• Karl Gregor von Knorring to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Prag · Place of Destination: Coppet · Date: 11.05.1807
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Karl Gregor von Knorring
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Prag
  • Place of Destination: Coppet
  • Date: 11.05.1807
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 335976727
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 1. Der Texte erste Hälfte. 1791‒1808. Bern u.a. ²1969, S. 403‒405.
  • Incipit: „[1] Ich habe schon lange den Willen gehabt Ihnen zu schreiben, geliebter Freund, aber es ist immer unterblieben, theils weil ich [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: APP2712-Bd-6
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,21,51
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 22,7 x 18,1 cm
    Language
  • German
[1] Ich habe schon lange den Willen gehabt Ihnen zu schreiben, geliebter Freund, aber es ist immer unterblieben, theils weil ich Ihre Addresse nicht wußte, Theils weil ich überhaupt kein fleißiger Schreiber bin. Sie werden wohl schon die Absicht meines Auffenthalts in Deutschland wissen, und ob sie gleich noch nicht völlig gelungen ist, so hoffe ich doch mit Zuversicht daß dies bald geschehen soll, und nehme bestimmt an daß Sie auch wieder eine Zeitlang nach Rom kommen, da Italien wohl werth ist auf einige Zeit mit Frankreich vertauscht zu werden, und Ihr erster Auffenthalt daselbst nur so kurz war. Ich habe auf meiner Durchreiß in Dresden Ihre Frau Schwester gesehen die sich sehr wohl befand und Hoffnung machte daß bald ein Theil des Schaekespear und des Calderone erscheinen würde, welches sehr Noth thut da das ganze Deutsche Publicum mit Sehnsucht darauf harrt, und in Dresden durch die Vorlesungen eines gewissen Müller, nach Imitation der Ihrigen, ein großer Enthusiasmus für die Poesie und für die neuern Producte entstanden ist. Dieser Müller ist besonders Ihr großer Verehrer. Auch wird es Ihnen vielleicht nicht unangenehm sein wenn ich Ihnen zwei Stellen aus der Jenaischen Litteratur Zeitung mittheile die Sie betreffen:
Intelligenzblatt der Jenaischen allgem. Litteratur Zeitung Numero. 6. den 19 Januar 1807.
Wir nehmen die Veranlassung, welche die N° 11–13 abgedruckte Beurtheilung von Schlegels Rom darbietet, mit Vergnügen wahr, dem Uebersetzer des [2] Shakspeare sein vor einem Jahre erneuertes Versprechen, er wolle sein angefangenes Werk vollenden, ins Gedächtnis zurück[zu]rufen. Sollte den ersten Verdeutscher des Ersten unter den neuern Dichtern die Kälte abgeschreckt haben, mit der Einige seine Bemühungen hinnahmen? Noch vor Kurzem erschollen laute Stimmen von „unleidlich todtem Humor, von verfehlter naiver Plastik der Sprecharten, von zerhakter, ja mit der Keule zermörserter Prosa, von subjectiver Uebersetzermethode“ und mehr dergleichen unbewiesene Behauptungen, die keine große Vertrautheit mit dem Originale verrathen. Aber so urtheilt kein Göthe, kein Voß, kein Tieck, kein Garve, kein Eschenburg, (man sehe dessen Shakspeare Th. XII. S. 613). Mögen daher jene Stimmen Schlegels schöne Muße nicht unterbrechen, von der wir bald eine Fortsetzung des Shakspeare und vor allem den Cymbeline erwarten!
D. A. E. unterzeichnet welches Voigt Der alte Esel liest ob er gleich gewiß weiß daß es von dem alten Voß ist. Die andre Stelle ist:
Intelligenzblatt der Jenaischen allgem. Litt. Zeit.
N° 12 d. 7ten Februar 1807.
