Glücklicherweise, mein werther Freund, kann ich Ihnen die erwünschtesten Nachrichten von den Gesundheits-Umständen meiner Frau mittheilen. Es ist alle, auch die leiseste, Besorgniß glücklich vorüber, und nur das Bedauern, ihrer Gesellschaft für einen ganzen Tag entbehrt zu haben, bleibt ihr als ein unangenehmes Bedenken der Krankheit zurück. Sie werden sich erinnern, was zum Ersatz dafür eines Morgens ausgemacht wurde, und wenn es mir nicht die Bescheidenheit verböte, müßte ich Sie an ein halb und halb gethanes Versprechen deshalb mahnen. Bernhardi erwarten wir indeß auf jeden Fall in den Pfingsttagen. Sie sehen, wie ungenügsam wir sind aber es ist nun einmal nicht anders mit dem Menschengeschlechte; selbst nach dem Ausspruche der würdigsten Psychologen.
Könnten Sie uns nur bald gleich günstige Nachrichten von Madam Bernhardiʼs Befinden mittheilen! Der liebliche Stellvertreter, welchen sie uns in der Gestalt des göttlichen Mährchens zugesandt, konnte doch nicht den Wunsch verdrängen, sie selbst in unsrer Mitte zu sehn. Wir vertrösten einander in Hinsicht ihrer Gesellschaft [2] nun wieder auf die Dresdner Reise. Hat Ihnen Tieck nichts Bestimmtes über diese letztere gesagt?
Sie sind wohl recht gütig, sich meines Siegfrieds so ernstlich anzunehmen, und ich bitte Sie, meines lebhaftesten Dankes dafür versichert zu sein. Da aber Tieck keine nähern Quellen anzugeben weiß, möchte ich fast an deren Auffindung verzweifeln, und bin beinahe entschloßen, sobald ich nur das Heldenbuch kenne, an die Arbeit zu gehn. Doch werde ich auf jeden Fall den Erfolg Ihres Schreibens nach Dresden abwarten. Ich gehe jetzt das Lied der Nibelungen zum zweitenmale durch, wobei ich mir Stellen und Bemerkungen, die meiner Absicht vorzüglich nutzen können, aufzeichne. Die frühere Geschichte Siegfrieds (oder, wie ich ihn nach dem Altdeutschen fast lieber nennen möchte, Sifridʼs) ist mir dadurch schon klärer geworden, und ich denke nun das Volksbuch, welches ich durch Ihre Güte zu erhalten hoffe, weit beßer verstehn zu können.
Zu den schönen Marionetten wünsche ich Ihnen von Herzen Glück. Es muß eine rechte Erquickung sein, wieder einmal der Aufklärung und Vortrefflichkeit gegenwärtigen Jahrhunderts entübrigt zu wer[3]den, und die kräftige Lustigkeit der Vorwelt unverfälscht beschauen zu dürfen. In einer ähnlichen Gattung fand ich noch letzthin etwas ganz Treffliches in der Müllerischen Sammlung; von der Wibe List, das einer dramatischen Darstellung sehr angemeßen wäre, oder vielmehr schon fast ganz dazu eingerichtet ist.
Indem ich Ihnen und Bernhardiʼs von meinem Schwiegervater und meiner Frau, wie von allen Hausgenoßen die freundlichsten Grüße ausrichte, bitte ich Sie alle um ein gütiges Andenken für mich.
Ewig der Ihrige
Fouqué
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