• Johanne Karoline Wilhelmine Spazier to August Wilhelm von Schlegel

  • Place of Dispatch: Leipzig · Place of Destination: Genf · Date: 07.02.1810
Edition Status: Single collated printed full text with registry labelling
    Metadata Concerning Header
  • Sender: Johanne Karoline Wilhelmine Spazier
  • Recipient: August Wilhelm von Schlegel
  • Place of Dispatch: Leipzig
  • Place of Destination: Genf
  • Date: 07.02.1810
  • Notations: Empfangsort erschlossen.
    Printed Text
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: 335973167
  • Bibliography: Krisenjahre der Frühromantik. Briefe aus dem Schlegelkreis. Hg. v. Josef Körner. Bd. 2. Der Texte zweite Hälfte. 1809‒1844. Bern u.a. ²1969, S. 109‒110.
  • Incipit: „[1] Leipzig 7 Februar 1810
    Es wäre wohl recht schön wenn unter den Pappeln, Gesträuchen, Birkenbüschen, und krausen Lustgängen, die der Nahme [...]“
    Manuscript
  • Provider: Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek
  • OAI Id: APP2712-Bd-6
  • Classification Number: Mscr.Dresd.App.2712,B,21,86
  • Number of Pages: 4 S. auf Doppelbl., hs. m. U.
  • Format: 19,4 x 11,2 cm
    Language
  • German
[1] Leipzig 7 Februar 1810
Es wäre wohl recht schön wenn unter den Pappeln, Gesträuchen, Birkenbüschen, und krausen Lustgängen, die der Nahme Leipzig, besonders wenn man einen Frühling hier lebte, in Ihr Gedächtniß zurückrufen muß, auch mein Bild Ihrem Geiste sich darstellte.
An den Federzügen werden Sie mich nicht erkennen, ich habe noch Niemals an Sie geschrieben, eher noch an Ihren Bruder Friedrich. Auch kann ich nicht läugnen daß ich wohl zu diesem leicht Zutrauen faßen konnte, schwerer aber zu Ihnen. Sie waren immer so gar vornehm, zerstreut, und abgesondert. Sie bleiben immer fremd und kalt, wenn der sinnige Friedrich bey all seiner Tiefe und Heiligkeit, sich kindlich und liebevoll auch gegen Kleinere herablaßen mochte! Schöne Erinnerungen, die ich nie aus meinem Gedächtniße laßen werde! – Jetzt, verehrter August Wilhelm! sind Sie, nun wohl noch fremder und abgesonderter geworden? – Sie leben unter den Herrlichsten und Gewähltesten, ein glänzend geistreicher Zirkel ist die Welt [2] die sich um Sie bewegt, werden Sie da einer fernen Ihrem Andenken vielleicht völlig entrückten Frau, eine Gunst gewähren mögen um die sie Sie bittet? Laßen Sie mich diese Gunst Ihnen recht unbefangen sagen, ich will Ihnen still überlaßen was Sie dabey thun wollen. Ich bitte Sie um Einige Ihrer neuern kleinern oder größern Gedichte, oder wenn Sie wollen, um einen Aufsatz in Prosa, um eine Novelle, oder ein ernstes Wort, über Kunst und Poesie – um irgend etwas, wovon Sie denken daß es einem neuen artigen Taschenbuche anpaßend seyn könnte, deßen Herausgabe ich übernommen habe.
Das Kunst und Industriekomtoir in Amsterdam verlegt dieses Taschenbuch, und der Prinzipal dieser Handlung, Herr Brockhaus ist wenn ich nicht irre durch Villiers und andre französische Autoren, wohl schon früher mit Ihnen bekannt gewesen. Da ich weiß daß Werner jetzt auch in Ihrer Mitte ist, so ersuche ich Sie, ihm einliegendes Blatt zu übergeben, das in meinem und im Nahmen des Verlegers eine ähnliche Bitte ausspricht.
[3] Vielleicht reizt Sie der künstlerische Gedanke den wir für dieses Taschenbuch wählten: die Eröffnung einer Götheʼs Gallerie.
Von rückwärts vorschreitend machen wir mit sechs Blättern aus den Wahlverwandschaften den Anfang, von Dähling in Berlin gezeichnet, um vielleicht einmal mit Werther zu schließen. Diesem anständigen Vorhaben gemäß ist auch der Inhalt projektiert. Von vielen Anfordrungen an die Herrlichsten und Besten, denke ich, sollen doch Einige Gehör finden! Ich nenne in der Geschwindigkeit nur: Frd. Schlegel, Collin, Stoll, Coreff, Baggesen, Jean Paul Richter, Caroline Pichler, Charlotte v. Ahlefeldt u. s. w.
