Geliebter Bruder, ich will Dir nur vor allen Dingen die durch einen von Engers zurückgekehrten Bekannten erhaltene Nachricht mittheilen: daß der StaatsCanzler noch im Laufe dieser Woche, oder spätestens doch bis zum Schluß dieses Monaths von Engers grade nach Berlin zurückkehrt. Dagegen will er später (nach der Abreise des Königs nach Moskau) wieder an den Rhein kommen, und <schon> Ende Juny oder <doch> im July in Kölln seyn, wo er dann bis zum Congreß der Monarchen bleibt. – Von Koreff habe ich keine Antwort erhalten können, obwohl ich ihm durch meinen Freund noch einmal geschrieben hatte. – Ich dächte nun das beste wäre, Du kämest unverzüglich, sobald Du fertig bist, hieher, und wir machten dann die weitern Plane, auch wegen der Reise nach Hannover. Wegen dieser ist noch folgendes zu erinnern; die Schwägerin ist jetzt mit Buttlars zusammen nach Dreßden gegangen, wo sie einige Wochen bleiben will. Sie reist zurück mit einem von der Messe rückkehrenden Buchhändler Bohn: daraus läßt sich berechnen, daß sie nicht vor Pfingsten wieder in Hannover seyn wird. Dein Plan, nach Hannover zu reisen, und daß wir Brüder uns alle dort vereinigen sollen, gefällt mir sehr. Es würde mir sehr leid seyn, die hiesige Gegend verlassen zu müßen, ohne daß dieses so lang gewünschte Wiedersehn Statt gefunden hätte, wo für mich dann [2] die Hoffnung dazu wohl auf lange Zeit verschwunden seyn möchte. – Ich wünschte nur Du kämest recht bald, zunächst grade hierher, damit ich auch noch gewiß hier bin. Vor allem aber bitte ich Dich, mir recht bald und recht genau von Deinen Entschlüssen Nachricht zu geben, da ich grade jetzt so in der völligen Ungewißheit <schwebe> und mit jedem Courier eine Entscheidung erhalten kann. – Noch eine Frage, hinsichtlich unsrer ReisePlane. Schreib mir doch, ob Du einen eignen Reisewagen hast; wenn dieß nicht der Fall ist, so könnten wir dann in dem meinigen die Reise nach Hannover von hier aus zusammen machen; ein Bedienter kann auf dem Bock sitzen. Man reist doch so am besten und ungehindertsten und zu zweyen ist es auch nicht gar so theuer. Ein Umstand, der für mich jetzt sehr in Erwägung gezogen werden muß, da ich hier ungeachtet der recht guten Besoldung auf 100-fältige Weise in Nachtheil gerathen, wenigstens noch durchaus nicht zu dem ruhigen Genuß derselben gekommen <bin> (welcher bey längerer Dauer des hiesigen Aufenthalts allmählig <wohl erfolgt> seyn würde); bliebe ich noch mehrere Jahre hier, so würde ich zu einer Reise mit Dir ohne Anstand ein paar hundert Fl. von meiner Besoldung anticipiren, wozu ich leicht den Credit finde und was sich dann in der Folge schon hätte ausgleichen laßen. Jetzt aber in diesem kritischen Zeitpunkte muß ich mich [3] davon so sehr als nur irgend möglich enthalten, damit ich nicht im Falle der plötzlichen Abberufung in ein großes Deficit oder gänzliches Vacuum gerathe; – <daher ich denn alles möglichst sparsam einzurichten suchen muß.> Ohnehin sind meine Geldsachen in W.[ien] noch nicht entschieden und bin ich auch desfalls nicht ohne Sorgen; meine Diäten vom Jahre 1815–1816, wo ich 6 Monathe allein hier war, sind noch nicht berichtigt. Freylich ist diese Entschädigung normalmäßig, indessen bin ich doch nicht ohne Aengstlichkeit desfalls, wenn es fehlschlagen sollte, da ich auf die Hälfte, welche mir von dieser Summe <noch> zu gut kömmt, sehr habe rechnen müßen. Zur Rücksiedelung und Rückreise hat man gesetzmäßig nichts zu fordern, indessen wird doch gewöhnlich etwas außerordentliches bewilligt; obgleich ich nun wohl hoffen darf, daß Mett.[ernich] in dieser Hinsicht gut für mich gestimmt ist, so bleibt es doch immer etwas Ungewisses, bis die endliche Entscheidung da ist, der ich daher freylich nicht ganz ohne Aengstlichkeit entgegensehen kann. – Wenn mir indessen der Wunsch des Wiedersehns und einer Wiedervereinigung <mit Dir> gewährt wird, so wird das Ungewisse und Sorgenvolle der jetzigen Zeit reichlich aufgewogen. Ich habe nun jetzt keinen dringenderen Wunsch als diesen und bitte Dich daher, mir doch sogleich wieder zu schreiben und Deine ferneren Gedanken und Plane mitzutheilen.
[4] Meine Beschwerde wegen Deiner Gemähldebeschreibung etc. nehme ich nun nach dem, was Du mir geantwortet, förmlich und feyerlich zurück und beklage nur, daß Du mit so undankbaren Leuten zu thun hast.
Buttlar hat in Hann.[over] nichts erreicht, was freylich auch so lange der Friede dauert, schwer zu hoffen war. Indessen hat sich Auguste doch sehr viele und warme Freunde erworben, alle vornehmen Leute wollten von ihr gemahlt seyn. Man sagt, sie hat viel Talent zu einer geistreichen Aehnlichkeit. Uns hat sie einen Kopf nach Palmavecchio geschickt, worin allerdings die Oelbehandlung und Farbe sehr lebendig und weich ist, und <welches> ein Talent zur Farbe verräth. – Von Rom erhalten wir fortdauernd gute Nachrichten; Philipp hat sein Gemählde im Vatican fertig, und wieder eine neue Bestellung nach Deutschland erhalten. Jetzt wünschte ich nur, daß meine Frau erst dort wäre; bey der ewigen Ungewißheit hier ist doch an keine Freude und Ruhe zu denken. – Ich siegle diesen Brief nicht, weil es sonst ein doppelter würde. Balk war ein paar Tage hier, schien Dich zwar nicht unmittelbar in der letzten Zeit gesehen zu haben, bestätigte mir <aber> doch <die> durch andre erhaltene frohe Botschaft von Deiner Anherreise.
Lebe herzlich wohl.
Dein Friedrich