Ich befürchtete, Ihnen mit meinen Danksagungen für Ihre so interessante Sendung beschwerlich zu fallen, während ich Sie noch in den theatralischen Beschäftigungen und Zerstreuungen wußte, wovon wir die Früchte am Sonnabend nun auch an unserm Theil, durch Ihre gütige Vorsorge uns eine Loge zu geben, mit rechter Bequemlichkeit genossen haben. Es war uns etwas recht wohlthätiges, einmal wieder ein Schauspiel von der Art zu sehen, wie sie leider ganz von der Bühne verschwunden sind. Ich bin noch ganz voll von dem Eindrucke, den ich allmählig in mir zu ordnen suche. – Äußerst begierig bin ich, welche Sensazion die Piccolomini in Berlin machen wird. An den Schauspielern für die wichtigsten Rollen wird es nicht fehlen – wenigstens traue ich Fleck, so weit ich ihn kenne, [2] zu, daß er die Idee des Wallenstein ziemlich erfüllen wird; und Iffland, als Piccolomini Vater, wird gewiß nichts zu wünschen übrig lassen. Allein von dem dortigen Publicum erwarte ich wenig: es ist von Natur prosaisch, und durch Gewöhnung im höchsten Grade Kotzebuisirt. ‒–Die erste Vorstellung soll, wie Mad. Iffland schreibt, Flecks Benefice seyn.
Für die Fortsetzung der Propyläen sage ich Ihnen meinen wärmsten Dank. Lange ist nichts so umfassendes, und vielleicht noch nie etwas so einfach und bestimmt belehrendes über Raphael geschrieben.
Es freut mich, daß Sie mit der Anzeige der Elegien des Properz nicht unzufrieden waren, und ich werde mich sehr gern mit H. von Knebel in Mittheilung über sein verdienstliches aber unendlich schwieriges Unternehmen am Lukrez setzen. Ich gehe deswegen das erste Buch mit dem [3] Originale durch, und zeichne meine Bemerkungen, Vorschläge u.s.w. auf. – Es ist mir mit den Grundsätzen über die Übersetzungskunst aus den Alten eigen gegangen. Bey Beurtheilung des Voßischen Homer lehnte ich mich stark auf die Seite der Opposizion. Ich hatte damals nur noch aus modernen Dichtern, Dante und Shaksp. übersetzt, ich wußte sehr gut, welche Freyheiten die Sprache zu diesem Gebrauche nöthig habe, und war darauf bedacht mich in ihren Besitz zu setzen. Daß die Annäherung an die Alten Befreyung von Fesseln einer konvenzionellen Grammatik in ganz entgegengesetzter Tendenz fodre hatte ich noch nicht erfahren – und mußte daher bey den Elegien die ich aus dem Griechischen fürs Athenäum übersetzte, verschiedne von meinen Bemerkungen praktisch zurücknehmen. Man ist mir auch mit der Einwendung entgegengekommen, ich Vossisire ja. Dieß höre ich nun zwar nicht gern [4] denn Voß besitzt bey der Vertrautheit mit dem Buchstaben der alten Poesie doch gar zu wenig von ihrem Geiste. Ich höre, sein Theokrit wird bald erscheinen, und so übersetzt er die alten Dichter frisch nach der Reihe weg. Ich glaube freylich nicht, daß es mit seinen Verdeutschungen auf immer ein Bewenden haben kann, allein sie machen doch gewaltig Bahn.
Wenn ich das Vergnügen habe, Sie hier zu sprechen, wünschte ich Ihnen ein paar aus dem Griech. übersetzte Stücke mitzutheilen.
Ich höre, daß die Englische Familie Gore in Weimar die kürzlich herausgekommnen Werke des Horace Walpole besitzt. Ich wünschte sehr sie zu sehen, weil ich einen Plan damit habe. Wäre es möglich, daß Sie mir dieselben verschafften, und etwa bey Ihrer Hieherkunft mitbrächten, so geschähe mir ein wichtiger Dienst damit. Leben Sie indessen recht wohl. Ihr gehorsamster
Schlegel