Hrn. Geh. Reg. Rath von
Rehfues
Indische Druckerei
Ew. Hochw. halte ich mich für verpflichtet, folgendes gehe die in Betreff der für die hiesige Universität in Berlin bestellte Devanagari-Lettern, Klein Petit Ciceron, betreffend, folgendes gehorsamst zu berichten, weil meines Erachtens eine Reclamation zu Gunsten der Universitäts-Casse darauf zu gründen wäre.
Ich habe diese Lettern in Empfang genommen, u *das angegebene Gewicht richtig befunden sie wägen lassen; und bei dem und ich werde, da der Setzkasten jetzt angefertigt ist, bei der Übergabe derselben an den Buchdrucker Thormann, diesen verpflichten, das ihm zum Gebrauch für mich anvertraute Quantum zu bescheinigen.
Erst jetzt, da der Rendant Spitz mir die Rechnung des Hofbuchdruckers Decker für den Guß der Lettern zusendet, u mich ersucht den Empfang der Lettern, u zweier Stempel u Matrizen zu bescheinigen, ersehe ich aus der Beilage, daß der Preis der letztgenannten, 2 th 23 Sg., dem Graveur Schriftstecher Gotzig vom Professor Lichtenstein bezahlt, diesem aber aus der hiesgen Universitäts-Casse erstattet worden.
Den Empfang der beiden Stempel u Matrizen kann ich nicht bescheinigen, weil sie sich in dem Packet nicht vorgefunden haben. Auch könnten sie ohne die dazu gehörigen Gußform der hiesigen Druckerei von gar keinem Nutzen seyn.
[2] Ohne Zweifel sind diese Stempel u Matrizen den übrigen aus derselben Schriftsorte beigefügt worden, welche ein Eigenthum der Königl. Akademie der Wissenschaften sind. Der Preis derselben hätte also auch aus der Casse der Akademie ganz oder wenigstens zur Hälfte bezahlt *werden sollen. Ich meyne jedoch, nach allen billigen Rücksichten, ganz. Für jetzt betrifft zwar die Reclamation nur ein unbedeutendes Object; für die Zukunft aber kann es von großer Wichtigkeit seyn, sich schon jetzt mit der Königl. Akademie hierüber gehörig zu verständigen.
Um Ew. Hochwohlgeb. dieses aus einander zu setzen bin ich genöthigt auf die früheren Ereignisse imn Betreff der unter meiner Leitung in Paris angefertigten Devan–Lettern zurückzugehen.
Als ich Paris verließ, nahm ich die Stempel mit, damit nicht neue Matrizen damit geschlagen werden könnten, u der hiesigen Universität der alleinige Besitz gesichert bliebe. Die Matrizen u Gußformen ließ ich in der Verwahrung eines Freundes mußte ich zurück lassen, und weil die Lettern noch nicht gegossen waren. Ein gelehrter Freund übernahm es, das Gewicht der gegossenen Lettern zu verificiren, u hierauf die Matrizen u Gußformen von dem Schriftgießer in Empfang zu nehmen u in Verwahrung zu behalten. Dieß letzte geschah deswegen, damit ich, falls einzelnes bei dem sehr complizirten Guß verfehlt seyn sollte, nachsetzten lassen könnte.
Die gegossenen Lettern waren nun angekommen, ich hatte aber damit noch keinen bedeutenden Versuch im Druck anstellen können, weil der Setzkasten erst nach meiner Zeichnung angefertigt werden mußte, [3] als ich plötzlich von einem hohen Königl. Ministerium auf eine für mich höchst kränkende Weise den kategorischen Befehl erhielt, die Stempel, Matrizen u Gußformen unverzüglich nach Berlin abzuliefern. Meine Absicht bei der Verzögerung war jedoch einzig, diesem System der von Devanagari-Lettern, die durch Ergänzung einiger noch fehlenden Ligaturen u Verbesserung einiger nicht ganz nach meinem Sinne gerathenen Figuren, die höchste Vollständigkeit u Vollkommenheit zu geben. Ich gedachte dieses allenfalls auf meine Kosten zu thun, wie ich denn wirklich ein zweites Exemplar der Gußformen *für meine Rechnung habe anfertigen lassen. Nach so großen für diese Sache gemachten Aufopferungen, schien mir dieß nur ein geringes zu seyn.
Durch obigen Befehl wurde ich nun hieran verhindert; indessen ist die nach meinen Zeichnungen angefertigte Devanagari-Schrift auch so die anerkannt – die schönste u zweckmäßigste unter allen die jemals in Europa u Asien zum Vorschein gekommen sind.
Ew. Hwg. werden sich erinnern, daß Sie damals die Stempel im besten Zustande eigenhändig von mir in Empfang nahmen. Die Matrizen u Gußformen wurden nach meinem Auftrage durch den oben erwähnten Freund in Paris eingepackt, u durch den ersten Gesandschafts-Courier nach Berlin gefördert, so daß demnach dem Befehl auf das pünktlichste Genüge geleistet war.
