Ich darf behaupten, daß dieses das erste Beispiel von einem so ausführlichen, ganz nach den Grundsätzen der classischen Philologie ausgearbeiteten kritischen Commentare zu einem Alt-Indischen Texte ist. Wiewohl nur wenige Gelehrte den Inhalt beurtheilen können, so zweifle ich dennoch nicht, daß diese Arbeit des Prof. Lassen durch die Schreibart und die ganze Behandlung sich den Beifall einsichtsvoller Philologen erwerben werde.
In der dritten Abtheilung wird die von mir abgefaßte Lateinische Übersetzung in kurzem nachfolgen. Das Ganze wird, wie ich hoffe, den durch fehlerhafte Ausgaben und verkehrte Übersetzungen gefährdeten Ruf dieses weitberühmten alten Fabelbuches wieder her in Europa wieder herstellen.
Um die Erscheinung des für die Schüler so nützlichen Commentars zu beschleunigen ist der Druck des Râmâyana eine Zeitlang unterbrochen [2] worden. Jetzt sind die letzten Bogen von dem zweiten Bande des Textes unter der Presse, welche fortwährend durch den Druck Indischer Werke auf meine Kosten in Thätigkeit gesetzt wird.
Um aber die große Unternehmung der Herausgabe des Râmâyana fortsetzen zu können, ist es unumgänglich nöthig, daß mein Mitarbeiter sich wieder auf eine Zeitlang nach London und Paris verfüge. Denn wiewohl ich durch seinen früheren Fleiß bereits viele Materialien besitze, so fehlt es mir doch gerade an vollständigen Abschriften und Collationen der beiden nächsten Bücher.
Mein gehorsamstes Gesuch geht demnach dahin, ein hohes Ministerium wolle geruhen, dem Professor Lassen statt der bisherigen jährlichen Renumeration, wovon er d. 1sten April d. J. das letzte Quartal bezogen, eine außerordentliche Entschädigung für diese zeitig im Herbst anzutretende wissenschaftliche Reise zu bewilligen. Ich befinde mich ganz außer Stande, die Kosten derselben aufzubringen, indem meine Mittel durch die bereits im Druck ausgeführten Werke erschöpft sind, und von den darauf verwendeten Capitalen nur ein sehr geringer Theil durch den Absatz im Buchhandel wieder eingekommen ist.
[3] Professor Lassen ist nunmehr seit beinahe acht Jahren, nämlich seit dem Antritt meiner Reise nach England, wohin er mich begleitete, mein Assistent gewesen. Vor vier Jahren hat er sich als Privat-Docent habilitirt, und sich seitdem der Un[i]versität auch außer seinem eigentlichen Fache nützlich gemacht. Ich hege demnach das volle Vertrauen, ein hohes Königl. Ministerium werde schon darauf bedacht gewesen seyn, bei des Königs Majestät die Gewährung eines festgesetzten Gehaltes für diesen talentvollen, und bereits in England und Frankreich vortheilhaft bekannten jungen Gelehrten demnächst in Antrag zu bringen.
Bonn d. 11ten Jun 1831.
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