so aber habe ich nur etwas allgemeines über die theatralische Darstellung Shakspeares sagen können. Ich komme jetzt in meiner Übersetzung an die Heinriche und wollte wohl, daß sie aufs Theater gebracht würden, und Iffland den Fallstaff machte.
Leben Sie recht wohl und behalten Sie uns in gutem Andenken.
Der Ihrige
A. W. Schlegel
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