Mein junger litterarischer Freund, Herr M. Beer, sagt mir, Sie hätten das Verlangen geäußert, eine Probe meiner Indischen Drucke zu sehen, und ich beeifre mich, dieser willkommenen Theilnahme an meinen Unternehmungen zu begegnen. Die Arbeit des Schriftstechers und Gießers läßt sich loben; was ich mir dabei zuschreiben darf, ist eine Vereinfachung der Methode, wodurch das Zubehör dieser verwickelten Schriftart vermindert, und der Gebrauch erleichtert wird. Eine der vorliegenden Seiten zu setzen, erfodert nicht mehr als anderthalb Stunden Zeit, wie ich bestimmt weiß, da ich, in Ermangelung eines schon eingeübten Setzers, den ganzen Text selbst gesetzt habe. Mit einem zweiten Gusse dieser Schrift wird bereits in Berlin gedruckt, und mit einem dritten wird bald für die Asiatische Gesellschaft in Paris gedruckt werden.
Manche Leser meiner früheren Schriften haben sich verwundert, wie ich nur dazu gekommen sei, mich in dieses fremde Fach zu werfen. Es ging doch ganz natürlich dabei zu. Ich hatte vom Anfange meiner schriftstellerischen Laufbahn es mir zum besondern Geschäfte gemacht, das vergessene und verkannte ans Licht zu ziehen. So ging ich vom Dante zum Shakspeare, zum Petrarca, zum Calderon, zu den altdeutschen Heldenliedern fort: fast überall habe ich kaum die Hälfte [2] dessen ausgeführt, was ich mir vornahm: doch war es gelungen, eine Anregung zu geben. Solchergestalt hatte ich die Europäische Litteratur gewissermaßen erschöpft, und wandte mich nach Asien um ein neues Abenteuer aufzusuchen. Ich habe es glücklich damit getroffen: für die späteren Jahre des Lebens ist es eine erheiternde Beschäftigung Räthsel aufzulösen; und hier habe ich nicht zu besorgen, daß mir der Stoff ausgehen möchte. Die geschichtliche Bedeutung, den philosophischen und dichterischen Gehalt ganz bei Seite gesetzt, würde mich schon die Form der Sprache anziehen, welche in der Vergleichung mit ihren jüngeren Schwestern so merkwürdige Aufschlüsse über die Gesetze der Sprachbildung giebt. Aus der beifolgenden Ankündigung werden Sie sehen, welch ein großes Tagewerk ich mir auferlegt habe.
Man hat uns mehrmals mit der Hoffnung geschmeichelt, Sie würden unsre Rheingegenden einmal wieder besuchen. Sollten wir das Glück haben, Sie bei uns zu sehn, so hätten wir wohl manches seltne und merkwürdige vorzuzeigen. Es ist mir wie Hrn. Nees von Esenbeck gelungen, Bonn mit Asien in Berührung zu setzen. Die Schatten der alten Churfürsten, wenn sie noch hier umher wandeln, mögen über den veränderten Schauplatz sehr verwundert seyn.
Mit den aufrichtigsten Wünschen für Ihr fortdauerndes Wohlseyn
Ihr gehorsamster
A W von Schlegel
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