IV. Aufforderung.
Herr Professor Aug. W. Schlegel wird hierdurch gebeten, sich bestimmt zu erklären, wenn und auf welche Weise er seinen bereits vor mehreren Jahren übernommenen Verpflichtungen gegen die unterzeichnete Buchhandlung nachzukommen gedenkt. Man sieht sich genöthigt, diesen Ausweg zu wählen da die letzteren an den gedachten Herrn gerichteten Briefe unbeantwortet geblieben sind, und seit einem Jahre fast auch nicht die geringste Nachricht von ihm eingelaufen ist. Berlin, im Januar 1807.
Realschulbuchhandlung.
Da Sie die Litteratur Zeitung wahrscheinlich nicht zu sehen bekommen so wird es Ihnen vielleicht lieb sein dies zu wissen.
Die Erscheinung des Dichtergartens wird Ihnen schon bekannt sein da Ihnen Hardenberg ein Exemplar zur Recension überschickt hat. Er [3] enthält recht schöne Gedichte und ist einer schönen Recension von Ihnen werth, da überdem Mme Bernhardi bis jetzt das unverdiente Schicksal gehabt hat mit ihren Producten übergangen zu werden so ist dies eine recht schickliche Gelegenheit dazu ihren Werth geltend zu machen, da besonders der zweite Theil ganz aus Flor und Blanscheflur bestehen soll welches ein ganz vorzügliches Gedicht ist, seines Gleichen in der neuern deutschen Litteratur nicht hat, und zugleich mit angekündigt werden kann.
Ich bin neugierig zu wissen wie Ihnen das Basrelief von Tieck gefallen wird da es gewiß schon nach dem Orte seiner Bestimmung abegegangen ist. Das Model hat allgemeinen Beyfall bey Canova, Marin, Torwalzen u.s.w. gefunden, und da er schon mehrere Proben von sehr guter Marmorarbeit gegeben hat wie die Büste des Kardinals und andere so ist dieses gewiß ein sehr gelungenes Kunstwerk. Auch in der Mahlerei hat er großes Talent bewiesen da er sein eigenes Portrait gemahlt hat welches für einen ersten Versuch über alle Erwartung gelungen ist und sowohl bei den Mahlern in Rom, als auch in Weimar wohin ich es gebracht habe großen Beifall erhalten hat. Er soll jetzt für Hardenberg ein kleines Altarblatt mahlen wodurch er sehr an Practick zunehmen wird. Es wäre zu wünschen daß er bedeutende Arbeiten so wohl in der einen als in der andren Kunst bekäme damit er sein entschiedenes Talent recht ausbilden könnte, und ich bin überzeugt, liebster Freund, daß Sie keine Gelegenheit versäumen werden die sich Ihnen darbietet ihm solche zu verschaffen.
Sie waren so gütig, liebster Freund, es zu übernehmen mir die [4] Werke St. Martins zu verschaffen, und haben auch wirklich die Güte gehabt, während Ihres Auffenthalts in Paris einige aufzutreiben, ich wünschte zu wissen welche die sind die Sie besitzen. Die ich in Deutschland habe bekommen können sind: 1) Les erreurs et la verité, 2) Le crocodil 3) lʼaurore naissante die Übersetzung von Boehms Morgenröthe. Wenn Sie diese nicht schon haben so brauchen Sie sie für mich nicht zu kaufen, aber für seine übrigen Werke würde ich Ihnen sehr dankbar sein da ich sie bis jetzt noch nicht aufgetrieben habe. Auch erzeigen Sie mir einen großen Gefallen sich, wo es die Gelegenheit gibt, nach seinen markantesten Schülern zu erkundigen die besonders in Lyon und Paris sich befinden und mir deren Nahmen und Stand soviel Sie erfahren können mitzutheilen. Verzeihen Sie, liebster Freund, daß ich Sie mit so vielerlei beschwerlich falle, Sie sehen daraus daß ich noch immer auf Ihre alte Güte rechne. Wenn Sie die Güte haben wollen mir zu antworten so ersuche ich Sie Ihren Brief an Hardenberg zu schicken der von Zeit zu Zeit Nachricht von meinem Auffenthalt bekömmt und mir den Brief alsbald zustellen wird. Sein Sie überzeugt daß ich unverändert bin
