„Wie schön leuchtʼt uns der Morgenstern!“ konnte ich wohl mit Recht singen und sagen, da mir dieser heilige und apostolische Stern, – denn so will er unstreitig vermöge seiner herabfließenden Haare und seines Bartes angesehen seyn, – hier einen Brief von Ihnen brachte, zwar einen Brief voll nächtlicher Schatten und Finsterniß, welche zu zerstreuen, ein so blasser Stern schwerlich hinreichen dürfte, sondern die helle Mittagssonne erfodert wird. Was Ihre eigne Lage betrifft, liebes Kind, da kann ich Ihnen aus der Ferne und unvollkommen unterrichtet, wenig sagen. Ich möchte, wenigstens auf einige Tage, bey Ihnen seyn, damit Sie mir Ihr ganzes Herz ausschütteten, und ich Ihnen vielleicht einige Aufheiterung und Trost schaffen könnte. Die Ursachen Ihrer allgemeineren und edel uneigennützigen Bekümmerniß sind aber seitdem schon großentheils gehoben, oder wenigstens beträchtlich gemindert. Ich bin auch den ganzen Frühling hindurch von Niedergeschlagenheit und Unmuth unglaublich zerrüttet gewesen, habe mich aber seit einigen Wochen wieder aufgerafft. Wegen Friedrich seyn Sie ganz ruhig, ich habe verschiedentlich mittelbare Nachrichten von ihm, und jetzt eben [2] durch einen Umweg einen Brief vom 18ten Mai gehabt. Er war gesund und damals schon gutes Muthes und befand sich zu Znaym in Mähren. Er ist in der besten Gesellschaft, wird geschätzt und geliebt, und auch in dem allerschlimmsten Falle, daß er genöthigt seyn sollte, eine weite Reise zu machen, wird ihm seine jetzige Laufbahn gewiß sehr zu Statten kommen. Dorotheen geht es ebenfalls gut: sie ist in W.[ien] geblieben, und lebt während dieser schlimmen Zeiten im Hause der Frau von Arnstein, wodurch sie vieler Sorgen überhoben ist.
Der Himmel verzeihe mir die Sünde, ich glaube ich habe Ihnen seit Ihrem Briefe vom 15ten März nicht wieder geschrieben, und Ihnen also auch für das liebliche Lobgedicht auf die persischen Sänger nicht gedankt. Ich war zu sehr mit jenen Gegenständen beschäftigt. Sie werden es längst wissen, daß Phoebus gleich in den ersten Zeichen des Thierkreises zum Phaeton geworden ist, und seinen Wagen umgeworfen hat. Plus de Phébus dans notre littérature, wie wohl noch viel Bombast. Über Cotta haben Sie ganz recht, er ist ein Knauser und ein gemeiner Geselle. Soll ich Sie mit Hofrath Mahlmann in Leipzig, dem Herausgeber der Zeitung für die elegante Welt, in Verbindung setzen? Da ich ihm [3] letzthin einige Kleinigkeiten geschickt, so hat er mich sehr dringend um Beyträge ersucht, und sich bereitwillig gezeigt, alle meine etwanigen Bedingungen einzugehen. Wenn Sie Chateaubriands Märtyrer in der That übersetzt haben, so muß ich Sie als Märtyrin dieses kostbaren und anmaßenden Geschreibes betrachten, womit die Poesie eben so wenig zu thun hat als die Religion. Ich möchte Ihnen gern den zweyten Band meines Spanischen Theaters geben, leider habe ich ihn selbst noch nicht. Eben so geht es mir mit Friedrichs Gedichten, die längst heraus sind und auf die ich unendlich begierig bin. Der erste Band meiner dramaturgischen Vorlesungen ist gedruckt, wird aber vor Vollendung des Ganzen nicht ausgegeben.
Ich habe immer noch die Aussicht spät im Herbste in die Nähe von Paris zu kommen, ob ich aber überhaupt, und auf wie lange einen Ausflug dahin machen kann, ist ungewiß. Glauben Sie, daß Ihr freundlicher Umgang ein Hauptgrund für mich ist, es zu wünschen. Den Sommer bringe ich in Coppet zu, hier bleibe ich nur ein 8 bis 10 Tage Talmaʼs wegen, den ich auch im Umgange recht gern habe. – Was macht Koreff? Sagen Sie ihm doch, daß ich ihm durch einen Hrn. von Rönne geschrieben habe.
Sagen Sie Chezy von meinetwegen, daß das [4] orientalische Magazin des Krieges wegen nicht aufgegeben sey. Der Haupt-Unternehmer zwar, der Graf Rzewusky ist im Felde, und soll am Bein verwundet seyn. Hammer ist in W.[ien] geblieben, und arbeitet an einem artigen Aufsatze über die Blumensprache.
Leben Sie tausendmal wohl, liebe Freundin. Ich habe Ihre Theilnahme an Fr.[iedrich] sehr liebenswürdig gefunden, und weiß sie Ihnen Dank.