Dieser Druck-Apparat wurde nun der Königl. Akad. der W. übergeben, unter welchen Bedingungen ist mir unbekannt; jedoch war für sie, dieselbe, wenn auch der volle Preis der Stempel Matrizen u Gußformen erlegt worden ist, der Aufwand ohne Zweifel weit geringer, als wenn ein Gelehrter eigens [4] mit der Aus Besorgung hätte beauftragt werden müssen. Überdieß fand sich ein solcher Gelehrter nicht, da Hr. Professor Bopp, der für das Sanskrit angestellt ist, nichts von der Typographie versteht.
Die Schrift wurde nun auch dort gegossen; es ergab sich aber bald das Bedürfniß einer kleineren Schriftsorte, weil bei dem gemischten Gebrauch mit Lateinischen Lettern die Petit Parangon Schrift einen zu starken Durchschuß der Zeilen fodert. Die Akademie ließ also Petit Ciceron Schrift auf ihre Kosten anfertigen, jedoch keines weges ein vollständiges System aller selten vorkommenden Ligaturen, sondern nur das Gangbare für das nächste Bedürfniß. Diese Schrift ist ziemlich gut ausgefallen, weil der Schriftgießerstecher meistens das Muster meiner Petit Parangon Schrift befolgt hat.
Auf Hrn. Boppʼs Betrieb wurde hierauf auch eine mittlere Schrift *nämlich Gros Ciceron, angefertigt, welche meines Erachtens ganz misrathen u unbrauchbar ist, weil Hr. Bopp ohne nach eignen Einfällen u ohne Einsicht die Figuren verändert hat.
Ich habe deswegen darauf angetragen nur von der Petit Ciceron Schrift einen Guß u zwar in geringer Quantität zu bestellen. Zwei häufig vorkommende Ligaturen fand ich jedoch so verfehlt, daß es mir nothwendig schien, sie gänzlich zu verwerfen, u sie durch neue zu ersetzen, wovon ich auch die Beschreibung an Hrn. Prof. Lichtenstein einsandte. Ich habe aber in der Meynung gestanden, die Akademie werde die Kosten für Stempel u Matrizen selbst übernehmen.
Als ich nämlich vor viertehalb Jahren in Berlin war, äußerte Hr. Prof. Lichtenstein (dessen Gefälligkeit ich bei dieser ganzen Sache sehr zu räu rühmen habe) *wiederhohlt gegen mich, da die Akademie bereits verschiedene Apparate zu einer polyglottischen Druckerei besitze, so sey sie geneigt, nach meinen Vorschlägen, zur Vervoll[5]ständigunkommnung der großen u Vervollständigung der kleinsten Devanagari-Schrift etwas aus eignen Mitteln aufzuwenden.
Dieß ist nun der Punkt, worauf ich oben hindeutete. Für die kritischen Anmerkungen, die ich jetzt drucken zu lassen beabsichte, werden die Petit Ciceron Lettern, unvollständig wie sie sind, allenfalls ausreichen, wiewohl ich noch nicht die Erfahrung gemacht habe, wie oft man zu übelstehenden Nothbehelfen seine Zuflucht wird nehmen müssen. Sollte aber in Bonn, als dem Hauptsitze der Indischen Studien in Deutschland, ein größeres wissenschaftliches Werk, zum Beispiel eine berichtigte u vermehrte Ausgabe des Lexicons, unternommen werden, so würde dazu ein vollständiges System der kleinern Lettern erfoderlich seyn. Auf diesen Fall wäre es also wichtig *zu wissen, ob die Akademie gesonnen ist, die Kosten der neuen Stempel u Matrizen zu tragen. Dieses scheint billig, da ihr das Eigenthum derselben verbleibt, u sie der hiesigen Universität nur die Gefälligkeit erzeigt, die Anfertigung eines Gusses zu gestatten.
Schließlich bemerke ich noch, daß die wir uns hiesige xx Universität sich Glück wünschen kaönnen, den Pariser Guß der großen Lettern zu besitzen. Denn der Berliner Guß ist an Güte und Dauerhaftigkeit gar nicht mit dem Pariser zu vergleichen. Ew. Hwg. ist vielleicht bekannt, daß des Königs Majestät allergnädigst geruhet hat, der Asiatischen Societät in Paris einen Vorrath von Devanagari-Schrift Lettern zu schenken. Man versichert mich aber von dorther, daß diese Lettern, nachdem nurn ein paar Bände damit gedruckt sind, seyen schon sehr abgenutzt u stumpf geworden. Auch sehe ich, daß die unterschnittenen [6] Theile der Buchstaben häufig abgebrochen sind, was hier vergleichungsweise nur selten vorkommt.
*Der deutlicheren Übersicht wegen lege ich die aus sub favore remissionis die aus Berlin empfangene Druckprobe der drei Schriftsorten bei.
Bonn d. ten Nov. 1830
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