Wenn Sie sich für mein Vorhaben intereßieren wollen, so bitte ich Sie, Ihr Manuskript recht bald unter meiner Addreße nach Leipzig zu senden. Direkt durch die Post, wird wohl am besten seyn. Mit Buchhändler Gelegenheit geht es immer nur langsam – und ich bin gehalten spätestens in der Ostermeße, den vollständigen Text für den Druck auszuliefern. – –
Wir erwarten in diesen Tagen [4] hier in Leipzig, Madame Hendel, von Gotha kommend, Sie wird deklamiren und mimische Vorstellungen geben, die mich nur Ottiliens wegen, intereßieren. Sie werden nicht fragen, welche Ottilie? es giebt nur Eine!! –
Genehmigen Sie den Ausdruck der liebevollen Verehrung von
Minna Spazier
geb. Mayer
[1] Leipzig 7 Februar 1810
Es wäre wohl recht schön wenn unter den Pappeln, Gesträuchen, Birkenbüschen, und krausen Lustgängen, die der Nahme Leipzig, besonders wenn man einen Frühling hier lebte, in Ihr Gedächtniß zurückrufen muß, auch mein Bild Ihrem Geiste sich darstellte.
An den Federzügen werden Sie mich nicht erkennen, ich habe noch Niemals an Sie geschrieben, eher noch an Ihren Bruder Friedrich. Auch kann ich nicht läugnen daß ich wohl zu diesem leicht Zutrauen faßen konnte, schwerer aber zu Ihnen. Sie waren immer so gar vornehm, zerstreut, und abgesondert. Sie bleiben immer fremd und kalt, wenn der sinnige Friedrich bey all seiner Tiefe und Heiligkeit, sich kindlich und liebevoll auch gegen Kleinere herablaßen mochte! Schöne Erinnerungen, die ich nie aus meinem Gedächtniße laßen werde! – Jetzt, verehrter August Wilhelm! sind Sie, nun wohl noch fremder und abgesonderter geworden? – Sie leben unter den Herrlichsten und Gewähltesten, ein glänzend geistreicher Zirkel ist die Welt [2] die sich um Sie bewegt, werden Sie da einer fernen Ihrem Andenken vielleicht völlig entrückten Frau, eine Gunst gewähren mögen um die sie Sie bittet? Laßen Sie mich diese Gunst Ihnen recht unbefangen sagen, ich will Ihnen still überlaßen was Sie dabey thun wollen. Ich bitte Sie um Einige Ihrer neuern kleinern oder größern Gedichte, oder wenn Sie wollen, um einen Aufsatz in Prosa, um eine Novelle, oder ein ernstes Wort, über Kunst und Poesie – um irgend etwas, wovon Sie denken daß es einem neuen artigen Taschenbuche anpaßend seyn könnte, deßen Herausgabe ich übernommen habe.
Das Kunst und Industriekomtoir in Amsterdam verlegt dieses Taschenbuch, und der Prinzipal dieser Handlung, Herr Brockhaus ist wenn ich nicht irre durch Villiers und andre französische Autoren, wohl schon früher mit Ihnen bekannt gewesen. Da ich weiß daß Werner jetzt auch in Ihrer Mitte ist, so ersuche ich Sie, ihm einliegendes Blatt zu übergeben, das in meinem und im Nahmen des Verlegers eine ähnliche Bitte ausspricht.
[3] Vielleicht reizt Sie der künstlerische Gedanke den wir für dieses Taschenbuch wählten: die Eröffnung einer Götheʼs Gallerie.
Von rückwärts vorschreitend machen wir mit sechs Blättern aus den Wahlverwandschaften den Anfang, von Dähling in Berlin gezeichnet, um vielleicht einmal mit Werther zu schließen. Diesem anständigen Vorhaben gemäß ist auch der Inhalt projektiert. Von vielen Anfordrungen an die Herrlichsten und Besten, denke ich, sollen doch Einige Gehör finden! Ich nenne in der Geschwindigkeit nur: Frd. Schlegel, Collin, Stoll, Coreff, Baggesen, Jean Paul Richter, Caroline Pichler, Charlotte v. Ahlefeldt u. s. w.
Wenn Sie sich für mein Vorhaben intereßieren wollen, so bitte ich Sie, Ihr Manuskript recht bald unter meiner Addreße nach Leipzig zu senden. Direkt durch die Post, wird wohl am besten seyn. Mit Buchhändler Gelegenheit geht es immer nur langsam – und ich bin gehalten spätestens in der Ostermeße, den vollständigen Text für den Druck auszuliefern. – –
Wir erwarten in diesen Tagen [4] hier in Leipzig, Madame Hendel, von Gotha kommend, Sie wird deklamiren und mimische Vorstellungen geben, die mich nur Ottiliens wegen, intereßieren. Sie werden nicht fragen, welche Ottilie? es giebt nur Eine!! –
Genehmigen Sie den Ausdruck der liebevollen Verehrung von
Minna Spazier
geb. Mayer
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