Ihr Freund
Knorring
Prag d. 11ten Mai
1807
[1] Ich habe schon lange den Willen gehabt Ihnen zu schreiben, geliebter Freund, aber es ist immer unterblieben, theils weil ich Ihre Addresse nicht wußte, Theils weil ich überhaupt kein fleißiger Schreiber bin. Sie werden wohl schon die Absicht meines Auffenthalts in Deutschland wissen, und ob sie gleich noch nicht völlig gelungen ist, so hoffe ich doch mit Zuversicht daß dies bald geschehen soll, und nehme bestimmt an daß Sie auch wieder eine Zeitlang nach Rom kommen, da Italien wohl werth ist auf einige Zeit mit Frankreich vertauscht zu werden, und Ihr erster Auffenthalt daselbst nur so kurz war. Ich habe auf meiner Durchreiß in Dresden Ihre Frau Schwester gesehen die sich sehr wohl befand und Hoffnung machte daß bald ein Theil des Schaekespear und des Calderone erscheinen würde, welches sehr Noth thut da das ganze Deutsche Publicum mit Sehnsucht darauf harrt, und in Dresden durch die Vorlesungen eines gewissen Müller, nach Imitation der Ihrigen, ein großer Enthusiasmus für die Poesie und für die neuern Producte entstanden ist. Dieser Müller ist besonders Ihr großer Verehrer. Auch wird es Ihnen vielleicht nicht unangenehm sein wenn ich Ihnen zwei Stellen aus der Jenaischen Litteratur Zeitung mittheile die Sie betreffen:
Intelligenzblatt der Jenaischen allgem. Litteratur Zeitung Numero. 6. den 19 Januar 1807.
Wir nehmen die Veranlassung, welche die N° 11–13 abgedruckte Beurtheilung von Schlegels Rom darbietet, mit Vergnügen wahr, dem Uebersetzer des [2] Shakspeare sein vor einem Jahre erneuertes Versprechen, er wolle sein angefangenes Werk vollenden, ins Gedächtnis zurück[zu]rufen. Sollte den ersten Verdeutscher des Ersten unter den neuern Dichtern die Kälte abgeschreckt haben, mit der Einige seine Bemühungen hinnahmen? Noch vor Kurzem erschollen laute Stimmen von „unleidlich todtem Humor, von verfehlter naiver Plastik der Sprecharten, von zerhakter, ja mit der Keule zermörserter Prosa, von subjectiver Uebersetzermethode“ und mehr dergleichen unbewiesene Behauptungen, die keine große Vertrautheit mit dem Originale verrathen. Aber so urtheilt kein Göthe, kein Voß, kein Tieck, kein Garve, kein Eschenburg, (man sehe dessen Shakspeare Th. XII. S. 613). Mögen daher jene Stimmen Schlegels schöne Muße nicht unterbrechen, von der wir bald eine Fortsetzung des Shakspeare und vor allem den Cymbeline erwarten!
D. A. E. unterzeichnet welches Voigt Der alte Esel liest ob er gleich gewiß weiß daß es von dem alten Voß ist. Die andre Stelle ist:
Intelligenzblatt der Jenaischen allgem. Litt. Zeit.
N° 12 d. 7ten Februar 1807.
IV. Aufforderung.
Herr Professor Aug. W. Schlegel wird hierdurch gebeten, sich bestimmt zu erklären, wenn und auf welche Weise er seinen bereits vor mehreren Jahren übernommenen Verpflichtungen gegen die unterzeichnete Buchhandlung nachzukommen gedenkt. Man sieht sich genöthigt, diesen Ausweg zu wählen da die letzteren an den gedachten Herrn gerichteten Briefe unbeantwortet geblieben sind, und seit einem Jahre fast auch nicht die geringste Nachricht von ihm eingelaufen ist. Berlin, im Januar 1807.
Realschulbuchhandlung.
Da Sie die Litteratur Zeitung wahrscheinlich nicht zu sehen bekommen so wird es Ihnen vielleicht lieb sein dies zu wissen.
Die Erscheinung des Dichtergartens wird Ihnen schon bekannt sein da Ihnen Hardenberg ein Exemplar zur Recension überschickt hat. Er [3] enthält recht schöne Gedichte und ist einer schönen Recension von Ihnen werth, da überdem Mme Bernhardi bis jetzt das unverdiente Schicksal gehabt hat mit ihren Producten übergangen zu werden so ist dies eine recht schickliche Gelegenheit dazu ihren Werth geltend zu machen, da besonders der zweite Theil ganz aus Flor und Blanscheflur bestehen soll welches ein ganz vorzügliches Gedicht ist, seines Gleichen in der neuern deutschen Litteratur nicht hat, und zugleich mit angekündigt werden kann.
Ich bin neugierig zu wissen wie Ihnen das Basrelief von Tieck gefallen wird da es gewiß schon nach dem Orte seiner Bestimmung abegegangen ist. Das Model hat allgemeinen Beyfall bey Canova, Marin, Torwalzen u.s.w. gefunden, und da er schon mehrere Proben von sehr guter Marmorarbeit gegeben hat wie die Büste des Kardinals und andere so ist dieses gewiß ein sehr gelungenes Kunstwerk. Auch in der Mahlerei hat er großes Talent bewiesen da er sein eigenes Portrait gemahlt hat welches für einen ersten Versuch über alle Erwartung gelungen ist und sowohl bei den Mahlern in Rom, als auch in Weimar wohin ich es gebracht habe großen Beifall erhalten hat. Er soll jetzt für Hardenberg ein kleines Altarblatt mahlen wodurch er sehr an Practick zunehmen wird. Es wäre zu wünschen daß er bedeutende Arbeiten so wohl in der einen als in der andren Kunst bekäme damit er sein entschiedenes Talent recht ausbilden könnte, und ich bin überzeugt, liebster Freund, daß Sie keine Gelegenheit versäumen werden die sich Ihnen darbietet ihm solche zu verschaffen.
Sie waren so gütig, liebster Freund, es zu übernehmen mir die [4] Werke St. Martins zu verschaffen, und haben auch wirklich die Güte gehabt, während Ihres Auffenthalts in Paris einige aufzutreiben, ich wünschte zu wissen welche die sind die Sie besitzen. Die ich in Deutschland habe bekommen können sind: 1) Les erreurs et la verité, 2) Le crocodil 3) lʼaurore naissante die Übersetzung von Boehms Morgenröthe. Wenn Sie diese nicht schon haben so brauchen Sie sie für mich nicht zu kaufen, aber für seine übrigen Werke würde ich Ihnen sehr dankbar sein da ich sie bis jetzt noch nicht aufgetrieben habe. Auch erzeigen Sie mir einen großen Gefallen sich, wo es die Gelegenheit gibt, nach seinen markantesten Schülern zu erkundigen die besonders in Lyon und Paris sich befinden und mir deren Nahmen und Stand soviel Sie erfahren können mitzutheilen. Verzeihen Sie, liebster Freund, daß ich Sie mit so vielerlei beschwerlich falle, Sie sehen daraus daß ich noch immer auf Ihre alte Güte rechne. Wenn Sie die Güte haben wollen mir zu antworten so ersuche ich Sie Ihren Brief an Hardenberg zu schicken der von Zeit zu Zeit Nachricht von meinem Auffenthalt bekömmt und mir den Brief alsbald zustellen wird. Sein Sie überzeugt daß ich unverändert bin
Ihr Freund
Knorring
Prag d. 11ten Mai
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